„Wir sind gekommen, um zu bleiben“
Aufgewachsen in der ehemaligen Sowjetunion: Ehepaar Schmidtgal begeht Goldene Hochzeit

20.04.2024 | Stand 20.04.2024, 9:00 Uhr
Ralf Schmitt

Die in der ehemaligen Sowjetunion geborenen Ilse und Rudolf Schmidtgal sind seit 50 Jahren verheiratet und in Bertoldsheim endlich da angekommen, wo sie auch bleiben wollen. Foto: Schmitt

An diesem Samstag feiert das Ehepaar Schmidtgal aus dem Rennertshofener Ortsteil Bertoldsheim seine Goldene Hochzeit. Nach einem funktionierenden Rezept für einen gemeinsamen fünfzigjährigen Lebensweg befragt, kommt die Antwort sehr schnell: „In jeder Familie gibt es Höhen und Tiefen, Lachen und Weinen, Sonne und Regen. Aber alles kann man schaffen, wenn man zusammenhält“, ist Jubilarin Ilse Schmidtgal überzeugt.

Und auf Zusammenhalt, nicht nur in ihrer Ehe, sondern in der ganzen Familie, wird allerhöchster Wert gelegt. Zu diesem engeren Familienkreis gehören neben den beiden Söhnen mit Ehefrauen noch acht Enkelkinder. Ebenfalls als „unsere“ Enkel bezeichnet das Ehepaar Schmidtgal die dreijährigen Zwillinge eines befreundeten Paares. „Also haben wir eigentlich zehn Enkel“, rechnet Ilse Schmidtgal nach.

Kennengelernt hat Ilse ihren Rudolf, den sie liebevoll Rudi nennt, als 19-Jährige in einer kleinen Ortschaft in Kasachstan, in der die beiden damals lebten. Der knapp sechs Jahre ältere Zimmermann war ihr im Gemeinschaftshaus des Dorfes ins Auge gestochen und so hat sie ihn gleich angesprochen. Die Chemie zwischen den beiden stimmte sofort und bereits acht Monate nach diesem Kennenlernen wurde im gleichen Gebäude geheiratet.

In der damaligen Sowjetunion war es verboten, kirchlich zu heiraten. Trotzdem hat sich die Braut zur standesamtlichen Trauung für ein weißes Hochzeitskleid entschieden. Da beide deutschstämmige Vorfahren haben, wurden die anschließenden Feierlichkeiten auch nach deutschem Vorbild zelebriert. Einziger Unterschied: In Kasachstan dauern Hochzeitsfeiern drei Tage. „Und es gibt mehr Wodka“, ergänzt Rudolf Schmidtgal lachend.

Eineinhalb Jahre später kam Sohn Eduard zur Welt. Im Alter von sechs Jahren bekam er mit Viktor dann noch ein Brüderchen. Da Ilse und Rudolf Schmidtgal aufgrund ihrer Abstammung von klein auf kein leichtes Leben in Kasachstan hatten, beschlossen sie, 1994 nach Deutschland auszuwandern. Ihnen folgten damals noch weitere zwölf Familienangehörige. „Wir alle wollten, dass unsere Kinder und Kindeskinder Deutsch sprechen können, ohne dafür ausgelacht zu werden“, nennt Ilse Schmidtgal den Hauptgrund für diesen Entschluss.

Obwohl man in Kasachstan bereits ein Wohnhaus besessen hatte, musste das Land fast mittellos verlassen werden. „,Ihr Faschisten seid mit nur einem Koffer gekommen, ihr werdet auch nur mit einem Koffer wieder gehen‘, haben wir da oft zu hören bekommen“, erinnert sich die 69-Jährige heute noch ungern an diese Zeit.

Rohrenfels war die erste Station in Deutschland. Etwas später zog die junge Familie nach Rennertshofen. Seit 2001 bewohnen die Schmidtgals ein eigenes Haus in Bertoldsheim. „Und wir sind hierher gekommen, um auch zu bleiben“, betont Ilse energisch.

Gemeinsam fahren die beiden Jubilare gerne mit dem Rad durch die Umgebung von Bertoldsheim. Ilse Schmidtgal arbeitet in ihrer freien Zeit an einer äußerst gründlich angelegten Familienchronik, die sie auch voller Stolz und gerne vorzeigt.

Die Goldene Hochzeit ist ein wichtiges Fest für das Jubelpaar, da es auch sehr seiner gelebten deutschen Tradition entspricht. „Den Grundstock für dieses Deutschsein hat meine Großmutter Adeline gelegt. Der war unsere Abstammung immer sehr wichtig und sie hat stets dafür gesorgt, dass die nicht in Vergessenheit gerät“, erklärt das Ilse Schmidtgal. Gefeiert wird der Jubeltag in einem Restaurant in Donauwörth. „Wir erwarten dazu circa 25 Gäste, auf die wir uns schon sehr freuen“, so das Ehepaar übereinstimmend.

Als Vertreter der Marktgemeinde Rennertshofen wird auch Bürgermeister Georg Hirschbeck Glückwünsche zur Goldenen Hochzeit überbringen.

DK