Eichstätt
"Klinsman hat für mich keine Priorität mehr"

Eichstätts Trainer Mattes blickt auf vergangene Saison zurück

27.05.2018 | Stand 02.12.2020, 16:20 Uhr
Bestens gelaunt war Trainer Markus Mattes nach der abgelaufenen Saison. Nun steht die Planung für die neue Spielzeit an. −Foto: Foto: Traub

Eichstätt (EK) Markus Mattes hat den VfB Eichstätt in der Premierensaison in der Regionalliga Bayern auf den siebten Platz geführt. Im Interview mit dem EICHSTÄTTER KURIER spricht der 42-Jährige über den schwierigen Start, die Saisonhöhepunkte und über die Kaderzusammenstellung für die neue Spielzeit.

Herr Mattes, G wie grandios lautete jüngst eine Überschrift im EICHSTÄTTER KURIER. Mit welchem einzigen Wort würden Sie selbst die Saison beschreiben?

Markus Mattes: Überraschend.

Wieso nicht mit "Ü wie überragend"?

Mattes: So könnte man es auch sagen. Es war irgendwie ein Mix aus Beidem. Überraschend deshalb, weil uns so eine Saison niemand zugetraut hat. Und überragend, weil wir wirklich tollen Fußball gespielt und uns verdient frühzeitig die Klasse gesichert haben.

Trotz einer riesigen Anfangseuphorie mit umstrittenen Schiedsrichterentscheidungen fehlten zunächst die positiven Ergebnisse. Wie beurteilen Sie die erste Phase in der Regionalliga?

Mattes: Das war schon eine harte Zeit, in der wir das Spielglück nicht auf unserer Seite hatten und viel Lehrgeld zahlen mussten. Ich erinnere beispielswiese an die Partie gegen die ?kleinen Bayern' als wir in der Nachspielzeit in einen Konter gelaufen sind und das 2:3 kassierten. So etwas darf einfach nicht passieren. Oder aber auch der späte Gegentreffer gegen den FC Pipinsried hätte nicht fallen dürfen. Da waren wir nicht clever genug und haben die Quittung dafür bekommen.

Dadurch hat die Mannschaft aber auch an Erfahrung gewonnen und ist gereift.

Mattes: Das stimmt vollkommen. In solchen Situationen ist es immer das Wichtigste, dass man aus den Fehlern lernt und sich persönlich weiterentwickelt. Und genau das ist uns gelungen.

Ein Wendepunkt war die 0:6-Pleite in Ingolstadt. Danach gab es in 19 Duellen nur noch vier Niederlagen.

Mattes: Vielleicht war es Glück. In jedem Fall haben wir damals die richtigen Schlüsse daraus gezogen und sind in die Erfolgsspur zurückkehrt. Zu diesem Zeitpunkt haben wir auch mit dem Torwartwechsel ein wichtiges Signal gesetzt und Stabilität in die Abwehr bekommen.

Welche Partie blieb Ihnen im Rückblick besonders im Gedächtnis?

Mattes: Da gibt es einige Höhepunkte. Aber rein sportlich war es wohl unser überzeugender 3:0-Sieg gegen den 1. FC Schweinfurt 04. Da haben meine Jungs wirklich eine überragende Leistung abgeliefert. Darüberhinaus war das Spiel im Grünwalder Stadion vor über 12000 Zuschauern gegen den TSV 1860 München für jeden Einzelnen ein außergewöhnliches Erlebnis. So etwas bleibt ein Leben lang hängen.

Wann haben Sie und die Mannschaft an eine realistische Chance für den Klassenerhalt geglaubt?

Mattes: Das war in der Phase vor der Winterpause, als wir konstant gut gespielt und auch Siege (Anm. d. Red.: 5 Siege und 1 Unentschieden aus 7 Spielen) eingefahren haben. Da hat jeder gewusst, dass wir nicht nur mitspielen, sondern auch erfolgreich sein können. Der Glaube an den Klassenerhalt wurde mit der wachsenden Zahl an Punkten immer größer.

34 Zähler aus 18 Spielen bedeuteten den sensationellen vierten Platz in der Rückrundentabelle. War das Zufall, Glück oder der Lohn harter Arbeit?

Mattes: Ich würde sagen: Eine Mischung aus allem. Im Fußball ist es so, dass bei einem positiven Lauf manche Sachen viel einfacher gehen. Wir haben mit Sicherheit aber auch von unserer harten Arbeit profitiert. Da steckte viel Fleiß und Schweiß drin. Sowohl die Sommer- als auch die Wintervorbereitung waren nämlich extrem intensiv und kräftezehrend. Aber das hat sich letztendlich ausgezahlt.

