Ingolstadt
Bayerns Jahrhundertreform

Vor 40 Jahren erhielt der Freistaat ein neues Gesicht: Heute starten wir eine achtteilige Serie

06.02.2012 | Stand 03.12.2020, 1:51 Uhr

Ingolstadt (DK) Es gab Beschwerden, Petitionen, Proteste – sogar Horst Seehofer demonstrierte dagegen: Vor vierzig Jahren schlug die Gebietsreform in Bayern hohe Wellen. Wir starten heute eine achtteilige Serie, in der wir auf die turbulenten Ereignisse zurückblicken.

Heute kann Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer schmunzeln, wenn man ihn mit den Fotos konfrontiert, die ihn als Demonstranten gegen die bayerische Staatsregierung zeigen. Doch im Herbst 1971 trieb ihn die Angst um seinen Arbeitsplatz auf die Straße. Seehofer war damals am Landratsamt Ingolstadt beschäftigt – diese Behörde stand kurz vor ihrer Auflösung. „Seitdem kann ich nachvollziehen, wie sich die Menschen bei Manroland, bei Nokia Siemens Networks oder damals bei Quelle fühlen“, sagt Seehofer gegenüber unserer Zeitung. „Die Demonstration richtete sich ja nicht gegen die Gebietsreform an sich, sondern gegen deren Ausgestaltung. Wir wollten vom Ministerpräsidenten empfangen werden. Doch dazu kam es nicht.“

Aber es kam zu einer Umgestaltung Bayerns, wie sie das 20. Jahrhundert noch nicht gesehen hatte. Vor der Gebietsreform hatte Bayern 143 Landkreise und 7073 Gemeinden; danach blieben 71 Landkreise und 2053 Gemeinden. Unter anderem die Kreise Ingolstadt, Beilngries und Riedenburg verschwanden von der Landkarte. Dabei verging von der Ankündigung der Reform bis zu ihrem Vollzug nicht einmal ein Jahr. Im Juli 1972 trat sie schließlich in Kraft. Die Fusionen der Gemeinden zogen sich dann noch bis ins Jahr 1978 hin. Im ersten Teil der Serie erläutern wir heute die Ursachen und den Ablauf der Gebietsreform von 1972, die Bayern so stark verändert und Horst Seehofer zum Protestler gemacht hat.

Worauf der heute noch sogar ein bisschen stolz ist: „Im Kern hat sich bei mir nicht viel verändert. Ich denke, dass wir immer noch in der Politik Leute brauchen, die den Mund aufmachen und auch den Mut haben, unangenehme Positionen zu vertreten.“ Seite 3