Dießen
Alles so schön grün hier

Historischer Schacky-Park in Dießen war jahrzehntelang eine Wildnis

31.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:34 Uhr

Foto: DK

Dießen (DK) Viele Gründe gibt es, an den Ammersee zu fahren. Und viele, sich gleich mehrere Stunden in Dießen am Süd-Westufer aufzuhalten: das prächtige Marienmünster über der Stadt, das Carl-Orff-Museum auf dem Weg zur Kirche. Und wer sich der Ortschaft von Süden nähert und an der Tankstelle kurz vor Ortseingang links abbiegt, ist nach wenigen Metern in einer anderen Welt. Dort erstreckt sich der Schacky-Park, ein Kleinod im Grünen, ein ganz besonderer Ort in der idyllischen und mit Grün wahrlich reich gesegneten Fünf-Seen-Landschaft.

Im Stil eines englischen Parks angelegt, mit weiten Sichtachsen, ehrwürdigem Baumbestand, Brunnen und griechischen Götterstatuen, kleinen und großen Monumenten, einem prächtigen Apfelspalier, Bienenkörben, einem asiatischen Teehaus oder dem Monopteros, der den Mittelpunkt, das Herzstück des Idylls bildet. Viele Bänke laden dazu ein, zu verweilen und die friedliche Atmosphäre zu genießen.

Schwer vorzustellen ist bei derartigen fast schon meditativen Pausen, dass der Park bis vor knapp zwölf Jahren noch ein ruinöser Ort, ein komplett überwuchertes Gelände war. Dass der Teich von Landwirt Klement Noll ausgebaggert, dass die Wege regelrecht frei gehauen werden mussten. "Und Kühe haben auf den Wiesen gegrast. Es war wohl Bayerns skurrilste Weide", sagt Christine Reichert, Vorsitzende des Ende 2005 gegründeten Förderkreises, dem das historische Areal, das Jahrzehnte im Dornröschenschlaf lag, sein heutiges Aussehen verdankt. Die Gemeinde Dießen, die das Gelände für 30 Jahre von den Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vincent gepachtet hatte, übergab die Wildnis in die Hände des Vereins.

Wie aber kam der Orden in den Besitz des Areals? Und wer war Ludwig Freiherr von Schacky auf Schönfeld, der sich 1903 Wiesen kaufte, um diesen repräsentativen Garten mit Putti und Flussgöttern in Brunnen anzulegen? Er war königlicher Kämmerer unter Prinzregent Luitpold von Bayern, Vorbild war ihm der Englische Garten in München. Dort lebten er und seine Familie, der dortige Monopteros, Wahrzeichen der immensen städtischen Grünanlage bis heute, war nicht weit entfernt. Der Freiherr starb 1913, bis 1922 nutzte die Familienstiftung den Park, dann erwarb ihn Georg Heim, Mitgründer der Bayerischen Volkspartei und Präsident der Landesbauernkammer, den Park. 1933 entzogen ihm die Nationalsozialisten alle Ämter, er verkaufte den Park an den Orden, der ihn Jahrzehnte landwirtschaftlich nutzte, Brunnen und Statuen verfielen, die Rindviecher fühlten sich dort wohl.

Die Kühe im Dickicht und auf den Wiesen seien aber auch ein Glücksfall gewesen, erklärt Reichert. "Sie haben immer die Setzlinge weggefressen." Sonst wären alles noch viel schlimmer gewesen. "Der Park funktionierte, nachdem wir ihn freigelegt hatten, mit seinen Sichtachsen und seinem Charakter noch als Park. Das hat uns alle motiviert. Uns beflügelte die Aussicht, den Park wiederherzustellen, mit einer fantastischen Aufbruchstimmung." Der Park sei immer verschlossen gewesen, geheimnisvolle Geschichten habe man sich erzählt und heimlich hineingeschlichen. Auch das sei Ansporn gewesen.

Mehr als 500 Mitglieder zählt der Verein inzwischen. 80 sind aktiv, davon allein 40 mit bürokratischen und organisatorischen Aufgaben beschäftigt, so Christine Reichert. Sie kümmern sich auch um die finanzielle Unterstützung, suchen Sponsoren. Neben Geld von Privatspendern und Stiftungen fließen inzwischen auch Beträge von Leader (europäische Fördermittel). Die Kosten sind auch enorm. 120 000 Euro betrug die Sanierung des Teehauses, dazu kamen 9000 ehrenamtliche Arbeitsstunden, die Restaurierung des Monopteros schlug mit 65 000 Euro zu Buche.

40 Mitglieder gingen "der ständig nachwachsenden Arbeit" nach, sagt Reichert. Das Grün sprießt und gedeiht prächtig. Aber sie könnten längst mehr leisten. "Wir haben als Gärtner angefangen und sind als Archäologen herausgegangen", sagt die Vorsitzende des Förderkreises, der vom Amt für Denkmalspflege beraten wird. Im Erdreich waren viele der Skulpturen vergraben, andere waren im Lauf der Jahrzehnte mitgenommen worden und stehen nun womöglich in Privatgärten. "Die Aphrodite fehlt", sagt die 66-jährige Reichert. Andere Elemente im Stil des Historismus tauchten so plötzlich wieder auf, wie sie verschwunden waren. Zwölf Vasen lagen über Nacht unverhofft wieder da.

Neben der Instandhaltung, der Gartenarbeit im großen Stil gibt es bereits viele weitere Pläne. Der prächtige mehr als 100 Jahre alte Zaun an der Promenade soll saniert werden, im Ententeich wird bald wieder eine Fontäne sprudeln. Ein "Jahrhundertprojekt" werde der sukzessive Umbau des Waldes, der auch zum Gelände gehört, in einen Parkwald. Der vorwiegende Fichtenbestand werde nach und nach ersetzt, in vielen Bäumen sitze der Borkenkäfer. Und es wird hell auf den Wegen, wie einst zu Zeiten von Graf Schacky, der ein fortschrittlicher Mann war und den Park 1904 erdverkabelt illuminieren ließ. Die 1,90 Meter hohen historischen Lampen mit schmiedeeisernen Ranken und Vasenteil werden den Park - mit genehmigter Solaranlage - in naher Zukunft erhellen. "Das wird kein greller Schein, sondern sanftes, zartes Licht", schwärmt Christine Reichert in Vorfreude. Und was bedeutet der Park für sie persönlich? "Er ist ein Lebensgeschenk."

 

Schacky-Park, Dießen. Von Ostern bis Oktober außer montags von 10 bis 19, ab November bis 18 Uhr. Führungen an jedem zweiten Samstag um 15, im Winter um 14 Uhr. Es gibt ein Ausflugspaket mit Kutschfahrt durch Dießen, Parkführung und Rast im Teehaus an. Im Park finden Konzerte statt. Infos unter www.schacky-park.de.