Raitbach
Auf den Spuren der Väter

Ungewöhnliche deutsch-französische Freundschaft

06.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:23 Uhr

Eine besondere deutsch-französische Freundschaft: Joelle Bedau (von links) mit Anton Sebald und dessen Ehefrau Anita - Foto: Hofner

Raitbach (jh) Genau 70 Jahre ist es her, dass der Soldat Anton Sebald aus Affalterbach in dem bretonischen Dorf Lohéac mit seinen Kameraden auf der Flucht vor den Amerikanern war. Dabei ließ er in einem Lkw der deutschen Wehrmacht eine kleine Ledertasche mit unzähligen Fotos zurück, die ihn in dieser schweren Zeit immer an seine Heimat erinnert hatten.

Dass diese Tasche sieben Jahrzehnte später den Auslöser für eine deutsch-französische Freundschaft seiner Familie darstellen würde, hätte er damals sicher nicht geglaubt.

Aber der junge Franzose Roger Bouquay fand am Tag nach der Flucht der Deutschen im August 1944 den „Fotoschatz“ in dem verlassenen Lkw und bewahrte ihn für sein Leben lang auf. Seinen Kindern erzählte er immer wieder von den Erlebnissen im Sommer 1944 und Joelle Bedau, seiner Tochter, gingen diese Erzählungen, wie sie selbst sagt, „nie aus dem Kopf“. Genau wie ihr Vater habe sie schon als junges Mädchen die deutsche Sprache gelernt und neben dem Interesse an historischen Ereignissen auch die kleine Tasche mit der Fotosammlung aus dem Lastwagen von ihm geerbt. „Für mich war immer klar, dass diese Bilddokumente der eigentliche Besitzer irgendwann wieder erhalten sollte“, sagt Bedau.

Die Deutsche Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht in Berlin war ihr schließlich dabei behilflich, anhand der Feldpostkarten und Aufschriften auf den Bildern Anton Sebald zu finden. Er hatte seit dem Kriegsende in Raitbach gelebt und ist dort 2009 verstorben. Für seinen Sohn Anton und dessen Frau Anita war es im Frühjahr 2012 dann eine große Überraschung, als sie plötzlich Post aus Berlin und Monate später auch das Päckchen mit den Fotos aus der Bretagne erhielten (PK berichtete).

Per Telefon und E-Mail-Verkehr entwickelte sich unter den Angehörigen aus Lohéac und Raitbach seither eine herzliche Freundschaft. Jetzt, genau 70 Jahre nach den Ereignissen in Frankreich, war es nun soweit: Joelle Bedau wollte die Heimat des Soldaten Anton Sebald persönlich kennenlernen. Besonders habe sie dessen Familie und Umgebung interessiert. „Aber natürlich auch ein Stück von Bayern“, sagt sie. Zehn Tage war sie bei Familie Sebald zu Gast. „Jeder Tag wurde zu einem Erlebnis für uns alle. Joelle ging ganz offen auf die Menschen zu und wurde mit ihrer interessierten Art überall herzlich aufgenommen“, sagt Anita Donat-Sebald. Noch in diesem Jahr wird sich das Ehepaar Sebald zu einem Gegenbesuch nach Frankreich aufmachen und dort mit Joelle Bedau als Reiseführerin die Bretagne kennenlernen – natürlich auf den Spuren der beiden Väter.