Anlageberatung - Neue Infoblätter ab 1. Juni 2012

04.06.2012 | Stand 03.12.2020, 1:25 Uhr

Die Anlageberatung soll besser werden, hat sich die Politik auf ihre Fahnen geschrieben. Daher kommen auf die Finanzdienstleistungsbranche in der nächsten Zeit zahlreiche neue Regulierungen zu, die für Verbraucher wichtig sind.

Für den Verkauf von bislang kaum regulierten Produkten wie geschlossene Fonds bricht Anfang Juni eine neue Ära an: Anbieter von solchen Vermögensanlagen müssen dann neben dem Verkaufsprospekt auch ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) erstellen. Solch einen Beipackzettel müssen Banken in der Anlageberatung ihren Kunden bereits seit Juli 2011 aushändigen (Produktinformationsblatt – kurz PIB). Auch die VIB müssen auf drei Seiten übersichtlich und in leicht verständlicher Sprache die wesentlichen Informationen zum Produkt geben. Aber nicht nur die Beteiligungsmodelle, sondern auch die Berater werden künftig strikter reguliert. Doch nach Meinung von Verbraucherschützern blieben gravierende Regelungslücken bestehen, so dass Abzocker weiterhin ihr Unwesen treiben können.

Atomisierte Aufsicht: Freie Vermittler werden von Gewerbeaufsichtsämtern kontrolliert

Zwar werden bisherige Graumarktprodukte wie geschlossene Fonds nun der zentralen Aufsicht der Finanzaufsicht Bafin unterstellt. Doch die laut Bundeswirtschaftsministerium rund 80.000 freien Vermittler werden auch künftig nur von den regionalen Gewerbeaufsichtsämtern kontrolliert – sehr zum Verdruss von Verbraucherschützern, die darin eine Atomisierung der Aufsicht sehen, so Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Er befürchtet, dass Missstände länger unentdeckt bleiben könnten, da die Erkenntnisse aus der Aufsichtstätigkeit nicht zusammengeführt würden.

Doch immerhin sollen die freien Vermittler beim Vertrieb von Finanzinstrumenten bald die gleichen Spielregeln beachten wie Banken. Demnach müssen sie künftig Beratungsprotokolle anfertigen, Beipackzettel aushändigen, anlegergerecht beraten und ihre Provisionen offenlegen. Freie Vermittler von Finanzanlagen müssen außerdem ab 2013 geordnete Vermögensverhältnisse und ihre persönliche Zuverlässigkeit unter Beweis stellen, dürfen also keine Vorstrafen wegen Vermögensdelikten haben. Zudem müssen sie eine Berufshaftpflichtpolice abschließen und ihre Sachkunde nachweisen. Und: Sie haben sich bei den Industrie- und Handelskammern in ein Vermittlerregister einzutragen.

Wer früher schon Mist gebaut hat, darf es auch weiterhin tun

Haarsträubend finden Verbraucherschützer allerdings die Alte-Hasen-Regelung für die freien Vertriebler: Wer bereits vor dem 1. Juni 2006 tätig war, benötigt demnach auch künftig keinen Sachkundenachweis. Wer früher schon Mist gebaut hat, darf es auch weiterhin tun, ärgert sich Nauhauser. Außerdem gebe es auch künftig Bereiche am Grauen Kapitalmarkt, die unreguliert bleiben. Der Gesetzgeber habe offensichtlich zu wenig Ahnung davon, wie es auf diesem Markt wirklich zugehe. Es sei Unsinn davon auszugehen, dass der Vertrieb am Graumarkt ähnlich organisiert sei wie bei Banken. Statt dessen dominierten Masseninformationsveranstaltungen, aber auch der Direktvertrieb ohne Berater über Internet oder Postwurfsendungen. Die neuen Regelungen laufen hier aber ins Leere und gelten nicht.

Tipp: Bei Anlageangeboten, die nur über das Internet oder auf Massenveranstaltungen angeboten werden, die psychologisch geschickt wie Butterfahrten aufgezogen werden, sollten alle Alarmglocken schrillen.

Informationsblätter im Überblick

Drei Arten von Kurzinformationsblättern für Anleger gibt es in Deutschland ab Juni 2012. Die Unterschiede liegen im Detail, ihr Nutzen ist umstritten:

Produktinformationsblätter (PIB): Bereits seit Juli 2011 müssen Banken und Finanzdienstleister in der Anlageberatung mit Wertpapieren ihren Kunden PIB aushändigen. Auf zwei bis drei Seiten sollen sie einen leicht verständlichen Überblick über die wichtigsten Details und Eigenschaften eines Anlageprodukts bieten – insbesondere über die Risiken der empfohlenen Geldanlage. Aufgeführt werden sollen auch die Aussichten für die Kapitalrückzahlung und Erträge unter verschiedenen Marktbedingungen. Und zu guter Letzt erfahren Anleger, wie teuer sie das Produkt kommt – beim Erwerb wie auch im Bestand. Für andere Anlageprodukte, die nicht Wertpapiere sind, also zum Beispiel Tagesgeldkonten oder Banksparpläne, müssen keine PIP erstellt werden. Nicht nur Verbraucherschützer und Finanzaufsicht Bafin kritisieren die konkrete Ausgestaltung der PIB, auch Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner verlangt Nachbesserungen.

Key Investor Information Document (KID):
Die PIB gelten nur für Wertpapiere wie Aktien, Zertifikate und Anleihen. Für Investmentfonds greifen dagegen die spezielleren EU-Vorschriften für das Key Investor Information Document, zu deutsch Wesentliche Anlegerinformation, die etwa bei den Angaben zum Risiko der Anlage detailliertere Vorschriften als die PIB vorsehen. Das Dokument ersetzt den sogenannten vereinfachten Verkaufsprospekt und muss mindestens einmal im Jahr aktualisiert werden.

Vermögensanlagen-Informationsblätter (VIB):
Ab Juni 2012 müssen die Anbieter von Vermögensanlagen maximal drei Seiten umfassende VIB in allgemein verständlicher Sprache erstellen. Während der Dauer des öffentlichen Angebots eines Produkts müssen die VIB laufend aktualisiert werden. Sie kommen dann auch in den Beratungsgesprächen von Banken zum Einsatz. Die VIB ähneln den PIB im Aufbau, aber es existieren Unterschiede und zusätzliche Informationsanforderungen. So wird ein Hinweis auf die künftig zweijährigen Prospekthaftungsansprüche vorgeschrieben.

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