16-Jähriger bekommt zwei Jahre Jugendstrafe

27.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:25 Uhr

Dietfurt (uke) Eine Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten: Am Montagnachmittag ist am Landgericht Nürnberg-Fürth das Urteil gegen einen 16-Jährigen aus Breitenbrunn gefallen. Ihm wurde vorgeworfen, die Hauptschuld am Drogentod einer 14-Jährigen in Dietfurt zu haben.

Hinter verschlossenen Türen waren insgesamt vier Prozesstage lang die schrecklichen Ereignisse aufgearbeitet worden, die im Sommer vergangenen Jahres nicht nur in Dietfurt, sondern in der gesamten Region für Entsetzen gesorgt hatten. Während in der Innenstadt der Bayrisch-Chinesische Sommer gefeiert wurde, starb nur ein paar Hundert Meter entfernt auf dem Verkehrsübungsplatz der Sieben-Täler-Stadt eine Schülerin der Dietfurter Mittelschule. Die Achtklässlerin hatte sich mit einigen Freunden dort getroffen. Der Angeklagte hatte der Schülerin aus dem Berchinger Ortsteil Sollngriesbach Liquid Ecstasy gegeben. Als es ihr durch eine Überdosis sehr schlecht ging, holte er keine ärztliche Hilfe. Die Anklage lautete deshalb auf Totschlag durch Unterlassen. Wie Friedrich Weitner, Richter am Oberlandesgericht und Leiter der Justizpressestelle, gestern auf Anfrage unserer Zeitung mitteilte, sei die Jugendkammer nach der Beweisaufnahme davon überzeugt gewesen, dass der Angeklagte der Schülerin sowie anderen Jugendlichen „eine nicht mehr näher bestimmbare Menge Liquid Ecstasy“ zur Verfügung gestellt hatte. Die Kammer zeigte sich laut Weitner auch davon überzeugt, dass der Angeklagte bemerkte, dass die 14-Jährige nach der Einnahme des Rauschmittels dringend ärztliche Hilfe benötigte. Darüber hinaus habe er auch auf die anderen Jugendlichen eingewirkt, dass sie keine Rettungskräfte holten.

„Die Schülerin hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gerettet werden können, wenn sie früher ärztliche Hilfe bekommen hätte. Der Angeklagte nahm ihren Tod billigend in Kauf. Auch davon war die Jugendkammer überzeugt“, so Weitner.

In der Urteilsbegründung habe der Vorsitzende Richter dargestellt, dass der Angeklagte die Tat im Wesentlichen gestanden und bereut hatte. Darüber hinaus beruhen die Feststellungen der Kammer auf den Aussagen der anderen Jugendlichen sowie den medizinischen Sachverständigengutachten. Rechtlich bewertete das Gericht die Tat als Totschlag durch Unterlassen. Der Angeklagte habe, weil er die Drogen zur Verfügung gestellt hatte und damit für den Zustand der Schülerin verantwortlich war, eine besondere Pflicht gehabt, ihr zu helfen.

Eine zentrale Rolle bei der Strafzumessung, so Weitner, habe der im Jugendrecht maßgebliche Erziehungsgedanke gespielt. Der Vorsitzende, habe in der Urteilsbegründung ausgeführt, dass das Jugendstrafrecht in erster Linie Erziehungsstrafrecht sei. Es sei bei der Bemessung der Strafe vor allen Dingen darauf angekommen, eine Sanktion zu finden, welche den erzieherischen Anforderungen am besten gerecht wird. Der junge Mann habe Reue gezeigt und auch die Zeugen hätten sich für ihre Tat geschämt. Der Richter sei zu der Erkenntnis gelangt, dass dies „ein tragischer Fall“ gewesen sei. Das Geständnis, die gezeigte Reue, das sehr junge Alter und die erlittene Untersuchungshaft seien zugunsten des Angeklagten berücksichtigt. Auf der anderen Seite mussten die Schwere der Tatfolgen und die Tatsache, dass es sich nicht nur um ein Augenblicksversagen handelte, bei der Bemessung der Strafe herangezogen werden.

Konkret bedeutet das für den 16-Jährigen, dass er die nächsten Monate in der Justizvollzugsanstalt Laufen verbringt, wo er schon seit Juni 2016 untergebracht war. Die Untersuchungshaft würde ihm natürlich angerechnet. Ob er eine Verkürzung der Haftzeit bekommt, darüber würden im Jugendstrafrecht die Anstaltsleiter entscheiden. „Das hängt von der guten Führung ab“, so Weitner. Und auch die Zeugen dieser Todesnacht werden sich juristisch verantworten müssen. Laut Weitner werden sie wegen unterlassener Hilfeleistung in Neumarkt vor Gericht stehen.