Unterhaching - Das Geisterderby des FC Ingolstadt bei der SpVgg Unterhaching war erst wenige Minuten alt. Beide Mannschaften tasteten sich in diesem so richtungsweisenden Spiel im Kampf um den Aufstieg noch ab. Doch einer hatte von Anfang an keine Lust auf jedwedes Geplänkel: Tomas Oral.
Der Ingolstädter Coach verpasste Frederic Ananou nach einem Stellungsfehler einen ordentlichen Einlauf, ließ an Sportchef Michael Henke seinen Frust nach einem verpassten Flankenlauf von Peter Kurzweg aus und kommentierte beinahe jeden Pfiff von Schiedsrichter Tobias Reichel. Kurzum: Der Rückkehrer lebte an der Seitenlinie den unbedingten Siegeswillen vor – und das färbte auf seine Mannschaft ab.
Mit dem 2:1 (1:1) beendeten die Schanzer ihre Negativserie von sechs sieglosen Spielen und landeten im packenden Aufstiegsrennen der 3. Liga einen „immens wichtigen Dreier. Die Mannschaft wollte keine weitere Niederlage oder Unentschieden akzeptieren“, sagte Oral, der nach der späten Rückkehr aus Unterhaching am Mittwoch trainingsfrei gab. „Die sechs Spiele ohne Sieg steckten natürlich in den Köpfen drin. Aber das Spiel wird uns den Glauben an die eigene Stärke und das Selbstbewusstsein zurückbringen“, ergänzte der Nachfolger von Jeff Saibene.
Obwohl die Ingolstädter durch ein Eigentor von Ananou (13.) früh in Rückstand gerieten, wichen sie von ihrer mutigen Ausrichtung nicht ab. Mit einem laufintensiven Pressing provozierten sie immer wieder Fehler im Spielaufbau der Hachinger und kamen so auch zum Ausgleich. Dennis Eckert-Ayensa (19.) nutzte eine missglückte Kopfballrückgabe von Kapitän Dominik Stahl zum Ausgleich. Der FCI machte sich das Leben aber weiter selbst schwer, indem Stefan Kutschke (31.) einen an Eckert-Ayensa verursachten Foulelfmeter über das Tor zimmerte. Mit einem herrlichen Freistoßtreffer aus rund 25 Metern sorgte Maximilian Wolfram (54.) dann aber für die Wende. Nach einer geschlossenen Defensivleistung in den Schlussminuten stand der erste Auswärtssieg seit Anfang Dezember fest.
„Maxi ist ein Künstler, und Künstler sind spezielle Fußballer. Er hat einen speziellen Fuß, den habe ich schon lange nicht mehr gesehen“, lobte Oral den Rechtsschützen, der trotz seines durchwachsenen Auftritts beim Neustart gegen den FC Bayern II (1:2) wieder von Beginn an ran durfte – im Gegensatz zu Maximilian Beister, der nicht einmal den Sprung in den Kader schaffte. „Ich wäre schlecht beraten, wenn ich ihn direkt wieder fallen lasse. Man kann einen Spieler nicht gleich rasieren, wenn es mal nicht läuft“, erklärte Oral seinen Vertrauensbeweis für Wolfram: „Ich glaube an ihn und seine fußballerischen Fähigkeiten. Der Rest liegt dann an mir.“
Dass auch die Emotionalität zu den Hauptaufgaben des Ingolstädter Trainers zählt, wurde im Hachinger Sportpark ebenfalls deutlich. Mit seiner impulsiven Art wandelte der 47-Jährige stets an der Grenze des Erlaubten – und überschritt diese auch. „Ich spüre einfach, dass die Mannschaft diese brutale Unterstützung braucht. Es kann schon sein, dass ich dabei mal über das Ziel hinausschieße, aber man darf sich trotz der Geisterspiele nicht in seinem Naturell verändern“, rechtfertige sich Oral, der in der Schlussphase nach einer kleinen Rangelei mit Hachings Verteidiger Markus Schwabl die Gelbe Karte kassierte und von der Delegation der Gastgeber mit nicht ganz jugendfreien Beleidigungen bedacht wurde.
Dass der Rückkehrer mit seinem Spektakel an der Seitenlinie jedoch Vieles richtig machte, musste gewissermaßen auch Hachings Trainer Claus Schromm anerkennen. „Was Cleverness und Zweikampfverhalten“ betreffe, sei der FCI seiner Mannschaft überlegen gewesen, sagte der 51-Jährige und sah „Ingolstadt einfach einen Tick voraus“. In der Tabelle steht allerdings die SpVgg noch knapp vor den Schanzern. Unter Berücksichtigung der letzten Partien des 29. Spieltags am Mittwochabend verkürzten die Ingolstädter den Abstand auf die Spitze aber auf drei Punkte und können am kommenden Sonntag (17 Uhr) gegen die SG Großaspach den . „Die Antennen müssen gespitzt sein. Wir dürfen in keiner Weise auch nur ein Prozent nachlassen“, forderte Oral.
Julian Schultz