Eichstätt
Aerobicfieber und Frauenpower

Faustball, Volleyball, Turnen, Badminton und Einrad gibt es beim VfB Eichstätt bis heute

26.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:17 Uhr
  −Foto: VfB-Archiv

Eichstätt - "Wir garantieren Spaß, Schweiß, Sport vom Feinsten und danach einen gemütlichen Umtrunk im Sportheim" - so wirbt eine der traditionsreichsten Sparten des VfB Eichstätt auf der Homepage des Vereins für sich.


Die Rede ist vom Faustball. Das Spiel, das wohl bereits den alten Römern bekannt war, kann als Vorläufer des Volleyballs gesehen werden: Es geht darum, den Ball so in das Feld der gegnerischen Mannschaft zu schlagen, dass diese den Ball nicht mehr zurückspielen kann. Beim Faustball wird der Ball entweder mit der Faust oder dem Arm geschlagen und er darf nach jedem "Kontakt" einmal aufspringen.
Die Faustball-Abteilung war eine der ersten, die sich beim Verein für Bewegungsspiele neben dem Fußball etablierte. Bereits 1927 verzeichnet die Chronik den Gewinn der Bezirksmeisterschaft. Sportliche Höhepunkte gab es für die Eichstätter dabei hauptsächlich in den 1950er- und 1960er-Jahren, als vor allem die Bereitschaftspolizei viele gute Faustballer hervorbrachte.
In den 1970er-Jahren wurde die Sportart zunehmend vom Volleyball verdrängt, aber 1977 nahm der VfB erstmals wieder an einer Meisterschaftsrunde im Faustball teil und belegte den zweiten Tabellenplatz. Es fanden sich immer wieder Engagierte, die den Faustball am Leben hielten. Heute spielen und trainieren in der kleinsten Sparte des VfB Eichstätt noch sechs Aktive regelmäßig.
Die Turnsparte wird wie der Gesamtverein heuer bereits 100 Jahre alt. Dass sie die Jahrzehnte scheinbar alterslos überstanden hat, liegt auch daran, dass sie sich stets dem Zeitgeist angepasst hat. 1920 war die Teilnahme an den regelmäßigen Turnstunden für alle aktiven Fußballer Pflicht; wer unentschuldigt fehlte - oder am Samstag nach 22 Uhr in einem Gasthaus angetroffen wurde -, durfte am Sonntag nicht spielen. Erst im Laufe der Zeit emanzipierte sich die Abteilung vom Fußball. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die Sparte zunächst das "klassische" Turnen wieder auf. In den 1950er-Jahren nahmen die VfB-Turner regelmäßig an Wettbewerben teil, die Chronik notiert unter anderem die Erfolge von Günther Sturm beim Landesturnfest 1956 oder von Rudi Nürnberger bei der Gaumeisterschaft im selben Jahr. Die 1960er- und 70er-Jahre standen vor allem im Zeichen der Kinderturnfeste.
Doch dann wurde es modern. 1983 startete Elisabeth Auenhammer beim VfB Eichstätt Übungsabende in "Nonstop-Gymnastik mit Discomusik" - das Aerobicfieber hatte Eichstätt erreicht. Ob Wirbelsäulengymnastik, "Sport, Spiel und Spaß" für Grundschulkinder, Breakdance oder Eltern-Kind-Turnen: Mit immer neuen Angeboten für jedes Alter war und ist die Sparte Turnen eine der aktivsten im VfB Eichstätt, was auch den engagierten Übungsleiterinnen und Übungsleitern zu verdanken ist.
Die Sportart Badminton hat in Eichstätt ebenfalls eine lange Tradition - zumindest im Freizeitbereich. Für das Jahr 1956 notiert die Vereinschronik des VfB: "Groß in Mode war zu dieser Zeit das Federballspiel. Die Begeisterung auf Eichstätts Straßen und Plätzen war so enorm, dass die Polizei mit gebührenpflichtigen Verwarnungen drohen musste. "
Als eigene Sparte des VfB tritt Badminton erst Ende der 1980er-Jahre in Erscheinung - Ludwig Graubmann junior hatte sie ins Leben gerufen. Heute spielen die Federballer des VfB Eichstätt zwar regelmäßig, aber ohne den "Stress" des Punktspielbetriebs.
Nicht nur mittendrin im Punktspielbetrieb, sondern oft auch ganz oben stehen dagegen die Volleyballerinnen des Vereins. Denn bis auf wenige Ausnahmejahre - 1985 etwa präsentierte sich eine Herrenmannschaft, die auf Anhieb Meister der Kreisklasse Nord wurde - dominieren hier eindeutig die Damen.
Alle Erfolge der vergangenen 40 Jahre hier aufführen zu wollen, führte zu weit, werfen wir stattdessen einen Blick ins VfB-Sportecho 1/2000: In ihrer dritten Saison schaffte die neu gegründete zweite Damenvolleyballmannschaft den Aufstieg in die Kreisliga. Spielerin Franni Rudingsdorfer schreibt über die Anfänge ihre Mannschaft: "Etwa vier Jahre ist es her, dass ein kleiner Kreis von ahnungslosen Volleyballerinnen zusammenkam, um die erste Einheit unter dem ehrfürchtig betrachteten Trainerguru, bekannt als Gilli, zu bestreiten. "
Dem Leser der Vereinszeitschrift wird bald klar, dass der Respekt vor "Gilli" Gilbert Hug nicht nur in seinen sportlichen Erfolgen begründet war: Er animierte seine Damen wohl gerne beim Skiausflug zu feuchtfröhlichen Abenden - um sie dann morgens um 7 zum Joggen antreten zu lassen. Außerdem nimmt er nie ein Blatt vor den Mund. In derselben Ausgabe des Sportechos kritisiert er: "Da Volleyball im Vergleich zu anderen Ballsportarten im VfB eine technisch schwierige Disziplin darstellt, ist das Interesse der VfBler trotz stetiger Erfolge der Volleyballerinnen - auch die Damen I wurden Zweite in der Bezirksklasse und konnten wieder aufsteigen - gleich null! "
Heute sind die Volleyballdamen auf jeden Fall eines der Aushängeschilder des VfB Eichstätt: Im März konnten sie sich bereits am vorletzten Spieltag, gerade noch rechtzeitig vor den Corona-Einschränkungen, die Meisterschaft in der Bezirksliga sichern.
Die letzte Sparte des Vereins, die hier vorgestellt werden soll, ist im doppelten Sinne die jüngste: Seit Sommer 2008 gibt es die "Rennschnecken" des VfB Eichstätt. Bei Jutta Kleesattel können Kinder aus allen Altersstufen einmal wöchentlich das Fahren, freies Aufsteigen, Pendeln, Hüpfen, Fliegen, Rückwärtsfahren lernen - und zwar auf dem Einrad. Inzwischen gibt es auch Kurse für Familien und Erwachsene.
Der "Verein für Bewegungsspiele" macht also auch nach 100 Jahren seinem Namen alle Ehre. Und er ist, trotz aller Erfolge, mehr als "nur" Fußball. Oder, wie es im Jahr 2000 der erwähnte Volleyballtrainer formulierte: "Auch in Sparten, die scheinbar nebenher laufen, lebt der VfB! "

EK