Freystadt
Der krasse Außenseiter will's wieder wissen

Mit dem geringsten Etat aller Erstligisten starten Freystadts Badmintonspieler in ihre dritte Bundesligasaison in Folge

03.09.2018 | Stand 02.12.2020, 15:45 Uhr
Mit Zuversicht blickt die Mannschaft des TSV Freystadt der neuen Saison in der Badminton-Bundesliga entgegen. Die Freystädter sind der einzige bayerische Verein in der höchsten deutschen Spielklasse. Am Ende soll erneut der Klassenerhalt stehen. −Foto: Pistorius

Freystadt (HK) Als Außenseiter starten die Badmintonspieler des TSV Freystadt am kommenden Wochenende in ihre dritte Saison in der 1. Bundesliga. Die Oberpfälzer konnten alle ihre Eigengewächse halten und sich zudem mit einigen Nationalspielern verstärken. Als Saisonziel gibt Teammanager Stephan Pistorius erneut den Klassenerhalt aus.

Neu im TSV-Team sind die estische Nationalspielerin Kristin Kuuba und der Engländer Max Flynn. Kuuba soll künftig den Platz der finnischen Olympiateilnehmerin Nanna Vainio einnehmen. Flynn wird den Polen Pawel Pietryja ersetzen.

In der 1.Bundesliga spielen zehn Mannschaften, der TSV Freystadt ist nach dem Abstieg des TSV Neuhausen der einzige bayerische Vertreter. Dass es nicht leicht wird, den Klassenerhalt zu schaffen, ist den Spielern und TSV-Verantwortlichen völlig klar. Das liegt vor allem daran, dass alle Mannschaften erheblich aufgerüstet haben. Und auch der starke Aufsteiger aus Wittorf hat sich mit fünf Ausländern erheblich verstärkt.

Meisterschaftsfavorit ist der BCB Saarbrücken. Stark einzuschätzen sind die Teams aus Nordrhein-Westfalen wie BC Bonn, TV Refrath, SCU Lüdinghausen und 1. BV Mülheim: Alle haben guten Chancen, die Play off-Spiele der besten sechs Mannschaften zu erreichen. Zu diesem Kreis muss man auch den TSV Trittau (Niedersachsen) zählen. Aber auch gegen diese Topteams hofft der TSV Freystadt auf unerwartete Punktegewinne. Gegen die Hessen Funball Dortelweil (Bad Vilbel) und BC Wipperfeld hielten die Oberpfälzer in der vergangenen Saison gut mit und man rechnet sich aus, gegen diese Teams wieder auf Augenhöhe zu spielen.
Der TSV Freystadt, kleinster Verein der Liga mit wohl dem geringsten Etat ist froh, wieder mit einem bundesligatauglichen Kader antreten zu können. Bei den Damen bestand Handlungsbedarf, nachdem Julia Kunkel aufgrund ihrer beruflichen Ausbildung kürzer treten will und Nanna Vainio ihre internationale Karriere beendet hat. Die Finnin kam vor zwei Jahren vor den olympischen Spielen in Rio zu den Oberpfälzern und entwickelte sich schnell zum Punktelieferant. Seit Beginn des Jahres arbeitet sie in Helsinki bei einem IT Unternehmen und profitiert auch vom ihrem Arbeitgeber, der ihr die Gelegenheit gab, ihr tägliches Training im Nationalteam fortzusetzen. Allerdings konnte sie nicht mehr rund um den Globus reisen und internationale Turniere bestreiten. Die fehlende Matchpraxis machte sich schnell negativ auf ihre Leistung bemerkbar und sie verlor bei ihren Bundesligaeinsätzen viele Spiele gegen Gegnerinnen, die sie im Vorjahr noch geschlagen hatte. So war es für die Finnin die logische Konsequenz, ihre Laufbahn zu beenden. "Wir bedauern, dass Nanna nicht weiter macht; wir hatten eine super Zeit miteinander", sagt Teammanager Pistorius. Mit der 21-jährigen estnischen Nationalspielerin Kristin Kuuba hofft der TSV eine ebenbürtige Nachfolgerin gefunden zu haben. Kuuba trainiert mit der Nationalmannschaft in Tallin und wechselte von einem italienischen Verein aus Mailand zum TSV, um sich in der stärkeren Liga in Deutschland weiter zu entwickeln. Kuuba ist aktuell im Einzel an Nummer 80 der Weltrangliste und Nummer 69 im Doppel. Gemeinsam mit der Engländerin Jenny Moore, die ihre zweite Saison für Freystadt bestreitet und Bundeskaderspielerin Annabella Jäger ist Freystadt gut aufgestellt. Als Backup-Spieler stehen Julia Kunkel und Stefanie Spies weiter zur Verfügung.

