Ingolstadt
Top-Läufer verlassen den MTV

Leichtathletik: Schlechte Trainingsbedingungen lassen Kaderathleten nach Regensburg wechseln

15.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:29 Uhr

Ingolstadt (DK) Schwerer Schlag für die Leichtathletik-Abteilung des MTV Ingolstadt: Mit Mona Mayer (18), Samuel Werdecker (21) und Fabian Schäffler (24) verliert der Verein drei seiner hoffnungsvollsten Talente.

Das Trio wechselt gemeinsam mit den Trainern Reinhard Köchl und Ruth Mayer zur LG Regensburg.

"Die Gründe dafür liegen im leistungssportlichen Bereich", erklärt Köchl, Sprinttrainer beim MTV und bis zum vergangenen Jahr auch stellvertretender Abteilungsleiter. "Nach vielen guten Jahren stoßen wir hier einfach an Grenzen. " Konkret geht es um die Trainingsbedingungen, die eine Weiterentwicklung der genannten Athleten massiv behindert. Dabei ist die fehlende Leichtathletik-Halle schon ein Dauerthema beim MTV, der über die Jahre immer wieder ambitionierte Sportler ziehen lassen musste.

Das Fass zum Überlaufen habe jetzt die aufgrund von Rechtstreitigkeiten ins Stocken geratene Sanierung der Laufbahn im Stadion an der Friedhofstraße gebracht. "Man muss sich mal vorstellen, dass Athleten, die sich auf eine WM vorbereiten, deshalb acht Monate keine adäquate Trainingsmöglichkeit haben", sagt Köchl.

Mit den Ambitionen der Sportler ist das nicht mehr vereinbar. Denn neben Schäffler, bayerischer Vizemeister über 400 Meter Hürden, sind vor allem Mayer und Werdecker auf dem Weg in die nationale Spitze. Mayer, Deutsche U20-Hallenmeisterin über 400 Meter und EM-Teilnehmerin, startet im kommenden Jahr bei der U20-WM. Werdecker, Zwölfter der Deutschen Meisterschaften über 400 Meter, gilt für 2020 als heißer Endlaufkandidat für die DM. Beide Nachwuchsathleten eint der Traum, bei den Europameisterschaften 2022 im Münchner Olympia-Stadion für Deutschland zu starten. "Ingolstadt, so leid es mir tut, ist nicht die Startrampe, auf der man diese Athleten dorthin bringen kann", stellt Köchl klar.

Miriam Kleinhans, Abteilungsleiterin des MTV, weiß um das Dilemma. " Solch hoch motivierte Athleten brauchen beste Trainingsbedingungen, um ihre Ambitionen aufrecht erhalten zu können - und das ganzjährig. Dies ist in Ingolstadt aufgrund der fehlenden Leichtathletik-Halle und nun auch noch fehlender Laufbahn im eigenen Stadion nicht möglich. " Die 31-Jährige zeigt deshalb Verständnis und hadert mit den Umständen. "Wir versuchten, unsere Athleten bestmöglich zu betreuen, müssen uns aber eingestehen, dass das in anderen Vereinen möglicherweise besser gelingen kann. "

Die LG Regensburg kann da mit ganz anderen Pfunden wuchern. Bereits jetzt bietet sie ihren Athleten durch Kooperationen mit dem Stützpunkt in München auch im Winter ordentliche Trainingsmöglichkeiten. Im Jahr 2022, spätestens 2023 soll in Regensburg eine voll ausgestattete Leichtathletik-Halle fertiggestellt sein. Ein Projekt für über 20 Millionen Euro, dessen Sogwirkung bereits jetzt einsetzt. Neben den Läufern aus Ingolstadt haben sich in den vergangenen Wochen zahlreiche weitere Kaderathleten der LG angeschlossen.

Und der MTV? "Unsere Ausrichtung wird auch zukünftig im Schülerbereich die Anbahnung an den Wettkampfsport sowie im Jugend- und Aktivenbereich der Leistungssport bleiben", sagt Kleinhans und will von Resignation nichts wissen. Mit Hochspringer Manuel Marko und Zehnkämpfer Mario Saur bleiben den Ingolstädtern weiterhin zwei Athleten, die in der nationalen Spitze mitmischen können. Außerdem habe der Verein sechs weitere Talente, die zum Nachwuchskader des Bayerischen Leichtathletik-Verbandes (BLV) gehören, wie Kleinhans herausstellt.

Köchl, seit fast 20 Jahren beim MTV tätig und inzwischen auch BLV-Vizepräsident, geht mit einem weinenden Auge. "Der MTV ist ein toller Verein, einer der Leuchttürme in der bayrischen Leichtathletik. In der Stadt und vor allem in der Politik spielt die Leichtathletik aber leider keine Rolle, wird trotz anhaltender Erfolg mitunter sogar belächelt", sagt er. Die Konsequenz daraus haben die fünf MTV-ler jetzt gezogen.

Norbert Roth