Neuburg
Beste Unterhaltung nach alter Tradition

Mehr als 600 Zuschauer beim Bierzeltboxen des BC Neuburg - Veranstalter vollends zufrieden- Gast aus Augsburg gewinnt 12:6

04.08.2019 | Stand 23.09.2023, 8:04 Uhr
  −Foto: S. Hofmann

Neuburg (DK) Es war keine Eintagsfliege: Bei seiner zweiten Auflage nach der Wiederbelebung im vergangenen Jahr war das Bierzeltboxen wieder der Zuschauermagnet auf dem Neuburger Volksfest.

Mehr als 600 Besucher wollten sich das vom Boxclub Neuburg (BCN) vollständig in Eigenregie aufgezogene Spektakel am Sonntagvormittag nicht entgehen lassen. Und auch wenn das eigene Team dem Polizei SV Augsburg (PSV) letztlich mit 6:12 unterlag, so waren die Verantwortlichen doch rundum zufrieden mit ihrer Veranstaltung.

Eine dritte Runde im kommenden Jahr gilt als sicher - dann vielleicht sogar mit einem günstigeren Termin. Und auch auf dem Karlshulder Volksfest wollen die Neuburger anscheinend die Fäuste fliegen lassen. Mit einer Einschränkung hatten die Hausherren bei der diesjährigen Auflage zu hadern: Weil erst am Samstag die Deutsche Meisterschaft der Frauen zu Ende gegangen ist, traten gestern keine Boxerinnen im Festzelt an - der BCN hatte einfach keine gefunden, die noch Zeit hatten. "Das ist sehr schade, weil die zwei Frauenkämpfe letztes Jahr sehr gut angekommen sind", meinte Kommentator Wolfgang Köhler. BCN-Vorsitzender Arnold Grochla, der ob der noch stärkeren Zuschauerresonanz - im vergangenen Jahr waren gut 400 Interessierte im Zelt - den ganzen Vormittag über grinste, hatte gute Nachrichten: "Wir haben mit den Festzeltbetreibern Lanzl und der Stadt Neuburg gesprochen. Sollten wir das Bierzeltboxen auch nächstes Jahr machen, dann bekommen wir höchstwahrscheinlich den ersten Sonntag als Termin. Zum einen tun wir uns leichter, weil noch nicht so viele Mitglieder im Urlaub sind. Und zum anderen kommen wir dann nicht wieder mit den Deutschen Meisterschaften der Frauen über Kreuz. " Die Chancen stehen also gut, dass nächstes Jahr - eine dritte Auflage dürfte nach der Resonanz gestern reine Formsache sein - wieder Frauen in den Ring steigen.

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Insgesamt zehn Kämpfe wurden den Zuschauern gestern im Bierzelt geboten. Damit das Spektakel steigen konnte, waren die Mitglieder des BCN schon in den frühen Morgenstunden auf den Beinen. Der Kampfring, ein Koloss aus Stahl der Marke Eigenbau, musste aufgestellt und die Biertischgarnituren wollten zurechtgerückt werden. Und dann gab es natürlich noch jede Menge Formalien für Vorsitzenden Grochla, seinen Stellvertreter Adam Klakus und Sportwart Siegfried Bundesmann vor den Kämpfen zu erledigen. Es herrschte reger Betrieb und ab 9.30 Uhr füllte sich das Zelt rasch. "Es ist der Wahnsinn", sagte Bundesmann nach dem Wiegen der Athleten. "Jeder will grad was von mir", fügte er mit einem Grinsen hinzu. Zu genießen schien er den Trubel dennoch - kein Wunder, hatte er die "Wiederbelebung" der Veranstaltung im vergangenen Jahr wegen einer Erkrankung doch verpasst.


Der BC Neuburg geht mit dem Bierzeltboxen jedes Jahr ein finanzielles Risiko ein. Ausgaben im mittleren vierstelligen Bereich müssen getätigt werden, damit die Maschinerie überhaupt anläuft. Dem Vernehmen nach sollen allein die Gastboxer aus Augsburg rund 1500 Euro bekommen haben. "Ich bin froh, dass wir dieses Jahr ein paar Sponsoren an Land gezogen haben", sagte Adam Klakus. "Die Stadt Neuburg, die Firma Eigner Bau aus Nördlingen und die Firma Ego aus Garmisch-Partenkirchen haben uns wirklich großzügig unterstützt. " Während der Veranstaltung drückten auch einige Neuburger Geschäftsleute den Verantwortlichen aufgrund ihrer Begeisterung Barspenden in die Hand.

Mit dem Boxer-Codex "Dem Besseren den Sieg, dem Verlierer die Achtung" eröffnete Moderator Köhler, einst selbst unangefochtener Box-Champion der Ottheinrichstadt, den Wettbewerb. Fünf der zehn BCN-Fighter waren echte Neuburger, die anderen hatte der Verein für die Veranstaltung zugekauft.

Ein Auswärtiger im schwarzen Neuburger Trikot holte dann gleich den ersten Sieg für die Hausherren: Oliver Lahde bezwang den Augsburger Yasin Mohammadi im Eröffnungskampf nach Punkten - das Kampfgericht fällte seine Entscheidung nach drei absolvierten Runden à zwei Minuten einstimmig. Im zweiten Kampf stieg mit Sahid Bayat ein echtes Neuburger Eigengewächs gegen Michael Ries in den Ring. Entsprechend lauter fielen die Anfeuerungsrufe aus dem Publikum, das immer noch zahlreicher wurde, aus. Mutig, mit offener Deckung und ein bisschen ungestüm ging Bayat zu Werke, was ihm weiteren Applaus brachte. Als der Neuburger in der dritten Runde seinen Gegner bei einer Umklammerung sogar hochlupfte, johlte die Menge im Festzelt auf. Doch die bessere Technik und die höhere Anzahl an Körpertreffern bescherten dem Augsburger Ries schließlich den Sieg nach Punkten.