Im Herrendoppel ersetzt der Engländer Max Flynn den zum Bundesligakonkurrenten SW Wittorf abgewanderten Polen Pawel Pietryja. Der Kontakt zu Flynn kam über Jenny Moore zustande, die nahe London mit ihm in einer Trainingsgruppe trainiert. Der 19-jährige Doppelspezialist wurde 2017 Vize-Europameister und wird an der Seite von Nationalspieler Johannes Pistorius, Ex-Vizeeuropameister Oliver Roth oder Florian Waffler im ersten Doppel spielen. Weiter zum Herrenkader gehören Lukas Schmidt, Hannes Gerberich, Andreas Pistorius und der Indonesier Fikri Hadmadi. Sollte Hadmadi von seinem Heimatverein in Kuala Lumpur keine Freigabe erhalten, hat der TSV mit dem kanadischen Nationalspieler Jason Anthony Ho-Shue eine gute Alternative. Der Kanadier belegt in der Weltrangliste aktuell den 31 Platz. Er plant in Europa einige Turniere zu spielen und könnte dies mit Bundesligaeinsätzen verbinden.

Auch was die Logistik betrifft stellen sich dem TSV Freystadt wieder einige Herausforderungen. Zu den Auswärtsspielen sind es in Summe über 7000 Kilometer, die man mit Privatautos zurücklegen wird. Johannes Pistorius reist vom Olympiastützpunkt von Saarbrücken an, Hannes Gerberich von Mülheim (NRW), wo die deutschen Einzelspieler trainieren. Die Engländer Flynn und Moore kommen von London, Kuuba von Tallin. Hadmadi, der in Kuala Lumpur trainiert, wird budgetbedingt nur einige Male für den TSV spielen können. Das gleiche gilt für den Kanadier Hoe-Shue.

"Wir sind gut aufgestellt und wollen unserem Publikum wieder hochklassiges Badminton zeigen", sagt Pistorius. Entscheidend für den Ligaerhalt wird sein, wie oft Freystadt seine internationalen Stars einsetzen kann. "Hier hoffen wir auf weitere private Sponsoren, die uns bei den Reisekosten unterstützen." Bei den Nationalspielern hängt der Einsatz außerdem davon ab, ob die Nationaltrainer ihre Spieler freigeben. Das wird aber auch die gegnerischen Teams treffen. Viele Spieler sind in den kommenden Monaten in Europa und Asien auf der Jagd nach Weltranglisten-Punkten, um sich eine gute Ausgangsposition für die Qualifikation zu den olympischen Spielen in Tokio zu verschaffen. Freystadt ist wohl auch der einzige Verein, in dem einige Spieler einem Beruf nachgehen. So hofft man, dass feste Größen wie Oliver Roth (Staatsanwalt) und Lukas Schmidt (Unternehmensberater) die Zeit finden, sich gut auf die Spiele vorzubereiten.

Beim TSV hofft man wie in der vergangenen Saison auf viele begeisterte Fans. Bereits am 8. und 9. September beginnt die Saison mit Spielen in Wittdorf-Neumünster und Trittau nahe Hamburg. Das erste Heimspiel folgt am 30. September gegen den BC Wipperfeld. Der Vorverkauf läuft, die Dauerkarte kostet 30 Euro. Bestellungen sind per E-Mail an stephan.pistorius@t-online.de zu richten. Die Karten können dann beim ersten Heimspiel abgeholt werden. Geplant ist auch ein Fanbus für alle Auswärtsspiele. Wer Interesse hat, sollte frühzeitig mit Tim Bambach (tim.bambach@gmx.de), Kontakt aufnehmen.