Mühlried
Vereinsliebe, die unter die Haut geht

Wappen des SC Mühlried als Tätowierung der besonderen Art auf dem linken Innenarm von Marco Rechenauer

27.03.2020 | Stand 23.09.2023, 11:24 Uhr
SC Mühlried ein Leben lang: Dieses Tattoo befindet sich schon seit dem Februar 2019 auf Marco Rechenauers linkem Arm. −Foto: privat

Mühlried - Gewiss, Marco Rechenauer hätte es so machen können wie viele andere seiner Zeitgenossen - und irgendein undefinierbares Schriftzeichen aus Asien auswählen.

 

Oder ein furchteinflößendes Tierchen, ein schlaues Lebensmotto, eine besondere Blume. Aber nichts von alledem: Der mittlerweile 30-Jährige zeigte sich im Winter 2019, bei der Auswahl seines Tattoomotivs, ebenso eigenwillig beziehungsweise kreativ, wie er ansonsten auch als Torjäger auf dem Fußballplatz agiert. Prompt ziert seinen linken Innenarm jetzt nicht irgendetwas, sondern das Emblem des SC Mühlried. Wahre Vereinsliebe also mal ganz anders - nämlich in der Form, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes unter die Haut geht.

Nein, das Ganze sei keine spontane Idee gewesen. "Ich habe immer wieder darüber nachgedacht, das zu tun - schließlich ist der SCM mein Klub, für den ich bis auf eine Saison in Pipinsried immer gespielt habe - und für den ich das hoffentlich noch möglichst lange machen werde", verrät Rechenauer. Allerletzter Auslöser, die Pläne in die Realität umzusetzen, sei dann der Gewinn des Sparkassencups mit seinen Blauweißen im Januar 2019 gewesen. Erstmals in der Vereinsgeschichte der erste Rang bei der inoffiziellen Altlandkreismeisterschaft in der Halle, all die damit verbundenen Emotionen: Für den Goalgetter war hierdurch endgültig klar, dass es in Bälde in ein Tattoo-Studio für ihn geht.

Und wenn sich Rechenauer etwas vornimmt, dann macht er dies auch - auf dem grünen Rasen genau so wie im normalen Leben. Also: ab in die Schrobenhausener Lenbachstraße - zur für ihre Tätowierungskünste bestens bekannten "Moni". "Aber auch sie musste zunächst mal kurz schlucken, als ich ihr von meinem Wunsch erzählt habe", berichtet der Mühlrieder nun lächelnd: "Das Wappen eines vergleichsweise kleinen Sportklubs aus der Umgebung zu stechen, das stellte sogar für sie eine Premiere dar. "

Allerdings keine, die die Expertin im Februar 2019 vor große Probleme stellte. So dauerte es damals nur knapp zwei Stunden, bis das Wunschmotiv komplett auf Rechenauers linkem Innenarm verewigt war - inklusive des unverwechselbaren Mühlrieder Einhornkopfes und sonstiger Details, das Ganze für nur rund 150 Euro.

Die ersten Reaktionen darauf? "Als es meine Mannschaftskollegen sahen, waren sie zunächst einmal überrascht, dass ich die Sache wirklich durchgezogen habe", berichtet das Offensiv-Ass: "Aber dann bestätigten sie mir doch sehr schnell, dass das Tattoo gut aussieht. " Übertrieben findet der 30-Jährige seine nun auch nach außen dargestellte Vereinstreue nicht: "Ganz einfach, das machte ich rein für mich - und für niemanden anders. Folglich ist es mir im Endeffekt komplett egal, was andere Zeitgenossen davon halten. "

Und wie geht es mit seinem rechten Innenarm weiter? Bleibt er unbehandelt - oder spielt Rechenauer vielleicht schon mit dem Gedanken, ihn ebenfalls tätowieren zu lassen? Als Motiv würde sich ja eventuell das Emblem von Borussia Dortmund anbieten, schließlich gilt der 30-Jährige als riesengroßer BVB-Anhänger, jubelt und leidet mit den Jungs aus der Signal-Iduna-Park mit wie kaum ein Zweiter südlich von Westfalen. "Das habe ich mir tatsächlich auch schon überlegt" nickt der Mühlrieder zustimmend - und lächelt. Einen konkreten Termin, wann es in dieser Hinsicht so weit sein könnte, gibt es jedoch nicht. Vielleicht, nachdem der BVB das nächste Mal Deutscher Fußballmeister geworden ist? Aktuell sieht es für die Dortmunder - und damit für Rechenauer - ja gar nicht so schlecht aus, die Schwarzgelben liegen auf Tabellenposition zwei in der Ersten Bundesliga. Und falls die laufende Saison wegen der Corona-Krise nicht komplett abgebrochen wird, wer weiß, was da noch geht. . .

