Riedenburg
Arbeitsalltag im Klassenzimmer

25.11.2010 | Stand 03.12.2020, 3:25 Uhr

Handmassage: Bei Kosmetikerin Claudia Lang lernten die Riedenburger Achtklässler die verschiedenen Arbeiten eines modernen Friseurs kennen. Auch Entspannungsmethoden standen auf dem Programm. - Foto: Janda

Riedenburg (sja) Mathe-Unterricht Ade: Für die Achtklässler der Riedenburger Grund- und Mittelschule steht in dieser Woche statt Algebra und Geometrie eine Art Praktikum im Klassenzimmer auf dem Stundenplan. Moba heißt das Projekt, das den Schülern Einblicke in verschiedene Berufsfelder geben soll.

Hämmernde Schläge, das Dröhnen einer Bohrmaschine und das stete Schaben einer Feile – die Geräusche, die an diesem Donnerstagvormittag aus dem Werkraum der Riedenburger Grund- und Mittelschule dringen, klingen eindeutig nach Arbeit. Ungewöhnlich sind die Klänge im Keller der Bildungseinrichtung nicht. Wohl aber das Projekt, das sich heute dahinter verbringt. Denn statt Werkunterricht steht für die Achtklässler diese Woche Moba, in Langform Mobiles Ausbildungscoaching, an – erst zum zweiten Mal an der Riedenburger Schule.

Inmitten des Arbeitslärms steht Schreiner Peter Götz. Seine Aufgabe: Als einer der Moba-Ausbilder soll er den Schülern sein Berufsfeld näherbringen. "Soweit das an einem Tag überhaupt möglich ist", erklärt der Regensburger und lacht. Damit die Achtklässler möglichst viele Arbeitstechniken kennenlernen, dürfen sie unter seiner Anleitung einen hölzernen Christbaum herstellen. "Dabei sind viele charakteristische Techniken nötig", sagt er. Vom Sägen, Bohren und Feilen bis zur schwierigen Konstruktion des Standbeins, für den die Buben und Mädchen millimetergenau messen müssen. Durchhaltevermögen sei dafür schon gefragt, meint der Schreiner, während er einen kritischen Blick auf den noch etwas unförmigen Christbaum einer Schülerin wirft.

Ein Satz, der für das Konzept von Moba passt. Denn mit Schule hat das fünftägige Projekt wenig zu tun – vielmehr mit dem Ausbildungsalltag, der die Kinder in ein paar Jahren erwartet. "Der Ton der Ausbilder ist schon ein völlig anderer als im Unterricht", nennt Klassenleiter Ralf Cetto ein Beispiel. Dabei würden die Schüler schon jetzt einen guten Einblick in ihr späteres Berufsleben erhalten.

Den Ablauf des Mobilen Ausbildungscoachings – erst die Grundlagen der Berufe, dann viel Praxis – hält Cetto für ideal. "Damit bekommen die Schüler ein möglichst authentisches Bild von den Berufen", meint er. Außerdem ergänzt Moba damit die schuleigene Berufsvorbereitung. Denn für die Achtklässler, die sich spätestens Anfang der neunten Klasse um einen Ausbildungsplatz bewerben müssen, stehen in diesem Schuljahr noch insgesamt drei Wochen Praktikum an – zwei Wochen im Mai und eine im Juli.

Dabei können die Schüler dann entweder die Eindrücke vertiefen, die sie bei Moba gesammelt haben, oder völlig neue Berufe für sich entdecken, wie Stefanie Johann erklärt. Die Sozial-Pädagogin des Beruflichen Fortbildungszentrums der Bayerischen Wirtschaft in Niederbayern betreut das Projekt seit mehreren Jahren. "Aber heuer zum ersten Mal im Landkreis Kelheim", erklärt sie auf dem Weg ins Klassenzimmer der achten Jahrgangsstufe.

Dort wartet eine Atmosphäre, die es sonst wohl kaum in Schulhäusern gibt. Verdunkelte Fenster, eine bequeme Liege und meditative Gongschläge. Inmitten der zweiten Schülergruppe steht Kosmetikerin Claudia Lang aus dem Ihrlersteiner Ortsteil Sausthal, die den Kindern gerade eine Klangmassage zeigt. "Heute müssen Friseursalons immer mehr in den Wellness-Bereich gehen", erklärt sie. "Friseur allein reicht längst nicht mehr." Bei ihren Moba-Stunden legt Lang deshalb auch besonderen Wert auf die etwas ausgefalleneren Methoden. "Dadurch bekommen die Kinder ein besseres Gefühl für den Beruf", weiß sie.

Schließlich ziehen die Achtklässler allerdings noch einen ganz anderen Nutzen aus dem Projekt, als die bloßen Erfahrungswerte. "Jeder Schüler bekommt eine Mappe, in der unter anderem ein Teilnehmerprofil enthalten ist", erklärt Sozialpädagogin Johann, die besonders auf die Team- und Kontaktfähigkeit der Kinder achtet. "Das wird auf dem Arbeitsmarkt immer wichtiger." In Teilen Niederbayerns würden Arbeitgeber inzwischen sogar gezielt nach den Moba-Unterlagen fragen, berichtet sie, während sich die Schüler in Zweier-Teams zusammen setzen. Handmassagen stehen nun auf dem Programm.