Ingolstadt
Auch bei Regen nach draußen

Den Waldorfkindergarten gibt es seit 25 Jahren – bald auch eine Schule?

16.07.2012 | Stand 03.12.2020, 1:16 Uhr

Ingolstadt (DK) Konzentriert blickt der sechsjährige Konstantinus auf die kleine Schüssel vor ihm, die sich langsam mit Korkstreuseln füllt. Bereits den vierten Korken reibt der Junge mit einem Reibeisen in die Näpfe. „Wir haben schon viele Schüsseln mit Parmesan gerieben“, erzählt er. Erzieherin Katharina Hollacher lobt ihn.

„Die Jungs spielen hier oft Kochen“, erklärt die Erzieherin. Und das geht schon seit 25 Jahren so, denn der Kindergarten feiert in diesem Jahr sein Jubiläum. Einige Mütter gründeten die Einrichtung vor 25 Jahren, weil ihre Kinder „nicht in den Kindergarten wollten“, erklärt Susanne Reisige, eine der beiden Vorstände des Förderkreises Waldorfgarten Ingolstadt. Zunächst betreuten die Frauen die Kinder im Bürgertreff „Alte Post“ in einen Waldorfspielkreis. 1987 eröffneten sie dann die erste Kindergartengruppe in der „Greil-Villa“ an der Westlichen Ringstraße. Nachdem der Vermieter den Vertrag gekündigt hatte, zog der Kindergarten acht Hausnummern weiter in die Nummer 28, dort wurde neu gebaut. „Eigentlich sollte unser Gebäude die Lärmschutzwand sein“, erzählt Reisige. Deshalb zeigen die Arbeitsräume zur Straße hin, während die Spielzimmer und der Garten in Richtung des Wohngebiets entstanden. „Zum Glück haben wir nun doch noch eine weitere Lärmschutzmauer zwischen der Straße und dem Kindergarten“, sagt Reisige.

Die brauchen sie auch, denn für das Waldorfkonzept brauchen die Erzieher Ruhe. Es geht darum, die Kinder im Einklang mit der Natur zu erziehen: Zum Beispiel mit selbst geschnitztem Spielzeug oder viel Spielzeit an der frischen Luft: „Wir gehen auch bei Regen raus“, betont Vorstandsmitglied Kathrin Kolb. Auch das eurythmische Tanzen, eine Verbindung aus Sprache, Bewegung und Rhythmus, ist Teil des Konzepts. „Dabei finden die Kinder einen guten Zugang zu ihren Gefühlen.“ Von ihren Betreuern, die sich immer in der Rolle des Vorbildes sehen, lernen sie auf freiwilliger Basis. Ein Betreuer beginnt zum Beispiel damit, das Blumenbeet zu bearbeiten oder das Frühstück vorzubereiten. Die Drei- bis Sechsjährigen können dann mitmachen, es wird jedoch niemand gezwungen. „Das funktioniert immer sehr gut“, sagt Reisige. Auch die Eltern engagieren sich: In Bastel-, Schreiner-, Koch- oder Gartenkreisen verrichten sie freiwillig Arbeiten. „Anders könnten wir den Preis für die Betreuung nicht so niedrig halten“, erklärt Kolb.

Eine Betreuung bis 15.30 Uhr im Waldorfkindergarten kostet im Monat 130 Euro. In Zukunft wollen die beiden Vorstände die Nachmittagsbetreuung ausbauen: „Die Betreuungszeit bis 15.30 Uhr reicht vielen Eltern nicht“, erklärt Reisige. Vielleicht gibt es bald die erste Waldorfschule in Ingolstadt; ein Verein zur Gründung wurde bereits gebildet.

Im Kindergarten wird derweil weiter gespielt. Hannes hält seiner Kameradin seine Papierboote vor die Nase. „Schau mal, was ich gemacht habe.“ Ein anderer Junge wirbelt einen Holzstock in der Luft herum und will Krieg der Sterne spielen. Doch die anderen Kinder sind damit beschäftigt, Stricke an zwei Regale zu binden (Erzieherin Hollacher: „Ihre Eltern renovieren gerade“) oder Gassi gehen zu spielen. Hannes will auch nicht, er bastelt Schiff Nummer sieben. „Jetzt hast du aber genug Boote, Hannes“, sagt Hollacher und bittet ihn, seinen Namen auf die Schiffe zu schreiben. Damit er später keines vergisst.