Augsburger Richter gibt Windkraftgegnern recht

04.08.2011 | Stand 03.12.2020, 2:32 Uhr

Windmüller Herbert Kugler schaut in 150 Meter Höhe auf sein Windrad auf dem Kienberg. Ein Monteur steht auf dem Rotorkopf. Laut Zivilgericht Augsburg soll sich die Anlage nachts langsamer drehen - Foto: r

Augsburg/Neuburg (r) Die Windbranche wird mit Sorge auf dieses Urteil schauen: Die neunte Zivilkammer des Landgerichts Augsburg hat gestern einer Klage gegen das Windrad von Kienberg bei Rennertshofen stattgegeben.

Der Richter stützt sich in seinem Urteil auf einen Schallgutachter, der der Zwei-Megawatt-Anlage sogenannte Impulshaltigkeit zuschreibt.

Hersteller Enercon hat bisher 3000 Windräder dieses Typs verkauft und verneint Impulshaltigkeit energisch. „Wir nehmen das nicht hin, warten aber die Urteilsbegründung ab“, erklärte Felix Rehwald, Pressesprecher des einstigen Weltmarktführers Enercon. Man sei überrascht und das erste Mal mit einem solchen Urteil konfrontiert.

Das Unternehmen wird sich wohl der Berufung von Betreiber Herbert Kugler anschließen. „Wir gehen jetzt vor das Oberlandesgericht München und machen sonst gar nichts“, sagte der Kienberger Ingenieur (66) zu dem Urteil. Wenn es Bestand hätte, seien Auswirkungen auf die Windenergienutzung zu befürchten.

Einzelrichter Jung verurteilt den Windmüller dazu, seine Anlage nachts zwischen 22 und 6 Uhr so zu steuern, dass der zulässige Grenzwert von 45 Dezibel nicht überschritten werde. Der Richter beruft sich auf die Berechnung von Schallgutachter Möhler (München), der Überschreitungen bis 45,8 Dezibel festgestellt hatte. In seinen Berechnungen schlägt der Sachverständige auf die gemessenen Werten drei Dezibel auf, weil er von Impulshaltigkeit des Windrades ausgeht. Das wäre neben dem Rauschen der Rotorflügel ein schnell ansteigender Zusatzton. Dessen Existenz bestritten vor dem Landgericht Augsburg sowohl der von Enercon beauftragte Gutachter wie auch der vom Landratsamt Neuburg bestellte Sachverständige Reinhard Wunderlich (Bayreuth). Letzterer sagte als Zeuge vor Gericht aus.

In dem Expertenstreit hielten die Beklagten Gutachter Möhler erhebliche Messfehler vor. So habe er etwa bei Messungen Eigengeräusche des Windes gar nicht berücksichtigt. Einzelrichter Jung überzeugten die Einwände nicht, er gab der Klage auf Unterlassung statt. Die Kläger, eine Gemeinderätin und ein Ehepaar aus Burgmannshofen (Kreis Donau Ries) erzielten damit nach fünf Abweisungen bei Verwaltungsgerichten und Petitionsausschuss einen Teilerfolg.

Sollte Betreiber Herbert Kugler letztinstanzlich die Anlage drosseln müssen, würde die Leistung von derzeit zwei Megawatt nachts geringfügig heruntergefahren. Am Flügelschlaggeräusch für die Bewohner von Burgmannshofen ändert sich dadurch nichts.