Ingolstadt
Adieu, alte Liebe

Private Gründe: Eishockey-Rekordnationalspielerin Andrea Lanzl und der ERC gehen getrennte Wege

06.05.2021 | Stand 23.09.2023, 18:26 Uhr
xx −Foto: DEB,ERC

Ingolstadt - Die Eishockey-Bundesliga-Frauen des ERC Ingolstadt verlieren zur kommenden Saison eines ihrer Aushängeschilder.

Andrea Lanzl, Rekordnationalspielerin und seit acht Jahren bei den Panthern, wird den Verein verlassen und zum Ligakonkurrenten ECDC Memmingen wechseln. Die Gründe für den überraschenden Abschied liegen offensichtlich im privaten Bereich. Lanzl selbst, genauso wie ihr Trainer Christian Sohlmann, nennen im Gespräch jedenfalls ausschließlich diesen Grund. Beobachter sagen, dass es reicht, wenn diese beiden die tatsächlichen Hintergründe kennen.

"Wenn sich eine Spielerin so lange für den Verein den Arsch aufgerissen hat, ist es eine Selbstverständlichkeit, dass wir das respektieren. Deswegen wird es von unserer Seite keine weiteren Erklärungen geben", bezieht Sohlmann klar Stellung. Die Bedeutung der langjährigen Spielführerin umschreibt der ERC-Trainer mit klaren Worten: "Sie war Leistungsträgerin, Führungsspielerin, Vorbild und Aushängeschild. Sie hat immer ihre Leistung gebracht, immer abgeliefert und war einfach enorm zuverlässig. " Der Verlust für das Bundesliga-Team dürfte deutlich spürbar werden.

Lanzl selbst scheint der Abschied nach so langer Zeit nicht leicht zu fallen. "Ingolstadt ist schon so etwas wie meine Heimat geworden. Ich habe mich in der Stadt immer sehr wohl gefühlt und wäre auf der einen Seite auch gerne geblieben. Auf der anderen Seite freue ich mich aber auch auf die neue Herausforderung in Memmingen. "

Nach 188 Partien für die Schanzer, in denen sie 321 Scorerpunkte sammelte (107 Tore/214 Assist) wird Lanzl somit in der kommenden Saison Gegnerin des ERC sein. Die 34-Jährige sieht es locker. "Das ist natürlich spannend, klar. Aber ich freue mich darauf, gegen die alte Liebe zu spielen", sagt sie.

Die anstehende Saison in Memmingen dürfte im Übrigen die letzte Bundesliga-Spielzeit für Lanzl werden. Beim Telefonat am Donnerstag bestätigte sie noch einmal ihr Vorhaben, dass sie nach der Weltmeisterschaft im August in Kanada und den Olympischen Spielen im Frühjahr 2022 in Peking den Zeitpunkt für ihr Karriereende gekommen sieht. "Es geht mir schon länger im Kopf herum, dass das ein passender Abschluss wäre", erzählt Lanzl, die auf internationalem Parkett herausragende Zahlen vorzuweisen hat. Nachdem sie sich bereits im Alter von 14 Jahren zum ersten Mal das Nationaltrikot übergestreift hatte, wurde sie im Februar 2020 mit ihrem 322. Einsatz für den Deutschen Eishockeybund (DEB) nämlich zur Rekordnationalspielerin - vor dem bisherigen Rekordhalter Udo Kießling (321). Inzwischen kommt Lanzl, die an elf Weltmeisterschaften und zwei Olympischen Spielen teilgenommen hat, auf 329 Berufungen. Auch beim größten Erfolg der deutschen Frauen-Nationalmannschaft, dem 4. Platz bei der WM 2017 in Plymouth, war Lanzl dabei.

Stolz kann sie auch auf die Entwicklung des ERC sein, die sie in den vergangenen Jahren in sportlicher Hinsicht ohne Zweifel mitgeprägt hat. So wurden die Ingolstädter Frauen seit 2013 vom Liga-Neuling zum ernsthaften Meisterschaftskandidaten, für den inzwischen fast ein Dutzend Nationalspielerinnen auflaufen. "Wenn ich sehe, was aus dem Eishockey-Standort Ingolstadt geworden ist - das bedeutet mir sehr viel. Es ist toll, bei dieser Entwicklung dabei gewesen zu sein", sagt Lanzl. Der Titelgewinn blieb ihr in all den Jahren mit dem ERC indes verwehrt. In der abgelaufenen Saison schienen die Voraussetzungen nach Platz eins in der Punktrunde so gut wie noch nie. Bei der abschließenden Meisterschaftsendrunde sprang dann aber nur Rang drei für den ERC heraus. Das ist nicht der Grund für ihren Wechsel, aber wer weiß: Vielleicht kann sie zum Abschluss ihrer Karriere ja mit den Memmingerinnen noch einmal feiern.

DK

Norbert Roth