Reichertshausen
Amtlicher Baumfrevel auf Privatgrund?

Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt nach Fällaktion in Erklärungsnot

05.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:35 Uhr

Vorher und nachher: So wie auf dem oberen Bild sah es noch im Sommer aus. Ein idealer Kletterast führte von einem zum anderen Ufer, ein Abenteuerspielplatz für Kinder. Andreas Knauer und Tochter Louise (unteres Foto) zeigen auf den traurigen Rest der Weide, deren Äste das Grundstück gegen den Golfplatz abschirmten. - Fotos: Steininger

Reichertshausen (PK) Ohne Vorankündigung ist auf einem Privatgrundstück im Auftrag des Wasserwirtschaftsamtes ein Baum gefällt, ein weiterer schwer geschädigt und die dazwischen liegende Anpflanzung niedergewalzt worden. Der Eigentümer ist stocksauer.

Ein kleines Idyll war das beiderseits der Ilm gelegene Grundstück der Reichertshausener Familie Knauer. Ein beliebter Ort für Kindergeburtstage, ein Abenteuerspielplatz im Kleinformat für die Buben und Mädel, die auf einem über die Ilm bis zur anderen Uferseite reichenden Ast einer alten Silberweide klettern konnten. Ein kleiner Nervenkitzel durch die darunter fließende Ilm inbegriffen. Die ist an dieser Stelle mit Gummistiefeln trockenen Fußes zu durchwaten, also keine Gefahr für die Spielgefährten der Tochter Louise im Grundschulalter.

Doch damit ist nun vorbei: Die große Weide am golfplatzseitigen Ilmufer fiel einer Fällaktion des Wasserwirtschaftsamtes (WWA) zum Opfer, die weder angekündigt war, noch lag eine Zustimmung des Grundstückseigentümers vor. Der war völlig überrascht, als er plötzlich freien Blick auf den angrenzenden Golfplatz hatte. Die Weide nämlich hatte das Golfgelände vom Privatgrundstück ziemlich abgeschirmt, so war ein beiderseitiger Sichtschutz gegeben. Davon betroffen waren auch von Andreas Knauer vorgenommene Anpflanzungen wie Wildrosen und Sanddornsträucher, die das Grundstück einfassten. Die wurden durch die Baumfällarbeiten ebenso in Mitleidenschaft gezogen wie die Weide selbst, die knapp über dem Boden völlig entastet wurde. Einige Meter neben der Weide steht eine Eiche, deren Äste durch den Fall der Weidenäste beschädigt und als dessen Folge einseitig bis zum Stamm abgesägt wurden. Allerdings nicht komplett, denn einige hängen nur noch wie „am seidenen Faden“ und werden den nächsten Sturm kaum überstehen. Der auf das siedlungsseitige Ufer ragende Weidenast aber hatte im Fallen noch einen Tisch getroffen, auf dem in einer sogenannten „Beute“ ein Bienenvolk lebte. Die Beute aber fiel zu Boden, der Deckel öffnete sich und das Bienenvolk erfror. Nicht einmal das abgeschnittene Holz ist dem Eigentümer Andreas Knauer geblieben, denn das haben die Arbeiter komplett abtransportiert.

„Es gab weder ein Schreiben, noch einen Anruf, noch eine persönliche Kontaktaufnahme seitens des Wasserwirtschaftsamtes“, betont Andreas Knauer. Nur bei anliegenden Landwirten sei angefragt worden, ob man deren Felder mit den Baufahrzeugen überfahren dürfe. Mit dem WWA hat Knauer Kontakt aufgenommen. Laut dem Grundstückseigentümer wurde dort von einem „Versehen“ gesprochen, „das man regeln kann“.

Das aber könnte teuer werden, denn Knauer will den Zugriff auf sein Eigentum und sein Privatgrundstück so nicht hinnehmen. „Auch eine Behörde muss sich an Regeln halten, wie die Bürger ja auch“, betont Knauer. Kurioserweise aber blieb ein anderer Baum in unmittelbarer Nachbarschaft der Weide völlig unangetastet, obwohl der am ehesten eine Gefährdung darstellt: Von Bibern an zwei Seiten angenagt, ist der Stamm so ausgedünnt, dass er über kurz oder lang womöglich in die Ilm fallen und den Flusslauf blockieren wird. Doch der blieb unbehelligt.

Seitens des WWA Ingolstadt äußerte sich Behördenleiter Christian Leeb: Wasserbauarbeiter hätten an besagter Stelle Baumteile der Weide in der Ilm vorgefunden, die ein Abflusshindernis darstellten und deshalb beseitigt wurden. Und weiter: „Die Ilm ist ein Gewässer der staatlichen Unterhaltungslast und der Anlieger muss Arbeiten am Gewässer und im Uferbereich dulden. Wir sind zur Unterhaltung verpflichtet, dazu gehört auch, den Abflussquerschnitt freizuhalten“. 300 bis 400 Leute seien am Flusslauf entlang im Arbeitseinsatz, da könne man nicht jedes Mal jeden Eigentümer anschreiben, so der Behördenchef. „Wir wollen aber nicht in einen Clinch mit den Bürgern treten“, zeigt sich Leeb entgegenkommend, „und versuchen, uns mit Herrn Knauer zu einigen“.

Der wiederum weiß nichts von einem den Wasserfluss behindernden Ast. Der habe wie eine Brücke über die Ilm geragt und die Wasseroberfläche nicht berührt. Und selbst wenn der abgebrochen wäre, bestehe noch lange kein Grund, die Weide rundum vollständig zu entasten, meint der Berufsfeuerwehrmann, der selbst ein Zertifikat über das Beschneiden von Bäumen vorweisen kann.