Peutenhausen
"Muss stets ein bisschen kreativer sein als der Rest"

Knapp drei Monate vor dem GFL-I-Auftakt 2020: Headcoach Eugen Haaf über den Stand der Dinge bei den Ingolstadt Dukes

07.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:28 Uhr
Wichtige Verstärkung: Die Ingolstadt Dukes vertrauen in der neuen GFL-Saison auf der Quarterback-Position auf Chris Forcier, hier noch im Trikot der Furman Paladins. −Foto: Imago Images

Peutenhausen/Ingolstadt - Dass die Kansas City Chiefs nun den Super Bowl LIV in Miami gewannen - der treue Dallas-Cowboys-Fan Eugen Haaf verfolgte es nur am Rande.

 

Zumal er als Headcoach der Ingolstadt Dukes aktuell noch ganz andere Aufgaben zu bewältigen hat. Ja, die American-Football-Saison 2020 in Deutschlands höchster Spielklasse steht unmittelbar vor der Tür - und der Mann aus Peutenhausen hat da mit seinen "Herzögen" eine Menge vor. Was genau? Wie sieht es momentan ganz allgemein bei den Mannen von der Donau aus? Wir lassen ihren Cheftrainer jetzt zu Wort kommen. Eugen Haaf über. . .

. . . den neuen Quarterback: "Chris Forcier ist genau das, was der Doktor für die Dukes auf dieser Position verordnet hat", sagt der Headcoach mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Was ihm am US-Amerikaner so gefällt: "Er ist mit seinen 31 Jahren schon sehr erfahren - und mit 1,92 Metern weist er zudem die richtige Größe auf, um die Situation auf dem ganzen Feld blitzschnell zu scannen. " Forcier spielte zuletzt für die Wroclaw Panthers in Polen, hatte zuvor aber auch schon bei den Milano Rhinos sowie den Pardubice Stallions Praxis in Europa gesammelt. Außerdem war er einst "free agent" bei den New York Jets und den Jacksonville Jaguars gewesen, war dort kurzzeitig sogar vor dem Sprung in die NFL gestanden.

Seine Verpflichtung durch die "Herzöge": reine Chefsache. "Ich habe immer wieder selbst seine Videos angeschaut, über ihn recherchiert, mit ihm telefoniert, mit ihm über seine Spielphilosophie gesprochen", bestätigt Haaf: "Und von Anfang an befanden wir uns auf einer Wellenlänge, die Chemie zwischen uns passte sofort. " Der Headcoach vergleicht Forcier sogar bereits mit Rick Webster - jenen Kultquarterback der Dukes, der sie einst sogar mit einer "perfect season" ohne Niederlage in die GFL I hochgeführt hatte: "Chris ist - wie Rick damals - schon längst nicht mehr im Collegemodus. Er weiß ganz genau, was er will. "

Mit etwas Glück wird Forcier sogar nicht einmal das Ausländerkontingent der "Herzöge" belasten. "Seine Mutter und sein Onkel sind beide in Bremerhaven geboren, deshalb hat er mittlerweile den deutschen Pass beantragt", erklärt Haaf. Und durchaus optimistisch ergänzt er: "Die Chancen, dass er jenen Pass bekommt, sind gar nicht so gering. Das würde uns dann völlig unverhofft weitere Topmöglichkeiten bei der Kaderzusammenstellung bieten. "

. . . über weitere Legionäre, die zu Schlüsselspielern werden könnten: Gerade wenn er an Alpha Jalloh denkt, gerät der Peutenhausener regelrecht ins Schwärmen. "Er ist eine regelrechte Touchdownmaschine", so Haaf über den 26-jährigen Musterathleten aus Sierra Leone: "Er hat zuletzt in Nordeuropa nahezu alles zerstört, war in Schweden zum MVP und zum ,Import des Jahres' gekürt worden. " Jalloh ist als Receiver ebenso einsetzbar wie als Defensive Back. "Und genau so etwas liebe ich - nämlich wenn mir Spieler gleich mehrere Optionen geben, dadurch für den Gegner fast schon unberechenbar werden", stahlt Haaf.

Linebacker Josh Alaeze, der von den Kiel Baltic Hurricanes nach Oberbayern wechselt, wird vom Dukes-Headcoach als "sehr agiler und ausgesprochen emotionaler Typ" bezeichnet: "Ihm traue ich zu, irgendwelche Lücken in der Mitte hervorragend zu verwalten. "

Auch Davarus Shores hat laut Haaf das Zeug, zu einem Kultspieler bei den "Herzögen" zu werden: "Er ist äußerst exzentrisch, aber auch äußerst sympathisch. " Der US-Amerikaner kommt aus Dallas über den Großen Teich - und hatte zuvor auch bereits in Deutschland (Wiesbaden Phantoms, Langenfeld Longhorns), Mexiko, Polen sowie der Ukraine Erfahrungen gesammelt. "Er kann gerade unserer Passverteidigung viel Stabilität verleihen", ist Haaf fest überzeugt.

Den 24-jährigen Simeon Okonta-Wariso, der zuletzt bei London Blitz unter Vertrag gestanden war, bezeichnet der Dukes-Heacoach derweilen "als ausgesprochen talentiert". Damit liegt er gewiss nicht falsch, denn der muskulöse Linebacker ist schon jetzt britischer Nationalspieler.

 

Wäre noch Eduardo Sanchez Gonzalez: Der Spanier hatte das Dukes-Trikot bereits 2019 getragen - und wird es zur Freude seines Headcoaches aus Peutenhausen auch in der neuen Saison wieder tun. "Er hatte uns im Vorjahr als wichtiger Bestandteil der Offense Line überzeugt. Also sprach nicht das Geringste dagegen, ihn zu behalten", so Haaf.

