Ingolstadt
Baustelle geschlossen

27.05.2011 | Stand 03.12.2020, 2:46 Uhr

Eleganz in Grau: Die Glacisbrücke ist eines der anspruchsvollsten Bauwerke, die in der 29-jährigen Amtszeit Franz Pögls entstanden sind. Hier lohnt sich auch ein garantiert autofreier Blick von unten. - Foto: Herbert

Ingolstadt (DK) Wenn die Ingolstädter sich wieder mal über den Verkehr aufregen, bleibt Franz Pögl ganz entspannt. Dabei ist er derjenige, der in den vergangenen drei Jahrzehnten das städtische Straßennetz mitgestaltet hat wie kein anderer.

Verkehrsprobleme? Möglicher Bahnhalt auf dem Audi-Gelände? Park-and-ride-Plätze am Stadtrand? "Das wiederholt sich alles", sagt der Baureferent, der am kommenden Dienstag aus den Diensten der Stadt verabschiedet wird.
 
Der 65-jährige ist inzwischen an einem Punkt angekommen, an dem er sich nicht mehr einmischen will, schon gar nicht in die Geschäfte seines Nachfolgers Wolfgang Scherer. "Ich hab 29 Jahre Zeit gehabt", meint Pögl, "jetzt ist die Zeit vorbei, jetzt hab ich die Klappe zu halten." Obwohl: Auf die Frage, ob er aus heutiger Sicht eines seiner Großprojekte anders bewertet, fällt ihm doch die Glacisbrücke ein. "Mit dem Wissen von heute hätte ich die Brücke so breit gemacht, dass man vier Spuren markieren könnte." Aber damals hätte man das "nie durchgebracht", glaubt er. In der langen Planungsphase habe es ja auch kritische Leute gegeben, die überhaupt die ganze dritte Brücke für überflüssig hielten.
 

Doch ganz unabhängig von ihrer Verkehrsfunktion gilt die Glacisbrücke konstruktiv und architektonisch als herausragendes Bauwerk. Für einen Bauingenieur wie Pögl eine "extreme Herausforderung". Mancher wird sich noch an die Baustellenschauen von damals erinnern, als eine stattliche Fangemeinde zu den kühn verankerten Widerlagern am Donauufer pilgerte. Mittendrin: Franz Pögl, der den Ingolstädtern mit lauter Stimme verkündete, was gerade auf seiner Baustelle passiert. Wenn da eine ganze Nacht lang betoniert werden musste, damit statische Risiken möglichst vermieden werden, "hat man schon mal die Hosen gestrichen voll gehabt".

Eigentlich ist Pögl ja Bahner. Mit Schutterwasser getauft, im Südostviertel aufgewachsen, sein Vater und beide Großväter bei der Bahn, landete auch der junge Franz zunächst bei einer handfesten Schlosserlehre. Über Berufsaufbauschule und Polytechnikum kam er dann zu einem Ingenieurstudium an der Uni München. Schon die erste berufliche Station war nicht ohne: Streckendezernent für die neue ICE-Trasse zwischen Hannover und Würzburg – seinerzeit das größte Neubauprojekt der Bundesbahn.

Als endlich ein interessanter Job in der Heimatstadt winkte und der Ingenieur Tiefbauamtsleiter wurde, kam er dem damaligen OB Peter Schnell für eine Jahrhundertaufgabe gerade recht: die Verlegung der Neuburger Bahnlinie. "Das war", erinnert sich Pögl, "für mich die Chance zu zeigen, dass ich auch was Größeres kann als nur Kanalrohre verlegen." Größeres hatte er auch ein paar Jahre später im Sinn, als er seinem Rivalen, Stadtbaurat Klaus Goebl, offen den Kampf ansagte und erzwang, dass Planung und Bau in zwei Referate getrennt wurden – eine Teilung, die bis heute gilt.

Bei Pögl, einem CSU-Mitglied, wusste auch die SPD immer, woran sie war. Vielleicht hatte er gerade deshalb nie Probleme mit seiner Wiederwahl. Die Stadtreferenten müssen sich alle sechs Jahre dem Votum des Stadtrates stellen. Zuletzt hatte der Baureferent sich nur noch eine halbe Amtsperiode ausbedungen, die nun zu Ende geht.

So bleibt dem Vater zweier erwachsener Kinder künftig genug Zeit für seine große Leidenschaft: das Bücherlesen. "Das ist fast eine Sucht bei mir, ich bin strikter Gegner des Fernsehens." Ein Studium an der Fernuniversität Hagen – Betriebswirtschaft und Bachelor Jura – ist bereits angelaufen. Was Pögl unter keinen Umständen will: sich mit einem Beratervertrag nach der Pensionierung noch etwas dazuverdienen, wie es so mancher Stadtreferent vor ihm schon getan hat. Nein, da denkt er eher daran, sich vielleicht als Lesepate für Kinder nützlich zu machen oder auch Mathe-Nachhilfe zu geben – in jedem Fall aber ehrenamtlich.