Kochheim
Auf den Spuren von Otto Rehhagel

Begeisterter SV-Werder-Bremen-Fan Michael Dittenhauser jetzt schon seit sieben Jahren Cheftrainer bei der DJK Ingolstadt

01.07.2020 | Stand 23.09.2023, 12:40 Uhr
Schon zehn Jahre her: Michael Dittenhauser (r.) als Cheftrainer des SV Steingriff, unmittelbar nachdem der Aufstieg in die Kreisklasse perfekt gemacht worden war. Veysel Sentürk (l.) glänzte damals, beim 4:2-Triumph im entscheidenden Relegationsspiel gegen den TSV Dinkelscherben II, als dreifacher Torschütze - und ließ sich die anschließende Siegerzigarre in vollen Zügen schmecken. −Foto: R. Kaufmann (Archiv)

Kochheim/Ingolstadt - Ob Michael Dittenhauser irgendwann doch eine Zigarre rauchen wird?

 

Vor exakt zehn Jahren, nachdem er den SV Steingriff soeben in die Kreisklasse hochgeführt hatte, nahm der aus Kochheim (Gemeinde Karlshuld) stammende Cheftrainer das Tabakerzeugnis zumindest mal kurz für ein Foto in die Hand, aber daran ziehen wollte er auf keinen Fall - "weil dann meine Hose wohl ganz schnell voll sein würde", so seine damalige Begründung.

Ja, lang ist's her. Mittlerweile ist Dittenhauser verantwortlicher Coach bei der DJK Ingolstadt - und das auch schon wieder seit sieben Jahren. Was jedoch in all der Zeit gleich geblieben ist: Der gebürtige Neuburger ist weiterhin ein glühender Verehrer des SV Werder Bremen. Ein hundertprozentig treuer - trotz der derzeitigen Durststrecke der Hanseaten. Obwohl diese nun, nach einer Katastrophensaison 2019/ 20, am heutigen Donnerstag sowie am kommenden Montag zwei Relegationsmatches gegen den vergleichsweise namenlosen 1. FC Heidenheim bestreiten müssen. Oder vielleicht auch gerade deshalb?

"Ich war noch nie jemand, der gerne mit der Herde mitläuft, war noch nie ein Erfolgsfan", sagt der 44-Jährige klipp und klar. Aber wieso ausgerechnet die Liebe zu den Grünweißen von der Weser? "Daran hat die Person Karl-Heinz Riedle einen großen Anteil", erzählt Dittenhauser: "Seinen Werdegang habe ich ab der Zeit, als er noch beim FC Augsburg kickte, mit großem Interesse verfolgt. 1987 landete der ,Kalle' schließlich beim SV Werder - und seitdem bin ich eben leidenschaftlicher Fan der Bremer. "

Dass es von seiner Heimatgemeinde aus rund 700 Kilometer bis ins Weserstadion sind - kein Problem für ihn. "Natürlich war ich schon unzählige Male dort", so der Fußballliebhaber, der übrigens mittlerweile in Ingolstadt wohnt und dort auch arbeitet. Aber auch bei Auswärtspartien seiner Grünweißen ließ sich der einstige Cheftrainer unter anderem des SV Steingriff sowie der DJK Brunnen immer wieder sehen - wobei die Fahrten zum FC Barcelona im Rahmen der Champions-League und zum Hamburger SV im prestigeträchtigen Uefa-Cup-Halbfinale 2008/09 die bisherigen Höhepunkte aus seiner Sicht darstellten.

Laut Dittenhauser der große Reiz "seines" SV Werder: "Von uns werden niemals Stars gekauft, sondern immer nur gemacht. Das taugt mir einfach - während Vereine, die immer nur durch immens viel Geld zu Erfolgen kommen, nicht für den Fußball stehen, wie ich ihn mag. " Daher nimmt es der 44-Jährige momentan sogar in Kauf, dass die Bremer kurz vor dem Absturz in die Zweitklassigkeit sind. "Traurig bin ich schon darüber - aber definitiv nicht wütend", verrät er. Ein "brutales Verletzungspech" in der laufenden Saison sowie "eine katastrophale, weil zu alte und zu langsame Abwehr" seien seiner Meinung nach die Hauptgründe dafür, weshalb die einst so stolzen Grünweißen diesmal nur mit Mühe den drittletzten Tabellenrang erreichten - gerade einmal elf Jahre, nachdem sie noch im Uefa-Cup-Finale gestanden waren (1:2-Niederlage nach Verlängerung gegen Schachtar Donezk) und bislang letztmals den DFB-Pokal geholt hatten (1:0-Sieg im Endspiel gegen Bayer 04 Leverkusen).

