Ingolstadt
Ausweg in Sicht

Heilig-Geist-Misere: OB Lösel legt Plan vor

05.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:18 Uhr
Eines der beständigsten Baugerüste der Stadt: Das Technische Rathaus wird aufwendig saniert. Das zieht sich schon seit einigen Jahren, was den Eigentümer des Nachkriegsbaus, die Stiftung Heilig-Geist-Spital - stark belastet. Deshalb will die Stadt das ehemalige Spital jetzt auf Erbpachtbasis übernehmen - und damit die Unterhaltskosten. −Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Der Oberbürgermeister will das leidige Thema endlich vom Tisch haben. Oder unverblümt ausgedrückt: die Misere. Denn der Fall Heilig-Geist-Spital konfrontiert die Stadtspitze und den Stadtrat mit einem hochkomplizierten, stetig an Brisanz gewinnenden Problemgewirr, das so mancher Verantwortlicher wohl am liebsten mit einem Schwerthieb lösen würde wie einst Alexander der Große den sagenumwobenen Gordischen Knoten.

Am Mittwoch stellte OB Christian Lösel (CSU) im Gespräch mit dem DK Maßnahmen vor, die - sofern das ambitionierte Vorhaben gelingt - von durchschlagendem Erfolg im Stile des Gordischen Knotens sein könnten. In der Stadtratssitzung am Donnerstag (Beginn 15 Uhr) steht als Punkt eins ein Bericht zur aktuellen Situation der Stiftung auf der Tagesordnung.

Zunächst die verzwickte Konstellation, mit der sich Lösel, die Verwaltung und der Stiftungsrat (seit Kurzem ein eigenständiges Gremium) herumplagen müssen: Zwei hoch defizitäre Seniorenzentren, davon eines - das an der Fechtgasse in der Altstadt - sanierungsbedürftig und wegen des Fachkräftemangels nicht komplett zu belegen. Der Träger beider Einrichtungen, die 700 Jahre alte Stiftung Heilig-Geist-Spital, ist finanziell stark ausgezehrt. Sie hat zusätzlich ein Gebäude mit einem gravierenden und deshalb teuren statischen Problem am Hals: das 1950 bis 1952 in der Not der Nachkriegszeit schnell hochgezogene Versehrtenheim an der Spitalstraße, das die Stadt 1977 angemietet hat und seitdem als Technisches Rathaus nutzt.

Sorgen über Sorgen. Und politische Brisanz ohne Ende; ein Wahlkampfgewitter zog herauf. In der Debatte über die Zukunft der Stiftung und des Standorts Fechtgasse (viele Senioren wollen die Altstadt nicht verlassen; Oppositionsfraktionen fordern den Erhalt des riesigen Komplexes als Altenheim) wurde rhetorisch manches Schwert gezückt (aber immerhin noch nicht geschwungen). Jetzt legt Lösel einen Plan vor, der zentrale Positionen der Opposition aufgreift. Und noch mehr enthält.

Gebäude  an der Fechtgasse: Es soll erhalten bleiben – als Haus für alte Menschen. Das ist die zentrale und wohl überraschendste Nachricht. Dem Lösungsvorschlag zufolge wird es aber nicht mehr als Alten- und Pflegeheim betrieben, sondern unter dem Arbeitstitel "Einrichtung für rüstige Senioren" in eine Einrichtung anderen Typs überführt, in der die Senioren Wohnungen anmieten können. "Das kann ein Mehrgenerationenhaus sein", sagte Lösel, "das kann aber auch Betreutes Wohnen mit einer Pflegeeinrichtung sein - da gibt es mehrere Möglichkeiten". Die Entwicklung gehe dahin, "ambulant und stationär stärker zu trennen". Roland Wersch, der neue Vorstand der Spitalstiftung, habe berichtet, dass Mehrgenerationenhäuser sehr gut funktionieren können, erzählte der OB. Das Gebäude wird auf jeden Fall saniert. Wie bei dem Millionenprojekt am besten vorzugehen sei, prüfe man noch.

Zugleich hält die Stadtspitze an dem Vorhaben fest, an der Jahnstraße (auf dem Gelände des einstigen Hallenbads Mitte) ein großes Altenheim zu errichten. In einer Stadtratsvorlage vom Juli 2018 werden 30 Millionen Euro für einen Neubau angenommen. Träger beider Einrichtungen soll die Stiftung Heilig-Geist-Spital sein.
 

Die Stiftung

"Wir wollen das Vermögen der Stiftung nicht verkleinern, sondern es vielmehr erhalten und die Risiken rausnehmen", betonte Lösel. "Die Stadt wird alles rechtliche und wirtschaftlich Zulässige tun, um die Stiftung zu stabilisieren." Diesem Ziel diene auch der Vorstoß, dass die Stadt von der Spitalstiftung das Technische Rathaus über einen Erbbaurechtvertrag (zunächst für 50 Jahre) übernimmt und wie üblich einen Zins dafür zahle. Es sei definitiv ausgeschlossen, dass die Stadt das Haus kauft.

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Der Zeitplan

Am  25. Juli steht der Vorschlag auf der Tagesordnung des Stadtrats.  Lösel schlägt vor, in einer Sondersitzung am 30. Juli erste Weichen zu stellen. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass das alles Jahre dauern wird.“
 

68 Fragen und fast so viele Antworten

Nicht nur die politische, sondern auch die gesellschaftliche Relevanz des Heilig-Geist-Spitals ist hoch, wie die vielen leidenschaftlich-emotionalen Beiträge aus der Bürgerschaft belegen; im Februar fand ein meinungsfreudiger Freundeskreis für das Heilig-Geist-Spital zusammen. Die Stadtverwaltung hat deshalb Fragen der Bürger gesammelt und - so weit möglich oder zulässig - beantwortet. Das Ergebnis - 83 Seiten stark mit vielen Anlagen - liegt jetzt vor und ist als pdf-Datei im Ratsinformationssystem der Stadt  ab sofort abrufbar.

Hier finden Sie die Antworten auf die gesammelten Fragen.


Das Konvolut sei in "monatelanger Arbeit vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entstanden", sagte Lösel. "Ich bin stolz auf diese Leistung!" Einige zentrale Fragen bleiben indes noch offen, etwa die, wie die Stiftung das Grundstück an der Jahnstraße und das Seniorenheim finanzieren soll. Dafür sei es noch zu früh. Die Stadt darf das Areal aus rechtlichen Gründen der Stiftung nicht zustiften, erklärte Stadtdirektor Hans Meier. Diese wichtige Frage ist indes schon beantwortet: "38: Fallen am Hallenbad Parkplätze weg?" Antwort der Stadt: "Davon ist auszugehen."

Christian Silvester