Kabaretttage
"Angewandte Blechmusik für alle Lebenslagen"

Der Tubist Wilfried Brandstötter über Mnozil Brass - Die Gruppe gastiert nächste Woche bei den Ingolstädter Kabaretttagen

12.09.2021 | Stand 21.09.2021, 3:33 Uhr
Humor und Musik: Mnozil Brass gastiert am 19. September, 20 Uhr, im Ingolstädter Festsaal. −Foto: Matejschek

Ingolstadt/Linz - Seit fast 30 Jahren tritt die Blasmusik-Formation Mnozil Brass mit großem Erfolg in wichtigen Sälen auf - vom Wiener Burgtheater bis zur Royal Albert Hall in London.

Was die sieben talentierten Blechbläser da auf der Bühne machen, ist allerdings schwer einzuordnen und zu begreifen. Am Samstag. 19. September, gastiert die Gruppe im Ingolstädter Festsaal im Rahmen der Kabaretttage (20 Uhr). Basstubist Wilfried Brandstötter, der von Anfang an bei Mnozil Brass dabei war, erzählt vom Erfolgsgeheimnis des urkomischen Ensembles.

Herr Brandstötter, seit vielen Jahren sind Sie mit der Gruppe Mnozil Brass auf internationalen Bühnen sehr erfolgreich. Wie schafft man das eigentlich, wenn bereits der Name der Formation für die meisten Leute nur schwer aussprechbar ist?
Wilfried Brandstötter: Vielleicht ist das sogar ein Alleinstellungsmerkmal. Das Lustige ist, dass der Name in jedem Land anders ausgesprochen wird. Ursprünglich kommt der Name aus dem Tschechischen, er ist dort ein Familienname. In Tschechien wird der Name ja "Noschiel" ausgesprochen. So kommt es, dass wir in Tschechien immer wieder darauf hingewiesen werden, dass wir unseren eigenen Namen falsch aussprechen. Aber im Ernst: Der Name hat dem internationalen Erfolg der Gruppe nicht geschadet.

Schwer fassbar ist auch das, was Sie da eigentlich auf der Bühne tun. Was für einen Begriff haben Sie dafür? Musikkabarett? Konzert? Neue Operette?
Brandstötter: Es ist wohl etwas von allem. Der Journalist Robert Sommer hat uns mal als "angewandte Blechmusik für alle Lebenslagen" bezeichnet. Das trifft es eigentlich ziemlich gut. Was das Genre betrifft, haben wir uns wohl unsere eigene Kategorie geschaffen. Als wir begonnen haben vor fast 30 Jahren, da war es sehr schwierig für die Leute, uns einzuordnen. Wenn man heute von Mnozil Brass spricht, dann steht das für etwas ganz Eigenes. Nämlich: Sehr gute Musik, verbunden mit Humor und wechselnden Projekten - mal eine Oper oder eine neue Operette, und wir haben auch mal das Wagner-Jahr in Bayreuth eröffnet.

Wie sind Sie vor fast 30 Jahren darauf gekommen, diese Art von Entertainment zu präsentieren?
Brandstötter: Vor allem war das alles nicht geplant. In der Gaststätte Mnozil, die befand sich damals direkt gegenüber der Musik-Uni, gab es monatliche Stammtische, wo auch vor uns schon viele gespielt haben. Da konnte jeder einsteigen, das war wie eine große Jamsession. Und da hat sich so ein harter Kern von Musikern herausgebildet. Am Anfang haben wir wirklich nur in Wirtshäusern gespielt. Und es hat sich dabei herausgestellt, dass man vor allem unterhalten muss. So haben wir nicht nur Musik gemacht, sondern es gab auch einen gewissen Wortanteil, und wir haben auch gesungen. Nach ein paar Jahren fingen wir an, richtige Konzerte zu spielen und haben dabei gemerkt, dass diese Mischung besonders gut ankam. Später haben wir dann mit Regisseurinnen und Regisseuren zusammengearbeitet oder mit Choreographen.

Ganz am Anfang stand aber die Musik?
Brandstötter: Ganz am Anfang war das ein großes Durcheinander.

