Eichstätt
Anders als im "Tatort"

Kriminalpsychologe Markus Hoga zur Operativen Fallanalyse

28.11.2016 | Stand 02.12.2020, 18:59 Uhr

Eichstätt (ddk) An der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) hat er Psychologie studiert. Jahre später kehrte er nun wieder dorthin zurück, um über seine Arbeit in der Operativen Fallanalyse zu berichten. Markus Hoga ist Kriminalpsychologe am eigens dafür eingerichteten Kommissariat 16 des Polizeipräsidiums München.

Als Experte für Sexual- und Tötungsdelikte sprach er am Montagabend im Rahmen der K'Universale-Vortragsreihe in der Aula der KU über das Thema "Gewalt und Kriminalpsychologie".

Seit 2009 arbeitet Hoga in der Operativen Fallanalyse (OFA) Bayern und damit in einer beratenden kriminalpsychologischen Dienststelle, die inzwischen jedes Bundesland eingerichtet hat. Zuvor war er als Therapeut für Sexualstraftäter an der JVA Amberg tätig. Zusammen mit seinem Team wird er immer dann gerufen, wenn schwere und rätselhafte Tötungsdelikte passieren, deren Aufklärung die Sonderkommissionen vor Probleme stellt. Hoga räumte in seinem Vortrag mit dem aus Krimis und dem TV-"Tatort" bekannten Klischee vom Sonnenbrille tragenden, einsamen und zugleich genialen Fallanalytiker auf, der ein Täterprofil erstellt und damit hilflosen Polizisten den entscheidenden Hinweis zur Aufklärung eines Kapitalverbrechens liefert.

Die tägliche Arbeit des Kriminalpsychologen sei eher akribisch und mühsam und nur im Team möglich. Das bedeutet, dass sie nicht auf der intuitiven Geistesleistung eines Einzelnen, sondern auf der effizienten Zusammenarbeit zahlreicher Kollegen aus ganz unterschiedlichen Bereichen der polizeilichen Ermittlung beruht: Neben der psychologischen Abteilung, die das Täterverhalten rekonstruiert und bewertet, sind dies die Kriminalistik, die Rechtsmedizin und die Kriminologie.

Die von ihm genannten Beispiele aufgeklärter Tötungsdelikte machten seine Aussagen authentisch und glaubhaft. So konnten die Zuhörer gut nachvollziehen, wie der Mord an einer 74-jährigen Münchner Rentnerin zunächst viele Rätsel aufgab, dann aber mit dem sogenannten "Sequenzierungsmodell" doch geklärt werden konnte. Hierbei kommt eine möglichst exakte Rekonstruktion des Tathergangs in Einzelschritten zum Einsatz. Auch das "Nach-Tatverhalten" und der Umgang mit der Leiche spielen eine Rolle und liefern Informationen zum Täter. Im Fall der getöteten Rentnerin stellte sich heraus, dass die auffällige Varianz und Unterbrechung von Gewaltanwendung - zunächst Messerattacken, dann stumpfe Gewalt und schließlich die Erdrosselung mit einem gürtelähnlichen Riemen - ihre Ursache in der Tatsache hatte, dass hier eine Frau am Werke war.

In den meisten Fällen gebe es zudem auch eine besondere Beziehung zwischen Täter und Opfer, die unterschiedlichste Richtungen einschlagen kann: Der Täter "sagt" dann seinem Opfer, dass er die Tat "wegen dir" begehe (wenn er den Intimpartner tötet), "mit dir" (wenn die Person stellvertretend für eine andere getötet wird) oder sogar "an dir" (dann stellt das Opfer ein Objekt dar). Besonders häufig ist der letzte Fall anzutreffen, etwa bei Sexualmorden an Prostituierten, die als leicht verfügbare Opfer für viele Täter eine ganz bestimmte "Rolle" spielen.

Hoga beendete seinen Vortrag mit der Tatsache, dass Tötungsdelikte in Deutschland außerordentlich selten sind. Gerade in einer Kleinstadt wie Eichstätt habe man auf dem Nachhauseweg von der Kneipe nichts zu befürchten.

‹ŒFoto: Kusche