Riedenburg
Bedenken gegen Biolehmhäuser

Stadtrat beschäftigt sich in Sondersitzung mit geplanter Siedlung an der Hemauer Straße

17.04.2018 | Stand 02.12.2020, 16:33 Uhr
Auf der Wiese nördlich der Hemauer Straße soll die Siedlung entstehen. Die Aufnahme stammt von 2016, westlich wurden seitdem viele Häuser gebaut. −Foto: Foto: Bayernatlas

Riedenburg (rat) In einer Sondersitzung hat sich der Riedenburger Stadtrat am Montagabend mit der geplanten Biolehmhaus-Siedlung entlang der Hemauer Straße beschäftigt. Doch nach mehr als zweieinhalb Stunden teils hitziger Diskussion ist weiterhin unklar, ob das Multi-Millionen-Projekt verwirklicht wird.

Der Riedenburger Geschäftsmann Max Krieger und Jan Diamantopoulos, Bauleiter bei der Firma Biolehmhaus, erklärten im Stadtrat die Pläne. Das rund 16000 Quadratmeter große am Südhang gelegene Grundstück ist zu 100 Prozent im Eigentum von Kriegers Ehefrau Beate. Die Biolehmhaus-Siedlung würde im Anschluss an das von der Kommune ausgewiesene Baugebiet Hemauer Straße entstehen, wo in den vergangenen Monaten viele neue Häuser entstanden sind. Die Riedenburger Familie Krieger will das Projekt verwirklichen. Diamantopoulos fungiert als Ideengeber. "Das wird ein Leitprojekt für Riedenburg", schwärmte Max Krieger.

Sein Ziel ist, eine nachhaltige und ökologische Siedlung für 36 Wohneinheiten zu errichten. Die Häuser werden nicht aus Ziegel, sondern ausschließlich aus Lehm gebaut, für jedes Gebäude sind 60 bis 90 Tonnen Lehm erforderlich. Die Hausdächer sollen begrünt werden. Die Versorgung mit Wärme und Elektrizität würde über ein zentrales Blockheizkraftwerk erfolgen. Mithilfe von Brennstoffzellen würde dort aus Erdgas warmes Wasser und Strom erzeugt, dabei werde nur Wasserdampf freigesetzt. Das Gas stammt aus einer in unmittelbarer Nähe verlaufenden Leitung.

Doch die Mitglieder des Riedenburger Stadtrats plagen zahlreiche Bedenken. Bürgermeister Siegfried Lösch würde es vorziehen, dass Krieger die Fläche an die Kommune verkauft und die Stadt darauf ein Baugebiet entwickelt. Das sei das seit vielen Jahren bewährte Konzept, sagte der CSU-Politiker. Wenn man davon abweiche, dann hätte dies weitreichende Folgen bei künftigen Verhandlungen mit anderen Grundstückseigentümern. "Ein Kaufangebot der Stadt an Krieger liegt vor", berichtete Lösch.

Doch davon wollte Max Krieger nichts wissen. Er und seine Familie ziehen es vor, das Grundstück im Rahmen eines sogenannten vorhabenbezogenen Bebauungsplans selbst zu überplanen. Sobald für rund die Hälfte der Häuser notarielle Kaufangebote vorliegen, würden alle Gebäude in einem Zug errichtet. "Wir haben schon viele Nachfragen", sagte Krieger. Ein in Ingolstadt ansässiger Autokonzern habe sogar sein Interesse signalisiert, die Hälfte der Häuser für Mitarbeiter zu erwerben, ergänzte Diamantopoulos. Der Fachmann bezifferte die bislang für Krieger bereits aufgelaufenen Ausgaben für die Planung des Projekts auf rund 50000 Euro, am Ende werde dieser Kostenfaktor bis zu 200000 Euro betragen.

Um die Biolehmhaus-Siedlung für Autos zu erschließen, ist eine Stichstraße mit zwei Wendeplatten vorgesehen. Durchgangsverkehr soll unter allen Umständen vermieden werden, auch um den Öko-Charakter des Projekts zu unterstreichen und die Wohnqualität zu erhöhen. "Die Kinder sollen auf der Straße spielen können", betonte Krieger. Die Fahrbahn würde nicht asphaltiert, sondern mit wasserdurchlässigen Betonsteinen gepflastert. Diese seien strapazierfähig genug, um Feuerwehrfahrzeuge und Müllautos auszuhalten. Zudem würde man laut Krieger durch den Bau einer Durchgangsstraße mehrere Wohneinheiten verlieren, was das gesamte Projekt unrentabel machen würde.

Bei diesem Punkt kündigte Lösch Widerstand an. Der Bürgermeister forderte unmissverständlich eine Anbindung der Siedlung an die Sonnenleite, was aber auf alle Fälle Durchgangsverkehr zur Folge hätte. Nur so könnten die Berg- und die Gartenstraße von Verkehr entlastet werden. "Die Anbindung an die Sonnenleite ist zwingend. Sonst tue ich mich schwer, zuzustimmen", sagte Lösch. Er befürchtete außerdem die Entstehung eines "Bioreservats". Die in der Biolehmhaus-Siedlung wohnenden Menschen seien nur unter sich und "weit davon entfernt", sich ins städtische Leben zu integrieren. Krieger erwiderte, dass die wenigen an der Sonnenleite wohnenden Bürger es strikt ablehnen würden, wenn dieser Weg in eine Durchgangsstraße umgewandelt würde. Das wisse er aus Gesprächen mit Anwohnern. Zudem sähen EU-Richtlinien vor, neue Wohnsiedlungen bevorzugt durch Stichstraßen zu erschließen, um den Verkehrslärm zu minimieren.

Lösch schlug vor, eine von Diamantopoulos entworfene Biolehmhaus-Siedlung zu besichtigen, damit sich der Stadtrat ein Bild von einem derartigen Projekt machen könne. Doch der Bauleiter antwortete, dass er bislang nur einzelne Häuser dieser Art gebaut habe, eine Siedlung dieser Art sei für ihn ebenfalls Neuland. Er gebe den ökologischen Leitfaden vor, die Detailarbeit werde von externen Ingenieurbüros übernommen.

Nach der Bestandsaufnahme meldeten sich zahlreiche Stadträte aus allen Fraktionen zu Wort (siehe eigenen Bericht). Das Gremium wird sich bei seiner Sitzung morgen ab 19 Uhr erneut mit der Biolehmhaus-Siedlung beschäftigen. Weitere Informationen findet man im Internet unter www.biosiedlung-riedenburg.de.