Sie jonglieren irgendwie zwischen allen Genres: Zwischen Klassik, Jazz, Volksmusik und Pop. Zwischen theatralischen Effekten und Musik. Ist es das, was für Sie den großen Spaß an der Sache ausmacht?
Brandstötter: Uns macht es große Freude, ich weiß aber nicht, ob das jedem so gehen würde. Für uns ist es schön, dass wir in dem riesigen Pool der Musikgeschichte fischen können. Gleichzeitig präsentieren wir eigene Kompositionen. Diese Vielfalt wird auch vom Publikum sehr geschätzt. Da gibt es Freunde der Blechmusik, die kommen voll auf ihre Kosten, ebenso aber auch Leute, die sich in der Musikgeschichte sehr gut auskennen. Denn wir verwenden sehr viele Zitate, manchmal auch nur in einer Begleitfigur. Im aktuellen Programm kommt etwa eine Kontrabasslinie aus der Neunten von Beethoven vor - da muss man sich schon ziemlich gut auskennen, um das zu hören.
Sie selbst sind ja studierter Basstubist und waren Mitglied beim renommierten Klangforum Wien. Sie waren also spezialisiert auf Neue Musik. War das für Sie ein großer Schritt, nun vorwiegend leicht zugängliche Klänge zu präsentieren, von Klassik-Hits bis Pop?
Brandstötter: Nein, weil ich wie alle anderen im Ensemble nicht nur eingleisig gefahren bin. Als ich beim Klangforum Wien war, habe ich zeitgleich auch einen Vertrag beim Burgtheater Wien gehabt. Und später hatte ich auch einen Vertrag als Solotubist in einem klassischen Sinfonieorchester. Das lief alles parallel. Variatio delectat: Es war uns immer wichtig, dass wir vielfältig wirken.

Wollen Sie in erster Linie unterhaltsam sein, oder ist es Ihnen auch wichtig, gesellschaftlich etwas zu bewegen?
Brandstötter: Das ist eine schwierige Frage. Letztlich geht es um die Überzeugung, ob Musik etwas verändern kann. Ich glaube, wenn es einem gelingt als Künstler, Leute überhaupt mal aus ihrem gewohnten Denkschema herauszubringen, und sei es nur für zwei Stunden, dann ist schon viel erreicht. An die Macht der großen Veränderung durch Musik glaube ich nicht.

Mnozil Brass lebt natürlich hauptsächlich von seinen Auftritten. Die waren allerdings zuletzt kaum mehr möglich. Wie ist die Gruppe durch die Corona-Krise gekommen?
Brandstötter: Na ja, für uns als Gruppe war das sehr unangenehm, weil wir fast anderthalb Jahre nicht auftreten konnten. Es gab Versuche, auf das Internet auszuweichen und dort Konzerte anzubieten. Wir haben dabei aber schnell gemerkt, dass das kein vollgültiger Ersatz für Live-Konzerte ist. Wenn man sich in einen Raum begibt, zusammen mit dem Publikum, dann ist das viel unmittelbarer, als wenn man allein vor dem Bildschirm sitzt. Das alles bewegt uns, und es wird vielleicht auch noch eine Zeit lang dauern, bis der normale Konzertbetrieb wieder stattfindet.

Was hat das Publikum bei Ihrem Auftritt im Rahmen der Ingolstädter Kabaretttage zu erwarten?
Brandstötter: Gute Unterhaltung. Ich möchte nicht zu viel verraten. Wir treten in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen auf - Musikfestivals, Kabarettfestivals, und wir spielen auch in den klassischen Hochkulturtempeln. Im Prinzip spielen wir da immer die gleichen Programme. Wenn es uns gelingt, das Publikum zwei Stunden lang wirklich gut zu unterhalten, dann haben wir eine ganze Menge erreicht.

DK


Das Interview führte
Jesko Schulze-Reimpell.

ZUR PERSON

Wilfried Brandstötter (51) studierte Basstuba an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Er ist ein Gründungsmitglied der Gruppe Mnozil Brass. Von 1996 bis 2000 war er Mitglied beim Klangforum Wien, einem Solisten-Ensemble für zeitgenössische Musik. In der Zeit von 2000 bis 2004 gehörte er als Solotubist dem "Tonkünstler-Orchester Niederösterreich" an. 2004 wurde ihm die Professur für Tuba an der Anton Bruckner Privatuniversität Linz übertragen.