Düsseldorf
"Armut ist in Deutschland häufig weiblich"

Studien: Frauen sehen sich im Berufsleben immer noch benachteiligt

06.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:34 Uhr

Düsseldorf (AFP) Im EU-Vergleich ist die Erwerbslosenquote unter Frauen am niedrigsten. Trotzdem zeigen Studien, dass sich viele deutsche Frauen angesichts der hohen Gefahr von Altersarmut und geringer Karrierechancen im Berufsleben immer noch benachteiligt fühlen.

Von Tarifverträgen profitieren Frauen zwar stärker als Männer. Nach Tarif bezahlte Angestellte erhalten gut neun Prozent höhere Stundenlöhne als ihre Kolleginnen ohne Tarifbindung, wie aus einer am Freitag veröffentlichten Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung hervorgeht. Bei Männern beträgt der tarifbedingte Unterschied nur knapp sieben Prozent.

In Branchen mit hohem Frauenanteil und geringer Tarifbindung falle der Tarifvorteil für Frauen noch höher aus. So verdienen der Studie zufolge Angestellte ohne Tarifbindung im Einzelhandel durchschnittlich 17,3 Prozent weniger als ihre Kolleginnen. Als Ursache für die Lohnunterschiede sehen die Forscher neben den gesetzlichen Vorgaben zur Eingruppierung in die tariflichen Entgeltgruppen auch Betriebsräte, die sich für gerechte Lohnstrukturen einsetzen.

Die Erwerbslosenquote von Frauen in Deutschland war 2014 im EU-Vergleich am niedrigsten. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts gingen im EU-Schnitt 10,3 Prozent der Frauen keiner Arbeit nach, während ihr Anteil in der Bundesrepublik nur bei 4,6 Prozent lag und damit unter der Erwerbslosenquote der deutschen Männer mit 5,3 Prozent.

Viele Frauen arbeiten aber in Teilzeit oder haben Minijobs. Zwischen 2001 und 2014 stieg die Zahl der Frauen in sozialversicherungspflichtigen Teilzeitjobs laut Bundesarbeitsministerium von 2,5 auf 6,3 Millionen an. 5,3 Millionen Frauen hatten 2014 einen Minijob.

Der Sozialverband VdK warnte vor Altersarmut von Frauen. „Armut ist in Deutschland viel zu häufig noch weiblich“, erklärte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. Was im Erwerbsleben „schon oft nicht zum Leben“ reiche, sei „in der Rente dann dramatisch“. Die Frauen in Deutschland fühlen sich nach einer Umfrage im Berufsleben nach wie vor benachteiligt. Insbesondere bei der Bezahlung (78 Prozent) sowie bei der Besetzung von Führungspositionen (68) kann für die meisten weiblichen Befragten von Gleichstellung noch keine Rede sein, wie aus der am Freitag in Frankfurt veröffentlichten Studie der IG Metall hervorgeht. Die befragten Männer sehen das ähnlich (jeweils 70 Prozent).

„Unternehmen müssen die Aufstiegschancen von Frauen verbessern“, sagte Christiane Benner, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall. Die Gewerkschaft kritisierte die Einkommenslücke von 22 Prozent und die geringe Zahl von Frauen in Führungspositionen. Das größte Problem liege in der mangelnden Vereinbarkeit von Familie und Job: 73 Prozent sind der Meinung, dass Kinder für Frauen nach wie vor ein Hemmschuh im Beruf sind.

Die mittelständischen Unternehmen in Deutschland gehören bei den Karrierechancen für Frauen weltweit zu den Schlusslichtern. Nur 14 Prozent der Führungspositionen seien mit Frauen besetzt. Fast zwei Drittel der Mittelständler hätten überhaupt keine weiblichen Manager in Führungspositionen, heißt es in einer am Freitag von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Warth & Klein Grant Thornton veröffentlichten Studie. Schlechter schneide unter den 35 weltweit untersuchten Ländern nur noch Japan ab.

Rund drei Viertel der befragten Führungskräfte in deutschen Unternehmen sehen nach wie vor Hürden für Frauen, die in Topjobs aufsteigen wollen. Zu den größten Hindernissen zählen aus Sicht der befragten Managerinnen Elternschaft sowie das Fehlen von Strukturen, die Frauen unterstützen. Fast jede zweite weibliche Führungskraft nannte auch Vorurteile als Hindernis.