Gleich zweimal seinen Zahnschutz musste im nächsten Kampf der Augsburger Nenad Petkovic wieder einsammeln. Allerdings landete er einige harte Gesichtstreffer bei seinem Kontrahenten Marco Sporrer, so dass sein Sieg nach Punkten am Ende auch wieder einstimmig durch die Kampfrichter ausfiel.

Im Junioren-Halbweltergewicht maßen sich im Anschluss der Neuburger Erik Aram und M. Nabilada aus Augsburg. Für beide war es der erste Kampf. Das Duell war recht ausgeglichen, den Athleten merkte man die mangelende Erfahrung aber noch deutlich an. Vielleicht war dies auch der Grund, warum sich der PSV-Kämpfer eine Unsportlichkeit leistete und seinem Gegenüber weit nach dem Schlussgong noch einen Schlag mitgab. Als der Augsburger auch noch zum Sieger nach Punkten erklärt wurde, gab es laute "Buh"-Rufe aus dem Publikum. "Leute, bleibt einfach fair, dann bekommt ihr auch keine Probleme mit mir", sagte Wolfgang Köhler und versuchte, die Stimmung mit einem Scherz wieder in die richtige Richtung zu lenken.

Das Handtuch warf - im Wortsinne - dann im nächsten Kampf Nadim Merzais Trainer, denn der BCN-Kämpfer hatte in der zweiten Runde, nachdem er bereits angezählt war, keine Chance mehr gegen den Augsburger Erkin Yalchin. Der Sieg ging also wegen Aufgabe an den PSV.

Die folgende kurze Kampfpause nutzte der BC Neuburg für eine besondere Würdigung: Zusammen mit Neuburgs Oberbürgermeister Bernhard Gmehling bedankten sich Vorsitzender Arnold Grochla und sein Stellvertreter Adam Klakus für das jahrelange Engagement des Vereinstrainers Klaus Schmidt und würdigten ihn mit der Ehrenmitgliedschaft beim BC Neuburg.

Nach der Unterbrechung wurden die Kämpfe nochmals anspruchsvoller und unterhaltsamer für die Zuschauer. Allerdings musste schon im sechsten Vergleich Sportarzt Friedrich Höche einschreiten: Beim Aufeinandertreffen von Hazim Nerdivan (BCN) und Baset Feizi musste der Mediziner den Kampf abbrechen. Grund: Der Neuburger hatte satte Hiebe seines Kontrahenten einstecken müssen und in Runde zwei blutete seine Nase. Höche brach ab, um die Gesundheit des jungen Neuburgers nicht zu gefährden, es gab also einen weiteren Sieg für Augsburg. Die Enttäuschung über das vorzeitige Aus stand Nerdivan ins Gesicht geschrieben.

Einen "Bombenkampf", so befand Moderator Köhler nachher, sahen die Zuschauer zwischen Sherzadu Mierweiss (für den BCN) und Ahmed Anzim (PSV). Die Kontrahenten belauerten einander regelrecht und warteten darauf, dass ihr Gegenüber einen Fehler machte. Nach einem spannenden Fight mit vielen schnellen Kombinationen fuhr Mierweiss schließlich einen Sieg nach Punkten für Neuburg ein.

Einen weiteren Erfolg für die Hausherren holte Jonut Times danach gegen Daniel Soegwu im Weltergewicht. Schon in Runde zwei wurde der Augsburger angezählt, konnte über die volle Distanz in Sachen Ausdauer auch nicht mit seinem Kontrahenten mithalten. "Ein echter Spitzenfight", kommentierte Köhler.

Pech hatte der Weißenburger Dimitri Gelzer, der im Anschluss für den BCN gegen Max Rollheiser antrat - und zwar mit seinen Trainern. Denn Gelzer erhielt in Runde zwei einen satten Schlag gegen die Schläfe. Während der Boxer schon durch den Ring taumelte und einige heimische Experten "Wirf das Handtuch" in Richtung der Trainer riefen, ratschten jene vergnügt weiter. Das Handtuch flog schließlich mit einiger unnötiger Verzögerung und ein weiterer Sieg für Augsburg stand zu Buche.

"Die beiden haben richtige Kämpferherzen. Da will keiner aufgeben", stellte Adam Klakus vom BCN während des letzten Kampfes erfreut fest. Es standen sich Jan Becker (für den BCN) und David Roche (PSV) in ihrem jeweils ersten Kampf gegenüber - und was war das für einer! Schnell, technisch versiert und mit offenen Visieren gingen die Kontrahenten aufeinander los. Das Publikum ging besonders bei Beckers zackigen Attacken mit, doch auch Roches Ausbrüche in die Offensive erhielten Applaus. In Runde zwei wurde aber die Unerfahrenheit beider Boxer deutlich, erste konditionelle Ausfälle waren erkenntlich. In Runde drei waren die Gegner sprichwörtlich stehend K. o. , hielten aber beide bis zum Schluss unter Applaus des Publikums durch. Das Kampfgericht sah in Becker den besseren Boxer dieses Duells und so kam es zum Endstand von 6:12 aus Sicht der Hausherren.

Und trotzdem strahlte Arnold Grochla über's ganze Gesicht: "Es war ein toller Vormittag - wenn auch anstrengend. Darauf können wir stolz sein", sagte er - und machte sich zusammen mit seinen Vereinskameraden an die Abbauarbeiten.

Sebastian Hofmann