Eichstätt
"Der Aufstieg ist nichts weiter als Träumerei"

Als Tabellenführer tritt der VfB Eichstätt in Pipinsried an - Ein Aufstieg ist für Trainer Markus Mattes dennoch kein Thema

15.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:14 Uhr
Auf sein Kommando hören die Spieler des VfB Eichstätt in dieser Saison ganz besonders gut: Der Karlshulder Markus Mattes, früher selbst Torjäger beim TSV Aindling, hat den Klub 2014 auf Rang zehn der Bayernliga übernommen und inzwischen an die Spitze der Regionalliga geführt. −Foto: J. Traub

Eichstätt/Karlshuld (SZ) 2017 stiegen beide Klubs gemeinsam in die Regionalliga auf, eineinhalb Jahre später kommt der VfB Eichstätt am Samstag (14 Uhr) als Tabellenführer zum abstiegsbedrohten FC Pipinsried. Hauptverantwortlich dafür ist Trainer Markus Mattes. Im Gespräch mit unserer Zeitung spricht der Karlshulder, der einst (unter anderem neben dem Berg im Gauer Tobias Nabe) für den TSV Aindling stürmte, über den aktuellen Höhenflug, Drittligaträume und den Reiz des Profifußballs.

Herr Mattes, Ihre Mannschaft tritt am Samstag als Tabellenführer in Pipinsried an. Wie klingt das?

Markus Mattes (43): (lacht) Das kling schon ein bisschen komisch, ist aber nun mal so. Und deshalb haben wir momentan auch wenig Grund, um uns zu beschweren. Ich erinnere mich noch: In der vergangenen Saison ging es für uns in Pipinsried ja noch darum, welcher von beiden Vereinen bester Aufsteiger wird. Inzwischen haben sich die Vorzeichen schon ein bisschen geändert, und das war in dieser Form ja nicht unbedingt abzusehen.

Sie sprechen es an: Ihre Mannschaft hat in ihrer zweiten Regionalligasaison eine unglaubliche Entwicklung vollzogen. Das alles, ohne den Kader komplett umzukrempeln oder teuer zu verstärken. Wie lässt sich die aktuelle Form denn am besten erklären?

Mattes: Ich glaube, es ist eine Auswirkung der erfolgreichen Arbeit aus den vergangenen Jahren. Wir haben den Kader nach unserem Aufstieg in die Regionalliga ja größtenteils übernommen. Schon in der Bayernliga waren wir spielerisch nicht die Besten, haben aber über den Faktor Mannschaft vieles kompensiert. Uns ist es dann gelungen, diesen Geist aufrechtzuerhalten. So ist eine gewachsene Teamstruktur entstanden. Dazu kamen vor dieser Saison gezielte Verstärkungen.

Zum Beispiel der Champions-League- und Bundesliga-erfahrene Markus Steinhöfer (unter anderem Eintracht Frankfurt, FC Basel, Darmstadt 98, d.Red.), der seine Profikarriere im Sommer beendete und in der Nähe seines Heimatortes Weißenburg beim VfB anheuerte.

Mattes: Klar, er ist ein ganz wichtiger Faktor und sein Wechsel war natürlich ein absoluter Glücksfall für uns. So etwas kann man aber nicht planen. Es heißt ja, dass man sich das nötige Glück auch immer erarbeiten muss. In diesem Fall war das vielleicht aus unserer Sicht ein bisschen so.

Nicht nur ein Ex-Profi, sondern auch Spieler, die Sie teilweise von unterklassigen Vereinen zum VfB geholt haben oder die den Weg aus den unteren Ligen mitgegangen sind, beeindrucken inzwischen in der vierthöchsten Liga. Was ist das Rezept, mit dem Sie diese Spieler so gut machen?

Mattes: Das kann ich selbst natürlich schwer beurteilen. Ich glaube aber, dass auch hier der Punkt Mannschaftsstruktur als Antwort passt. Die Jungs lernen, dass auf gewisse Sachen wert gelegt wird und dass sie - wenn sie sich darauf einlassen - erfolgreich sein können.

