Abgründe der Logik

07.02.2007 | Stand 03.12.2020, 7:04 Uhr

Ingolstadt (DK) Günther Paal aus Wien ist "Gunkl". Günther Paal ist schwierig. Falsch! Das wissen wir nicht. Sein Programm ist schwierig. Sagen das alle? Was denkt die Mehrheit darüber? Ist die Realität schwierig, die es abbildet, oder die Abbildung selbst? – In diesem Stil geht es mehr als zwei Stunden lang weiter in der ausverkauften Neuen Welt, in der Gunkl mit seinem achten Soloprogramm "Wir – schwierig" die diesjährigen Kabaretttage eröffnet.

"Die Welt ist alles, was der Fall ist." Dieser Satz ist nicht von Gunkl, sondern von Ludwig Wittgenstein und so etwas wie der Dreh- und Angelpunkt der geistigen Höhenflüge des Günther Paal. Von ihm geht er aus und lädt sein Publikum ein zu einem Rundflug durch die höheren Gefilde der theoretischen Logik, dorthin, wo die Luft ziemlich dünn wird, streift dabei die Disziplinen der Anthropologie, Theologie, Soziologie und der Mathematik, erklärt uns die internen Zusammenhänge von Kommunikations- und Medienwissenschaften, fügt einen Exkurs in die Linguistik und zu den Thea-terwissenschaften ein, doziert über den Analogieschluss und die Verbindungen zwischen Vorstellung, Realität und Wahrheit. "Unsere Existenz hat keinen Sinn", sagt er am Ende, "sie ist nur so passiert."

Was Gunkl binnen 130 Minuten leistet, ist gedanklich mörderisch. Er muss präsent haben, was andere kaum kapieren. Ja, dieses Programm ist schwierig, fürwahr, und wer als Zuhörer irgendwann aussteigt – was ob Gunkls kognitiver Rasanz fast verständlich ist –, hat verloren. Denn der gönnt dem Gehirn keine Pause und dem Zuhörer kaum ein befreiendes Lachen. Fast satirefrei, fast pointenfrei referiert und reflektiert er, verzichtet er auf dramaturgische Hilfsmittel und weitgehend auch auf Dynamik erzeugende Spannungsbögen.

Erstaunlicherweise hört man sich ein, hat man erst einmal die Verwunderung der ersten zehn Minuten über den Vortragsstil und die sich abzeichnende Komplexität des Themas überwunden. Dann kommt die Phase, in der man an den Lippen des Sprechers hängt und neidlos anerkennt, dass jener bei all den gedanklichen Loopings doch durchgehend blitzgescheit, absolut logisch und folgerichtig argumentiert. Am Ende freilich ist man wie erschlagen, denn Gunkl bedeutet in erster Linie nicht Amüsement, sondern Arbeit.

Bei den Ingolstädter Kabaretttagen gab es in jedem Jahr Künstler, die in Erinnerung blieben, weil ihr Programm ein "besonderes" war. Für 2007 wäre das mit der Eröffnung und mit Gunkl schon mal erledigt. War eigentlich überhaupt schon mal einer in den 22 Jahren des Festivals hier zu Gast, der dem Publikum dermaßen viel abverlangte?

"Wir – schwierig", ein einerseits faszinierendes Programm über Gedankenkonstrukte und absonderliche Kausalketten, aber auch eines, das einem alles ab fordert . Schnell mal nebenbei konsumieren, wäre ein Ding der Unmöglichkeit.