München
Annäherung bei Rente und Sicherheit

Die Freien Wähler gehen auf die CSU zu, definieren aber gleichzeitig auch Grenzen

12.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:48 Uhr

Fraktionschef Hubert Aiwanger sprühte in Cham vor Optimismus. Aufwind gab ihm unter anderem eine Umfrage vom Vortag. - Foto: Freie Wähler

München (DK) Drei Tage lang haben sich die Freien Wähler (FW) in Cham auf das politische Jahr eingeschworen. Mit Blick auf die Landtagswahl suchen sie zwar thematisch die Nähe zur CSU. Anbiedern wollen sie sich aber als möglicher Koalitionspartner nicht.

Eigentlich könnte man bei Hubert Aiwanger Nachdenklichkeit erwarten. Zwar haben seine Freien Wähler am Vortag in einer BR-Umfrage ein Prozentpünktchen mehr erhalten als zuletzt in demoskopischen Erhebungen. Mit sieben Prozent liegen die FW aber immer noch unter dem Landtagswahlergebnis von 2013, als sie auf neun Prozent der Stimmen kamen. Und vor allem hinken sie nach wie vor deutlich hinter dem Traum vom zweistelligen Ergebnis hinterher.

Tatsächlich sprüht der Partei- und Fraktionsvorsitzende nach eigenem Bekunden zu Beginn des Jahres aber vor Optimismus. Die Freien Wähler starteten mit guten Zahlen ins Jahr, erklärt er grinsend zum Abschluss der FW-Fraktionsklausur in Cham. Für die Zwischenwahlzeit seien sieben Prozent ein sehr guter Wert, befindet er, seine Partei lege zur Wahl immer deutlich zu.

Bis dahin wollen die Freien Wähler vor allem mit ihren Kernthemen weiter punkten - zu allererst mit der Stärkung des ländlichen Raums. "Die DNA, das Freie-Wähler-Gen, sind die gleichwertigen Lebensverhältnisse im ländlichen Raum", sagt der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion, Karl Vetter. Er untermauert daher die Dauerforderung nach einem rascheren Ausbau von schnellen Internetverbindungen und Glasfaseranschlüssen in allen bayerischen Haushalten. Dies gehöre zur Daseinsvorsorge. Daneben fordert Vetter aber auch, ländliche Regionen ebenso bei den "weichen Standortfaktoren" besser zu fördern, um die Ansiedlung von Unternehmen voranzutreiben. Als Beispiele nennt er die Bereiche Kultur und vor allem die Sicherstellung einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung.

Außerdem verabschieden die FW auf ihrer Klausur unter anderem ein Positionspapier zur Rente. Darin begrüßen sie zwar den CSU-Vorstoß zur Mütterrente, fordern aber, diese nicht aus Beiträgen, sondern aus Steuermitteln zu finanzieren, sowie eine dauerhafte Beschränkung des Beitragssatzes auf maximal 20 Prozent.

Zentrales Thema ist nach dem Berliner Terroranschlag allerdings auch bei den Freien Wählern die Sicherheit. Der Berliner Koalition wirft Aiwanger "politisches Versagen" vor. "Diese Bundesregierung ist ein Sicherheitsrisiko für das Land", schimpft er und prangert Fehlentscheidungen in den vergangenen Jahren an. Dabei nimmt er auch die CSU explizit ins Visier. Der Personalabbau bei der Bundespolizei und eine Schwächung des Bundesamts für Migration sei schon unter dem damaligen CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich eingeleitet worden. Zudem kritisiert er die Flut von Sicherheitskonzepten aus der Feder der CSU: "Ständig Papiere rauszugeben von einer Regierung, die in Bayern mit absoluter Mehrheit regiert, ist mindestens so unglaubwürdig, als würde jemand an Silvester verkünden, das Rauchen aufzuhören, und an Dreikönig geht's munter weiter", sagt Aiwanger.

Thematisch rücken die Freien Wähler in der Sicherheitspolitik aber durchaus an die CSU heran. In einem in Cham verabschiedeten Positionspapier finden sich viele Forderungen, die auch die Christsozialen erheben, etwa eine Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung, ein verbesserter Datenaustausch zwischen Bundesländern und EU-Staaten oder härtere Strafen bei Angriffen auf Polizei und Rettungskräfte.

Im Mittelpunkt müsse aber die Umsetzung von geltendem Recht stehen, sagt der Abgeordnete Joachim Hanisch. Schließlich gebe es schon viele vernünftige Gesetze, "nur bei der Umsetzung hapert es". Der CSU wirft er vor, mit ihren ständigen Vorstößen vom eigenen Versagen ablenken zu wollen. Einige Forderungen der CSU gingen "zu sehr ins Persönlichkeitsrecht", sagt er. Konkrete Beispiele kann Hanisch auf Nachfrage allerdings nicht nennen.

Und so bleibt von der Klausur der Eindruck, dass die Freien Wähler bewusst die Nähe zur CSU suchen. Schließlich hat Aiwanger seine Partei in den vergangenen Tagen recht offensiv als möglichen Koalitionspartner und als "korrigierende Kraft gegen den CSU-Größenwahn" ins Gespräch gebracht. Eine Anbiederung will der Fraktionschef darin aber nicht erkennen. Es gebe rote Linien, die die Freien Wähler von den Christsozialen trennen und die bei einer Regierungsbeteiligung nicht überschritten werden dürften, sagt er unserer Zeitung. Ein flächendeckendes G 9-Angebot oder die Absage an die dritte Startbahn werde seine Partei nicht aufgeben.