Atdhedon Lushi, der vor der Saison aus Pipinsried zurück nach Eichstätt gewechselt ist, hat vor kurzem in einem Interview verraten, dass die Mannschaft in der Kabine von der Dritten Liga träumt. Lassen Sie die Jungs träumen?

Mattes: (lacht) Das ist natürlich Quatsch. Da hatte er ein bisschen den Schalk im Nacken. Die Spieler wissen ganz genau, wie der Verein aufgestellt ist. Vor drei Jahren haben wir beispielsweise noch auf den Lizenzantrag für die Regionalliga verzichtet, weil es beinahe unmöglich war, das alles im Umfeld zu realisieren. Die Spieler dürfen in der Kabine jetzt natürlich ihre Flaxen machen, mehr aber auch nicht.

Das heißt, mit einem möglichen Aufstieg beschäftigen Sie sich überhaupt nicht?

Mattes: Natürlich wird dieses Thema jetzt von außen immer stärker an uns herangetragen, und natürlich möchten wir sportlich auch so erfolgreich wie möglich bleiben, aber man kann das ja an einem einfachen Punkt ganz leicht klarmachen: Wenn ich mir anschaue, dass man in der Dritten Liga ein Stadion für mindestens 10000 Zuschauer und mit überdachten Sitzplätzen braucht, dann fällt mir im Umkreis von 80 Kilometern nur der Audi-Sportpark in Ingolstadt ein und ich kann mir nicht vorstellen, wie man das realisieren sollte. Von daher: Das ist alles nichts weiter als Träumerei.

Von der Regionalliga-Meisterschaft im nächsten Jahr träumen Sie also dennoch?

Mattes: Es ist aktuell eine schöne Momentaufnahme, die wir einerseits genießen und so lange wie möglich fortsetzen wollen. Andererseits wissen wir auch, dass es immer schwieriger wird, das zu bestätigen. Alle Gegner geben ab jetzt gegen uns ein paar Prozent mehr, so dass auch wir unsere Leistung weiter verbessern müssen, um da vorne zu bleiben.

Zurück zum Spiel am kommenden Wochenende: Wer mit 3:0 beim Aufstiegsfavoriten FC Bayern München II gewinnt, sollte eigentlich keine Angst bei heimschwachen Pipinsriedern haben...

Mattes: Zunächst einmal hat das Spiel ja einen ganz eigenen Charakter, fast schon eine Art Derbyatmosphäre, obwohl es geographisch nicht unbedingt so ist. Viele Spieler kennen sich oder haben teilweise schon beim jeweils anderen Klub gespielt. Zum anderen wissen wir, dass Pipinsried an einem guten Tag jeden Gegner in der Liga schlagen, an einem schlechten aber auch gegen jeden verlieren kann. Insofern ist es auch die Frage, welchen Tag sie am Samstag erwischen. Wir wollen natürlich gewinnen, aber ich könnte auch mit einem Unentschieden leben. Ein Auswärtspunkt in der Regionalliga ist für uns immer noch ein Erfolg. Wir wollen ja nicht größenwahnsinnig werden.

Nach dem 3:0-Erfolg im Grünwalder Stadion haben Sie trotzdem davon gesprochen, Ihre Jungs zunächst einmal wieder erden zu müssen.

Mattes: Natürlich gab es nach einem solchen Spiel viele Schulterklopfer. Aber wir haben eine sehr bodenständige Mannschaft, die das alles richtig einschätzen kann.

Viele Schulterklopfer gab es zuletzt auch für Sie persönlich. Ganz unabhängig vom zukünftigen Weg des VfB Eichstätt: Reizt Sie die Aussicht, irgendwann einmal einen Profiklub zu trainieren?

Mattes: Ganz ehrlich: Meine Lebensplanung ist absolut nicht danach ausgerichtet. Sollte sich in dieser Hinsicht aber irgendetwas ergeben, würde ich es mir natürlich zumindest einmal anhören. Auch als Trainer sind wir ja Sportler. Ich denke, das ist ganz normal.

Die Fragen stellte

Matthias Vogt.