Zum Artikel "Stimmung der Landwirte ist am Boden"
Als Bauer und BBV-Mitglied für die Unterschrift

05.02.2019 | Stand 02.12.2020, 14:42 Uhr |
Biene im Anflug: Sie sammelt Pollen und Nektar an einer Blüte. Das Insekt ist das prominenteste Maskottchen für das Volksbegehren "Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern", für das noch bis zum 13. Februar Unterschriften gesammelt werden. − Foto: Alessandro Della Bella, dpa

Zum Artikel "Stimmung der Landwirte ist am Boden", EK vom 2./3. Februar: Zur Kritik am Volksbegehren möchte ich einige Klarstellungen äußern: Ich bin selbst Mitglied des Bayerischen Bauernverbands (BBV) und des Verbands landwirtschaftlicher Fachschulabsolventen (VLF) und seit 30 Jahren Demeter-Biolandwirt.

Trotzdem bin ich ein völlig überzeugter Unterstützer des Volksbegehrens "Rettet die Bienen".

Die Anzeige von Karl-Heinz Bittl, unterstützt vom vlf-Kreisverband Ingolstadt-Eichstätt, mit der Aussage, dass das Volksbegehren die Biolandwirtschaft zerstöre, ist aus meiner Sicht völlig widersinnig. Mit der Argumentation, das Volksbegehren mache die kleinbäuerliche Landwirtschaft kaputt, will man nur ablenken und verunsichern. Seitdem ich Biobauer bin, hat sich der BBV für die Biobauern nicht in geringster Weise interessiert - und jetzt sollen die Biobauern für eine Argumentation herhalten, die völlig abwegig ist. Durch die jahrzehntelange falsche Agrarpolitik wurden zahlreiche kleine Betriebe gezwungen aufzugeben: Bauern sollen immer mehr und immer billiger produzieren sowie Nebenjobs wie Landschaftspflege oder Urlaub auf dem Bauernhof leisten. Kleine Betriebe verlieren ihre gepachteten Flächen, weil große Betriebe völlig überhöhte Pachtpreise zahlen. Vor Jahren befürwortete der BBV das Auslaufen der Milchquote und ließ damit den völligen Wertverfall des Milchkontingents zu. Verluste für die Milchbauern in Millionenhöhe waren die Folge. Und wo bleibt der Widerstand des BBV gegen das Wegbrechen der Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete in Teilen Bayerns wie aktuell in der Gemarkung Seuversholz? Wenn das Volksbegehren gelingt, wird die Politik den Landwirten endlich sehr gute Angebote machen müssen, damit zum Beispiel mehr Blühflächen, vernetzte Biotope, durchgängige Uferrandstreifen entstehen. Dies kann nur über Ausgleichszahlungen, neue Flurbereinigungen oder Flächentausch gelingen. Das bisherige Kulap (Kulturlandschafts-Programm) zeigte kaum Wirkung, das Arten- und Bienensterben ging weiter. Nur über ein neues, wesentlich erweitertes "Kulap Plus" als Folge des Volksbegehrens kann echte Verbesserung erzielt werden. Landwirte, die dann an den entsprechenden Programmen teilnehmen, sollen Förderungen erhalten. Landwirte, die keine Blühflächen, und die späten Mäh-Zeitpunkte nicht akzeptieren, werden zu den Programmen auch nicht gezwungen werden. Sie können dann aber auch keinen finanziellen Ausgleich erhalten. Auch vom Zwang zur Umstellung auf "Bio" ist im Volksbegehren keine Rede. Ziel ist es aber, den "Bioanteil" zu erhöhen. Auch CSU und FW wollen laut Koalitionsvertrag den "Anteil an ökologisch bewirtschafteter Fläche in Bayern" auf 20 Prozent der bewirtschafteten Fläche verdoppeln. Den Landwirten muss die bayrische Regierung damit entsprechende Angebote machen, ihre Betriebe umzustellen. Zu erwähnen ist, dass sieben der zehn Gutsbetriebe der Stadt München bereits auf "Bio" umgestellt haben, damit gut wirtschaften und haufenweise Fördergelder einstreichen.

Unsere Milchviehbetriebe haben zu lange gezögert, den "Bio-Weg" einzuschlagen. Deshalb wird zurzeit viel Bio-Milch aus Österreich importiert, wo jetzt schon 27 Prozent Bioanbau stattfindet. Mit dem Volksbegehren wird die Politik aufgefordert, auch für neue Bio-Absatzwege zu sorgen, in Schulkantinen, in Krankenhäusern, staatlichen Kantinen und so weiter. Lidl, einer der größten Discounter weltweit, der die konventionellen Bauern seit Jahren preislich drückt, hat vor einigen Wochen mit dem Ökoanbauverband Bioland Verträge auf Augenhöhe für die Vermarktung geschlossen.

Man sollte nicht immer alles totreden und Angst verbreiten, sondern positiv nach vorne schauen: Das Nichtraucherschutzgesetz (dem der Ruf vorauseilte "die Oktoberfestwirte gehen pleite"), der Atomausstieg (verbunden mit der Angst "die Lichter gehen aus") können uns als ermunternde Beispiele dienen. Ein Argument der Gegner des Volksbegehrens jedoch ist völlig richtig: Nicht allein die Bauern müssen das Artensterben verringern, sondern alle - Bürger aus Stadt und Land, Gemeinden, Landkreise und jeder, der Flächen besitzt. Ministerpräsident Markus Söder hat jetzt schon angekündigt, nach dem Volksbegehren nicht nur die Bienen, sondern auch die Bauern zu retten. Das wird er aber nur machen, wenn sich 10 Prozent der Wahlberechtigten im Rathaus eintragen, und er dadurch zur Reaktion gezwungen wird.

Christoph Daum
Preith

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