Inspiriert vom Sohn: Djokovic kürt sich zum Wimbledon-Champion

15.07.2018 | Stand 02.12.2020, 16:04 Uhr
Novak Djokovic hält nach seinem Sieg die Trophäe in die Luft. −Foto: Tim Ireland (AP Pool)

London (dpa) - Als er seinen dreijährigen Sohn Stefan nach seinem Wimbledon-Triumph auf der Tribüne sitzen sah, wurde Novak Djokovic noch emotionaler. „Es fühlt sich unglaublich an. Denn zum ersten Mal habe ich jemanden, der Papa, Papa schreit. Ich kann nicht glücklicher sein“, sagte der 31-Jährige gerührt und scherzte: „Er war der beste Trainingspartner, den ich in den letzten zwei Wochen hatte.“

Als der serbische Tennis-Star am Sonntag den Wimbledon-Pokal küsste, klatschte der kleine Stefan begeistert. 6:2, 6:2, 7:6 (7:3) leuchtete als klares Ergebnis für den Rückkehrer Djokovic auf der Anzeigetafel auf. Nach den Endlos-Halbfinals wurde der finale Schlussakt zweier Wimbledon-Wochen zu einer einseitigen Angelegenheit. In 2:19 Stunden feierte der frühere Schützling von Boris Becker seinen vierten Wimbledon-Sieg nach 2011, 2014 und 2015 - und ein glänzendes Comeback nach mehr als zwei Jahren ohne Grand-Slam-Titel.
 
„Die letzten zwei Jahre waren nicht so einfach, ich hatte eine OP und war sechs Monate von der Tour weg“, erinnerte Djokovic, für den am Abend das gemeinsame Champions Dinner mit Angelique Kerber anstand. „Ich hatte viele Momente, in denen ich gezweifelt habe. Es gibt keinen besseren Ort für ein Comeback.“ Zuvor hatte der 31-Jährige im Tiebreak des dritten Satzes dank eines verschlagenen Returns seinen zweiten Matchball verwandelt. Die frühere Nummer eins der Tennis-Welt ging in die Knie, blickte in den Himmel und kaute genüsslich auf einem Stück Gras, wie er es auch nach vorangegangenen Siegen beim berühmten Rasen-Turnier in London schon getan hatte. Das Endspiel war auch von den anstrengenden Halbfinals beeinflusst worden. Djokovic hatte in einem Duell über zwei Tage und insgesamt 5:15 Stunden den spanischen Weltranglisten-Ersten Rafael Nadal niedergekämpft. US-Open-Finalist Anderson hatte sich mit dem US-Profi John Isner in 6:36 Stunden das zweitlängste Match der Wimbledon-Geschichte geliefert. 21 Stunden schuftete er auf seinem Weg in sein erstes Wimbledon-Endspiel. Er habe sich definitiv nicht mehr so frisch gefühlt, sagte der 32-Jährige.
 
„Aber ich hätte noch mal 21 Stunden gegeben, um in dieses Finale zu kommen.“ Am Tag nach dem Wimbledon-Coup von Kerber als erster deutscher Siegerin seit Steffi Graf 1996 spürte Anderson offenbar noch die Nachwirkungen. Schon Ende des ersten Satzes ließ sich der Weltranglisten-Achte am Arm behandeln. In den ersten beiden Durchgängen hatte der US-Open-Finalist von 2017 keine Chance, rackerte im dritten Satz aber unermüdlich weiter. Zum 5:5 und 6:6 musste Djokovic insgesamt fünf Satzbälle abwehren. „Im dritten Satz war er der bessere Spieler. Ich war glücklich, da durch zu kommen“, gab der Serbe zu. Nach zwei problematischen Jahren ohne Grand-Slam-Titel, nach einer langwierigen Ellbogenverletzung und Motivationsproblemen präsentierte sich Djokovic rechtzeitig für Wimbledon so stark wie seit seinen Glanzzeiten 2016 nicht mehr.
 
Der Familienvater beendete den Traum von Nadal, zum dritten Mal in einem Jahr die French Open und Wimbledon zu gewinnen und zerstörte im Finale die Hoffnung von Anderson auf den ersten Grand-Slam-Titel. Er habe selbst Zweifel gehabt, ob er wieder so stark werden kann wie zu seinen Glanzzeiten, sagte er. Bis vor zwei Jahren hatte Djokovic das Herren-Tennis zeitweise dominiert und nach seinem French-Open-Coup 2016 zwischenzeitlich alle Grand-Slam-Titel in seinem Besitz gehabt. Der Weg zu seinem 13. Sieg bei einem der vier wichtigsten Turniere war womöglich auch durch das überraschende Scheitern von Federer ermöglicht worden. Der Publikumsliebling hatte in der Runde der besten Acht gegen Anderson mit zwei Sätzen vorn gelegen und einen Matchball vergeben.