Was hat Sie in der vierthöchsten deutschen Spielklasse am meisten überrascht - sowohl positiv als auch negativ?

Mattes: Eigentlich nichts. Wir waren auf alles gut vorbereitet und haben immer gewusst, was uns erwartet. Auffällig war vielleicht, dass die Trainer während des Spiels noch mehr Einfluss auf ihre Mannschaft nehmen und die taktischen Formationen häufiger ändern. Aber ansonsten gab es keine großartigen Überraschungen.

Überraschend dürfte für Sie aber der kurzfristige Abgang von Winter-Neuzugang Kevin Kühnlein gewesen sein. Der 27-Jährige hatte es auf Anhieb in die Stammformation geschafft.

Mattes: Sein Weggang ist definitiv sehr schmerzhaft und tut uns natürlich weh. Wir hatten mit ihm längerfristig geplant, weil wir um seine Qualität wussten. Diese hat er auch in der Rückrunde auf den Platz gebracht und mit ihm in der Innenverteidigung sind wir noch stabiler gestanden. Aber so ist nun einmal das Leben. Es geht weiter - auch ohne Kühnlein.

Und mit wem als Ersatz?

Mattes: Klar ist, dass wir in eine Regionalliga-Saison nicht nur mit den beiden Innenverteidigern Maximilian Eberwein und Benjamin Schmidramsl gehen können, zumal Markus Waffler studienbedingt für eine längere Zeit ausfallen wird. Wir werden in den kommenden Tagen und Wochen versuchen, die Stelle bestmöglich zu besetzen.

Kann man Rückkehrer Athedon Lushi als Sturmpartner von Fabian Eberle sehen, oder ist er eher das Gegenstück dazu?

Mattes: Ati gibt uns in der Offensive grundsätzlich viele Optionen. Er kann auf den Außenbahnen spielen und hat in den vergangenen beiden Jahren in Pipinsried zentral in der Spitze gespielt und seine Tore geschossen. Dadurch hat er sich in seinem Spiel weiterentwickelt. Zusätzlich ist er natürlich eine Alternative, wenn mit dem Faber einmal etwas sein sollte.

In Ihrem Spielsystem scheint eine Doppelspitze ausgeschlossen. Ist Lushi also sozusagen der Backup für Eberle?

Mattes: Ich denke nicht, dass wir in der kommenden Saison so stark sein werden, um mit zwei Angreifern zu spielen. Ich werde da eher wieder auf ein kompaktes Mittelfeld setzen. Deshalb wird in der Regel nur einer stürmen. Aber wie gesagt: Ich sehe Athedon Lushi ohnehin nicht als zentralen Stürmer. Wenn Not am Mann ist, dann kann er diese Position spielen. Aber meiner Meinung nach hat er seine Stärken auf der Außenbahn. Für mich ist er daher eher ein sehr stark ausgerichteter offensiver Mittelfeldspieler auf der linken Seite.

Wie steht es um die Verpflichtung von Klinsman, der nun den Deutschtest bestanden hat und einreisen dürfte? Und was können Sie uns zu den Wechselabsichten von Stürmer Yomi Scintu sagen?

Mattes: Durch die Verpflichtung von Athedon Lushi hat Klinsman für mich keine Priorität mehr. In dieser Angelegenheit bin ich ganz entspannt. Und auch bei Yomi ist es so, dass wir nicht warten können, bis sein Berater eine Entscheidung trifft. Deshalb mussten wir handeln. Aber sollte der Yomi letztendlich doch bleiben, dann ist es gut und wir freuen uns. Ansonsten sind wir aber auch so gut aufgestellt.

Als letzter Mannschaftteil verbleibt noch die Torhüterposition.

Mattes: Da haben wir im Trainerteam noch keine abschließende Entscheidung getroffen. Es ist gut möglich, dass wir mit Thomas Bauer und Michael Gurski in die Saison gehen, oder aber auch noch einen Torwart verpflichten. Das ist in der Schwebe. Beides ist denkbar.

Wie ist der Fahrplan bis zur Sommervorbereitung?

Mattes: Da habe ich mich noch nicht genau festgelegt, ob wir am Freitag, 8. oder Samstag, 9. Juni mit dem Training wieder anfangen. Aber bis dahin haben die Spieler auf jeden Fall frei und sollen ihre Beine hochlegen.

Das Gespräch führte Norbert Dengler