 

Ja, der Mühlrieder liebt Fußball. Und er beherrscht diese Sportart momentan wie kaum ein anderer im Altlandkreis Schrobenhausen - zumindest, wenn es ums Toreschießen geht. So netzte er allein im Zeitraum vom August 2012 bis jetzt stolze 151-mal in Punktspielen ein, in jeder der vergangenen sieben Spielzeiten verbuchte der 31-Jährige mindestens 15 eigene Treffer. Dass er hierdurch auch für andere Vereine höchst interessant wurde, dass ihn manch einer liebend gerne verpflichtet hätte - wohl nachvollziehbar. Rechenauer wischte jedoch alle Offerten stets vom Tisch. Zusammen mit seinen Kumpels bei "seinem" SCM zu kicken, das bedeutete ihm immer schon mehr als irgendwelche Einsätze in höherklassigen Ligen. Er ist ein stolzer Mühlrieder - und möchte es bleiben.

Obwohl, als blutjunger Akteur hatte es Rechenauer doch für ein Jahr gewagt, die Blauweißen zu verlassen und etwas anderes auszuprobieren. So war er als 18-Jähriger zum FC Pipinsried in die damalige Landesliga Süd gewechselt, um dort für die Gelbblauen immerhin 15 Partien zu bestreiten und einen Treffer zu erzielen. Ein Match davon bestritt der etatmäßige Angreifer sogar als Torwart, aufgrund eines akuten Keepermangels stand er im Auswärtsmatch beim SV Pullach zwischen den Pfosten. Als Konrad Höß davon erfuhr, kam ihm prompt ein "Wo ist der nächste Baum, an dem ich mich aufhängen kann? " über die Lippen. Zum Glück für alle fand der damals noch aktive FCP-Kultpräsident dann aber doch keine passende Eiche, Fichte oder Sonstiges - und Rechenauer ("Ich war ja auch schon in der Mühlrieder B-Jugend im Tor gestanden") machte seine Sache nicht einmal schlecht. Dass die Partie trotzdem 7:1 für die Pullacher endete, darüber legen wir einfach den Mantel des Schweigens. . .

Im Sommer 2009, nach nur einer Saison beim FCP, kehrte Rechenauer wieder "heim" zu seinem SCM. Und seitdem kam für ihn nichts anderes mehr infrage, als das blauweiße (beziehungsweise hin und wieder orange) Trikot der Mühlrieder zu tragen.

Gerade die beiden Kreisliga-Aufstiege mit ihnen im Juni 2011 beziehungsweise im Juni 2019 - emotionale Momente für den Goalgetter, die er niemals vergessen wird. "Und auch aktuell läuft es ja ganz gut", sagt der 30-Jährige völlig richtig. Tabellenrang fünf als Neuling nach bereits 16 absolvierten Spieltagen - das kann sich in der Tat sehen lassen. Rechenauer selbst hat 2019/20 zwar erst sechsmal eingenetzt, aber dafür gingen schon 13 Assists auf sein Konto - ein Wert, den er zuvor nicht einmal in einer kompletten Saison geschafft hatte.

Anscheinend wird der Goalgetter mit zunehmendem Alter immer mannschaftsdienlicher, achtet mehr denn je auf seine Mitspieler. Also ideale Voraussetzungen, um es andernorts vielleicht doch mal als Spielertrainer zu versuchen? "Dahingehend mache ich mir weiterhin keine Gedanken", wiegelt der Mühlrieder aber sofort ab: "Ich schaue nur auf den SCM, die Mischung hier passt. Und wer weiß, was in den nächsten Jahren hier noch möglich ist. "

Nun gut, momentan ist wegen der Corona-Krise überhaupt nichts möglich in Sachen Fußball. Für Rechenauer bedeutet das: Unter Tags arbeiten als Maler und Lackierer, abends dann individuelles Laufen, um fit zu bleiben. Für seinen SCM, dessen Wappen nun bis an sein Lebensende seinen linken Innenarm zieren wird.

SZ

Roland Kaufmann