. . . über den Dukes-Kader 2020 ganz allgemein: "Wie in jedem Jahr, so sage ich auch heuer wieder, dass er in der Tiefe nicht ausreichen wird", so der 53-Jährige. Aber gänzlich unzufrieden wirkt er trotzdem nicht. Gerade hinsichtlich seiner Receiver wirkt der Peutenhausener sogar richtiggehend glücklich: "Seit 2007, seitdem ich bei den Dukes alles unter meinen Fittichen habe, waren wir auf dieser Position noch nie so gut besetzt wie jetzt - in Sachen Qualität ebenso wenig wie in Sachen Quantität. " Die Konsequenz daraus: Die "Herzöge" werden in der neuen GFL-1-Saison eher den Vorwärtsgang einlegen. "Unsere Fans dürfen sich zahlreiche Offensivfeuerwerke freuen", nickt Haaf zustimmend. In Sachen Defensive gebe es derweilen sehr wohl noch unübersehbare Baustellen - was nicht zuletzt auch daran liegt, dass einige wichtige Dukes-Akteure zum deutschen Vizemeister 2019 nach Schwäbisch Hall gewechselt sind. "So ist eben das Business, das müssen wir einfach akzeptieren", so der Peutenhausener keineswegs verärgert.

. . . über den Trainerstab: "Wir haben heuer einen der besten, den wir bekommen konnten", so der Headcoach ganz unbescheiden. Michael Mattingly, der für die Defense verantwortlich sein wird, kommt zwar erst im März über den großen Teich - aber kein Problem für die Dukes, denn bis dahin übernehmen mit Max Macek und Mike Wittmann zwei altbewährte Experten seine Aufgaben.

Für die Defensive Line bleibt Christian Rosshirt verantwortlich - "übrigens auf Wunsch der Spieler selbst", wie Haaf gerne hinzufügt. Die Rückkehr von Eugen Kremser (Offensive Line) und Frank Roser (Offense Coach) in den Trainerstaff kommentiert der Peutenhausener ebenfalls mit großer Freude: "Beide haben zuletzt mächtig Erfahrung in den USA und im Fall von Frank sogar in Japan gesammelt. Mit ihnen ist es toll zu arbeiten, das erhöht auch meinen Spaßfaktor als Headcoach ungemein. "

Das liege zudem an Ralf Prosiegl, der 2020 das Sagen bei den Receivern haben wird. "Er ist eine absolute Koryphäe auf dieser Position", meint Haaf: "Eigentlich wollte Ralf heuer eine Pause machen - aber dann erkannte er eben doch sehr schnell, dass es ohne American Football für ihn nicht geht. "

. . . über die in Deutschland footballlose Zeit zwischen Herbst und Frühjahr: Der 53-Jährige kann bei diesem Punkt nur lachen: "Footballlos? Dieses Wort kenne ich überhaupt nicht. " In der Tat ist ein Headcoach immer im Einsatz - was für die Zeit nach dem Punktrundenende bedeutet, dass sofort wieder eine neue Mannschaft beziehungsweise ein neuer Trainerstab für die kommende Spielzeit rekrutiert werden muss. "So gab's auch diesmal wieder unzählige Tage, an denen ich bis tief in die Nacht hinein mit irgendwelchen Kandidaten telefonieren beziehungsweise skypen durfte", erzählt Haaf: "Unser Dukes-Team ist wohl das mit dem geringsten Budget in der GFL. Da muss man als Verantwortlicher eben stets ein bisschen schneller beziehungsweise kreativer sein als der Rest der Liga - ansonsten kommen die Haifische von woanders her und schnappen dir die leckersten Brocken noch im letzten Moment weg. "

. . . über seine Vorfreude auf die neue GFL-Saison: "Auch wenn es vielleicht komisch klingt, aber so etwas empfinde ich schon lange nicht mehr", sagt der Peutenhausener: "Ich befinde mich als Headcoach eigentlich das gesamte Jahr über in einer Tretmühle. Es gibt andauernd Baustellen, um die ich mich kümmern muss. Da komme ich überhaupt nicht dazu, mich auf das erste Spiel Anfang Mai zu freuen. "

. . . über das Saisonziel für 2020: "Wir sind seit 2017 in der GFL 1 Süd - und zweimal stellten wir dort bereits das beste Team aus Bayern, was uns sehr wichtig war. Wenn wir es heuer schaffen würden, erneut die Nummer eins aus dem Freistaat zu werden und uns zudem für die Play-offs zu qualifizieren, dann wäre das ein toller Erfolg", so der Headcoach aus dem Altlandkreis Schrobenhausen.

SZ

GFL-TERMINE DER DUKES

Heimspiele

9. Mai: Ingolstadt Dukes - Stuttgart Scorpions. 

16. Mai: Dukes - Schwäbisch Hall Unicorns.

6. Juni: Dukes Ravensburg Razorbacks.

13. Juni: Dukes - Munich Cowboys.

25. Juli: Dukes - Frankfurt Universe. 

8. August: Dukes Marburg Mercenaries.

22. August: Dukes - Allgäu Comes.

Auswärtspartien

2. oder 3. Mai: Stuttgart Scorpions - Ingolstadt Dukes.

23. oder 24. Mai: Schwäbisch Hall Unicorns - Dukes. -

30. oder 31. Mai: Allgäu Comets Kempten - Dukes. 

27. oder 28. Juni: Marburg Mercenaries - Dukes.

1. oder 2. August: Munich Cowboys - Dukes.

15. oder 16. August: Frankfurt Universe - Dukes.

5. oder 6. September: Ravensburg Razorbacks - Dukes.

Roland Kaufmann