"Dass wir aktuell so schlecht dastehen, tut mir natürlich weh", gibt Dittenhauser zu. Aber gleichzeitig regiert weiterhin die Zuversicht bei ihm. So gehe er immer noch "fest davon aus", dass der SV Werder den Klassenerhalt gegen die Heidenheimer sichern wird - "zumindest dann, wenn alles normal läuft". Andererseits weiß der Mann aus Kochheim nur zu gut, dass gerade im Fußball immer wieder die verrücktesten Dinge passieren können - erst recht in Relegationspartien. "Und die Heidenheimer haben als krasse Außenseiter eigentlich nichts zu verlieren, sie können völlig befreit aufspielen - während bei unseren Akteuren momentan doch einiges durch die Köpfe gehen könnte", befürchtet er.

Deshalb wäre der 44-Jährige heute Abend schon mit einem "knappen Zu-Null-Heimsieg" einverstanden - "und den Rest richten wir dann mit unserer Auswärtsstärke am Montag". Wer allerdings nun glaubt, dass im Hause Dittenhauser an diesem Donnerstag eine Riesenfußballparty steigt, mit einer Vielzahl von Freunden im Wohnzimmer, der täuscht sich gewaltig. "Ich kann es überhaupt nicht brauchen, wenn jemand beim Zuschauen vor dem Fernseher reinredet", verrät der aus dem Donaumoos stammende Edelfan nämlich. Also leidet er lieber allein vor dem TV. Beziehungsweise freut sich.

Und wenn Dittenhauser gerade nicht den Werderanern die Daumen drückt und auch nicht arbeiten muss, dann trainiert er eben seine Kicker von der DJK Ingolstadt - auch jetzt, trotz Corona-Zwangspause, trotz aller Auflagen wegen der immer noch herrschenden Pandemie. "Seitdem es von der Politik wieder erlaubt ist, dass wir auf den Platz dürfen, sind wir auf dem Platz", verrät der Chefcoach. Ob die momentanen Einheiten schon viel Sinn machen? Für ihn ist das eher zweitrangig: "Mir ist es einfach wichtig, dass sich unsere Jungs nicht aus den Augen verlieren", so Dittenhauser: "Hauptsache, wir treffen uns wieder regelmäßig. Und natürlich steht der Spaß im Training klar im Vordergrund. "

Aktuell ist die DJK auf Tabellenrang fünf der Kreisliga Donau/Isar I zu finden - mit nur fünf Punkten auf den Spitzenreiter TSV Oberhaunstadt. "Dabei waren wir extrem schlecht in die Saison gestartet", erinnert sich Dittenhauser, der ja, wie bereits kurz erwähnt, schon seit 2013 bei den Ingolstädtern als Cheftrainer fungiert.

Sieben Jahre stets beim selben Klub - "das ist für unsere Region in der Tat etwas Außergewöhnliches", nickt der einstige Steingriffer beziehungsweise Brunnener zustimmend: "Aber anscheinend ist es so, dass ich auch als verantwortlicher Coach gerne den Bremer Weg gehe. " Dittenhauser denkt in diesem Zusammenhang mit leuchtenden Augen an solche SV-Werder-Größen wie Otto Rehhagel oder Thomas Schaaf. Diese Beiden hatten die Grünweißen von der Weser ja einst sogar jeweils 14 Jahre in Folge trainiert. "Von diesem Zeitraum bin ich bei der DJK doch noch ein schönes Stück entfernt", sagt der 44-Jährige mit einem Grinsen im Gesicht.

Was freilich nicht bedeutet, dass er sich 14 Jahre bei den Ingolstädtern nicht zutrauen würde: "Bis jetzt ist alles be-stens für mich bei diesem Klub. Stand jetzt halte ich es absolut für möglich, dass ich es hier noch die eine oder andere Saison aushalte. " Und wenn's dann 2027 so weit wäre, dass Dittenhauser die Herren Rehhagel sowie Schaaf in Sachen Amtszeit bei stets dem gleichen Verein eingeholt hat, könnte er ja in der Tat mal eine Erfolgszigarre rauchen. Wobei der gebürtige Neuburger das auch bereits an diesem Montag im stillen Kämmerlein bei sich zu Hause tun könnte - vorausgesetzt, sein geliebter SV Werder Bremen hat dann doch noch den Klassenerhalt geschafft.

SZ

Roland Kaufmann