Ingolstadt
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Unterhaltung ist eine anstrengende Angelegenheit – auch als Clown im Zirkus

07.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:40 Uhr
DK-Redakteur Bernhard Pehl ist im Circus Busch als Clown aufgetreten. −Foto: Hauser, Johannes, Ing (Hauser)

Ingolstadt (DK) Es gibt Erfahrungen im Leben eines Menschen, die bleiben unvergesslich. Ein Gastspiel als Clown im Zirkus gehört zweifellos dazu. Der Verfasser dieser Zeilen durfte gestern im Zirkus Paul Busch auftreten, der noch bis Mitte August in Ingolstadt auf dem Volksfestplatz gastiert.

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Das hört sich so einfach an: Als Zirkusclown die Leute zum Lachen zu bringen. Einen Haufen Schminke ins Gesicht, unpassende Klamotten und ein paar mehr oder weniger gelungene Gags, über die zumindest die Kinder lachen können. So stellt man sich das Leben eines Zirkusclowns vor. Gut, das mit den Kleidern stimmt. Und mit der Schminke auch. Wobei man es da nicht übertreiben darf. „Wir sind moderne Clowns“, sagt Karlito, im wahrsten Sinne des Wortes das Aushängeschild des Zirkus Busch – sein Konterfei prangt auf allen Plakaten. Das heißt, die Schminke darf nicht zu dick aufgetragen sein, da sonst die Kinder Angst bekommen. Ein Paradigmenwechsel, nicht zuletzt wegen einschlägiger Gruselfilme und der Horrorclowns in jüngster Vergangenheit.

Doch Karlito und sein neuer Kollege gehören natürlich zu den Guten. Aber ein bisschen Schminke muss sein – für einen Mann eine ungewohnte Prozedur. Hinein ins neue G’wand, und schon steht dem Auftritt nichts mehr im Wege. Außer den diversen Tieren, die da bereits in der Menagerie warten. Das ist der für die Zuschauer unsichtbare Bereich hinter dem Vorhang, wo alle reinkommen. Ziemlich dunkel, bisweilen etwas eng und dennoch komplett durchstrukturiert. Jeder weiß, wo er zu warten und zu stehen hat und vor allem, wo die Pferde, Kamele und die Bisons und die Rinder mit den riesigen Hörnern sich ihren Weg bahnen. Denen sollte man besser nicht im Weg stehen. . .

Während im Zelt bereits die erste Musik läuft und eine gewisse Anspannung sich breitmacht, gehen die beiden Clowns nochmals ihren Auftritt durch. Dem Kollegen folgen und läppische vier Hocker mitten im Zelt in einer bestimmten Richtung aufstellen. Karlito setzt vier Zuschauer drauf, und dann unter den vier verschränkten „Freiwilligen“ die Hocker wegziehen. Rausgehen, vom Direktor wieder reingeschickt werden und dann mithilfe von zwei jungen Herren in Livree den Leuten in die Höhe helfen. Eigentlich ganz einfach, oder?

Ist es auch. Und das Hinstellen der Hocker hat auch noch ganz gut geklappt. Das Wegziehen dann schon nicht mehr. Das hat Karlito gemacht, Spross der siebten Generation einer Zirkusfamilie. Weil sein Assistent leider das vereinbarte Stichwort nicht gehört hat. Der war nämlich während dessen damit beschäftigt, zu lächeln, zu applaudieren, Leute zu animieren, Kindern zuzuwinken und zu allem Überfluss auch noch auf eine völlig übertriebene Art und Weise wie ein Besoffener durch die Manege zu laufen. Und alles bei laufender Musik und in einem strammen Tempo, mit wenigen genau getakteten Pausen.

Dafür hat der frischgebackene Assistent dann andere Sachen gemacht. Hat beim Verbeugen die eigens dafür sehr locker aufgesetzte Mütze verloren. Statt nach hinten ist sie nach vorne gefallen – aber was soll’s. Hat hinter dem Rücken seines „Chefs“ Faxen gemacht und hinterher ganz unschuldig getan, was vor allem die Kinder ungemein amüsiert hat.

Etliches hat der Clown-Assistent aber nicht geschafft – ganz im Gegensatz zu Karlito. Der hatte gleich nach seinem Auftritt als Clown noch einen als Klavierspieler. Danach hat er immer wieder den Vorhang aufgehalten, Bisons und Langhornrinder in die Manege geführt und Utensilien an ihren richtigen Platz gestellt, damit sie beim nächsten Mal wieder zur Hand sind, wenn es heißt „Manege frei“.

So faszinierend die Manege auch ist – das Spiel hinter dem Vorhang ist genauso spannend. Wenn der Begriff Multitasking seine Berechtigung hat, dann hier. Unzählige Hände werden benötigt, um den schönen Schein in der Manege zu wahren, um eine zweistündige Vorstellung reibungslos ablaufen zu lassen. Doch was am Ende zählt, ist der Applaus des Publikums. „Ein Artist geht rein, macht seinen Auftritt und ist fertig. Als Clown musst du das Publikum gewinnen“, sagt Karlito – was ihm mit seiner großen Erfahrung wieder einmal gelungen ist. Für seinen Helfer für einen Nachmittag war es mehr als nur ein Ferienjob: ein unvergessliches Erlebnis.