Ingolstadt
Bekannter macht sich über Schlafende her

24.06.2010 | Stand 03.12.2020, 3:55 Uhr

Ingolstadt (DK) Die Nacht nach dem Discobesuch in Ingolstadt endete für eine 23-Jährige aus Neuburg gar nicht, wie sie sich das erträumte. Sie glich wohl eher einem Albtraum.

Denn als die junge Frau auf dem Sofa eines Freundes in dessen Wohnung an der Münchener Straße aufwachte, kniete über ihr ein anderer Bekannter, der sie gerade sexuell missbrauchte. Erschreckt und beschämt riss die 23-Jährige ihre Sachen an sich und lief davon. Zurück blieben der 25-Jährige mit heruntergelassener Hose, der 23- Jährige, dem die Wohnung gehörte, und einige Fotos sowie ein zehnminütiges Video, das der Wohnungsbesitzer mit Digitalkamera und Webcam am Laptop aufgezeichnet hatte.

Das Video schauten sich die 1. Strafkammer des Landgerichts, die beiden Täter, ihre Verteidiger und die Anklägerseite gestern gemeinsam an. Denn die jungen Männer waren wegen sexuellen Missbrauchs beziehungsweise Beihilfe dazu angeklagt. Sie räumten alles ein, was ihnen vorgeworfen wurde. Das allerdings erst, als sich alle Seiten auf einen Deal geeinigt hatten. Für das Geständnis sicherte die Kammer unter Vorsitz von Landgerichtsvizepräsident Paul Weingartner dem Haupttäter, ein Polsterer aus Neuburg, eine Haftstrafe von nicht mehr als zwei Jahren und elf Monaten zu. Sein Spezl, gerade in der Ausbildung zum Fachmann für Systemgastronomie, kam mit einer Bewährungsstrafe von einem Jahr davon.

"Die Tat war für die Geschädigte schon sehr erniedrigend", sagte Staatsanwältin Verena Kikut. Das Opfer kannte die beiden Männer lange. Mit dem 23-Jährigen wuchs die Frau auf. Da konnte die Schlafende kaum erwarten, dass er ihren Intimbereich fotografieren würde, rügte Kikut.

Die Staatsanwältin sah allerdings einen minderschweren Fall des Missbrauchs. Denn eine gewisse Vertrautheit bestand zwischen Opfer und Täter. "Sie hatten schon mal eine Affäre und in der Disco an jenem Abend auch Küsse ausgetauscht", berichtete Kikut. Zusammen hatte das Trio auch schon beim 23-Jährigen mit Alkohol "vorgeglüht", ehe alle in die Diskothek in der selben Straße weiterzogen. Entsprechend betrunken waren der Polsterer und die schlafende Frau, als er sich über sie hermachte. Das ging so weit, dass das Gericht sie für widerstandsunfähig hielt.

Während der 23-Jährige dem Opfer 4000 Euro Schmerzensgeld zahlte und sich in der Sitzungspause bei ihr für die Fotos und das Video entschuldigte, sprach der 25-jährige Haupttäter seine Eltern im Gerichtsaal an: "Es war ein großer Fehler. Ich hoffe, ihr könnt mir irgendwann verzeihen. Jetzt habe ich viel Zeit, über mein Tun nachzudenken. Ich will mich ändern."