Roth
"Gleiche Voraussetzungen für alle"

Rother Triathletin Rebecca Robisch über ihre Klage gegen den DOSB und die Chancen auf ein Olympia-Ticket

15.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:32 Uhr

Kämpft um ihren Olympia-Start: Rebecca Robisch will die Nominierung für Rio einklagen. Spätestens am Montag wird das Urteil erwartet. - Foto: Imago

Roth (DK) "Deutschland sollte die besten Sportler schicken und nicht Plätze einfach verfallen lassen", sagt Triathletin Rebecca Robisch aus Roth, die knapp an der Olympia-Norm vorbeigeschrammt ist und deshalb vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) nicht für die Spiele in Rio de Janeiro nominiert wurde. Warum die 28-Jährige sich trotzdem noch Start-Chancen ausrechnet, hat sie in unserem Interview verraten.

Frau Robisch, liegt Ihre Hoffnung für eine Olympia-Teilnahme in den Händen von Bundeskanzlerin Angela Merkel?

Rebecca Robisch: Warum?

 

Weil Ihre ebenfalls nicht nominierte Triathlon-Kollegin Laura Lindemann sogar an die Kanzlerin appellierte, etwas zu tun.

Robisch: Mein Anwalt meinte, das wäre genauso, also würde sie einen Brief an den lieben Gott schreiben (lacht). Das ist gut gemeint und gut für unsere Aufmerksamkeit. Aber Frau Merkel wird sicherlich nichts unternehmen, sie hat andere Dinge zu tun.

 

Wie realistisch ist denn noch eine Olympia-Teilnahme für Sie?

Robisch: Mein Anwalt schätzt meine Chancen 50:50 ein.

 

Obwohl Sie sich rein sportlich nicht für die Olympischen Spiele qualifiziert haben.

Robisch: Das stimmt. Nur die Anne (Haug, d. Red.) hat die Olympia-Norm erreicht. Ich hätte eine Top-Acht-Platzierung bei einem der ausgewiesenen Rennen vorweisen müssen, entweder in Abu Dhabi oder Yokohama.

 

Worum klagen Sie jetzt?

Robisch: Ich klage darum, dass alle deutschen Startplätze besetzt werden, also nicht nur ein Platz (offiziell hätten dem DOSB drei Startplätze bei den Frauen und zwei bei den Männern zugestanden, d. Red.). Mir geht es dabei nicht nur um meinen Startplatz, sondern um die ganzen offenen Plätze bei den Männern und Frauen.

 

Aber bei anderen Sportarten gelten auch Normen.

Robisch: Eben nicht überall. Es müssen gleiche Voraussetzungen für alle gelten. Nehmen wir das Beispiel Leichtathletik. Da wurden Läuferinnen und Kugelstoßer vom DOSB und DLV (Deutscher Leichtathletik-Verband, d. Red.) nominiert, die nicht die offizielle Norm geschafft haben. Auch wir Triathleten sind knapp an diesen Vorgaben vorbeigeschrammt. Nach dem Gleichberechtigungsgrundsatz plädiere ich deshalb, dass alle offene Plätze besetzt werden. Deutschland sollte die besten Sportler schicken und nicht Plätze einfach verfallen lassen.

 

Deshalb haben Sie Klage eingereicht.

Robisch: Ja. Nach der Bekanntgabe der Nominierten am Dienstag habe ich eine zweite Klage gegen den DOSB eingereicht (erste Klage beim Deutschen Sportgericht, zweite Klage bei einem staatlichen Gericht, d. Red.). Zu verlieren habe ich ja nichts mehr. Andere Sportler in meiner Situation würden sich genauso verhalten.

 

Zurückblickend: Haben Sie einen Fehler gemacht?

Robisch: Persönlich kann ich mir nichts vorwerfen. Ich habe hart trainiert, alles versucht und mein Bestes gegeben - aber habe diese Norm eben nicht geschafft.

 

War diese zu hart?

Robisch: Die Nominierungskriterien waren hart. Sie wären allerdings machbar gewesen. Für die Olympischen Spiele 2012 in London war die Norm ein Top-12-Platz. Das wäre meiner Meinung nach auch für Rio ein geeignetes Kriterium gewesen. Aber die DTU (Deutsche Triathlon Union, d. Red.) und der DOSB haben die Norm auf einen Top-8-Platz festgelegt.

 

Ist Ihre Nichtnominierung auch eine Konsequenz, weil Sie den Trainer gewechselt und sich einer anderen Trainingsgruppe angeschlossen haben?

Robisch: Das spielt dabei keine Rolle.

 

Wenn der Traum nun platzt, fallen Sie erst mal in ein Loch, oder?

Robisch: Aus dem Loch bin ich schon wieder raus. Tief unten steckte ich vor rund vier Wochen, als der Nominierungsvorschlag der DTU bekanntgegeben wurde. Das hat mich schon getroffen, nicht dabei zu sein. Mittlerweile bin ich etwas darüber hinweg. Olympia ist für mich ein Stück weit gestorben. Es ist schade, weil es für jeden Sportler ein Traum ist, einmal dort dabei zu sein. Aber ich sehe, dass dabei zu viele politischen Sachen eine Rolle spielen, die mit Sport und Leistung nichts zu tun haben. Das ist für mich besonders schade, weil ich zum Ende des Jahres meine Karriere beenden will. Da wäre Olympia ein schöner Bonus gewesen.

 

Wie lange haben Sie sich auf Olympia vorbereitet?

Robisch: Es war ein langer Zyklus. Wir haben die vergangenen vier Jahre alles auf Olympia ausgerichtet. Es war eine lange und harte Zeit.

 

Wie geht es jetzt weiter?

Robisch: Wir erwarten noch eine Stellungnahme des DOSB zur Klage. Bis spätestens Montag gibt es eine endgültige Entscheidung.

 

Am Wochenende haben Sie noch einen Wettkampf in Hamburg. Können Sie sich darauf überhaupt richtig konzentrieren?

Robisch: Es ist schwer. Ich bin noch nicht richtig in Wettkampfstimmung, weil ich den ganzen Tag über Interviews gebe und mich mit meinem Anwalt abstimmen muss. Es ist gerade viel Organisatorisches zu erledigen. So fehlt mir der Fokus auf den Wettkampf - wobei ich diesen nicht unbedingt brauche. Aber ich bin gespannt auf meine körperliche Leistungsfähigkeit. Ich fühle mich fit und gut.

 

Das Interview führte

Timo Schoch.