Ingolstadt
Noch nicht reif

Schlechte Chancenverwertung wirft verbesserten FCI im Aufstiegsrennen zurück

17.06.2020 | Stand 23.09.2023, 12:24 Uhr
Der Schein trügt: Fatih Kaya jubelt nicht über einen Treffer, sondern ärgert sich über die vergebene Siegchance. −Foto: Bösl

Ingolstadt - Es war gewiss eine der interessantesten Partien der Saison und auch eine der besten Leistungen der Schanzer. Doch am Ende stand für den FC Ingolstadt nach dem 0:0 gegen Eintracht Braunschweig wieder einmal zu wenig Ertrag. Dreimal hintereinander ohne Gegentor, fünfmal in Folge ungeschlagen, aber nur ein Punkt - eine schöne Statistik, eine gute Entwicklung, aber es bringt den FCI im Aufstiegskampf der 3. Liga nicht weiter. Und darum weiß auch Trainer Tomas Oral: "Uns droht ein wenig die Zeit davonzulaufen. " Es gibt noch fünf Spiele.

 

Umso bitterer für den 47-Jährigen und sein Team, dass sie sich nicht viel vorwerfen können. Und so stellt sich letztlich nach den vielen verpassten Chancen auch in den vergangenen Spielen die Frage, ob die Qualität für ganz vorne reicht. Oral meinte: "Es ist keine Frage der Qualität, sondern der Reife. Die kann ich von den jungen Spielern noch nicht erwarten. " Bestes Beispiel: Fatih Kaya. Der 20-jährige Stürmer, den der FCI seit 2016 im Verein ausgebildet hat, kam nach seiner Einwechslung zur besten Chance der Ingolstädter im ganzen Spiel, doch setzte er einen Abpraller aus fünf Metern neben das fast leere Tor. "Da muss er den rechten Fuß nehmen", erkannte Oral bei der Szene in der 87. Minute - es wäre der Lucky Punch gewesen.

Und der verdiente Lohn für eine Energieleistung. Denn gegen das Abwehrbollwerk der Gäste, die mit einer 5-4-1-Formation weit in der eigenen Hälfte standen und ausschließlich auf Konter lauerten, war der FCI gezwungen, das Spiel zu gestalten - für jede Mannschaft in der 3. Liga ein schwieriges Unterfangen. Der unglaublich leichtfüßige Schlaks Filip Bilbija versuchte es immer wieder mit Dribblings, doch fehlte dem 20-Jährigen noch das letzte Durchsetzungsvermögen. Maximilian Thalhammer agierte dagegen als Stratege, ackerte zäh von hinten heraus, aber fand zu selten den genialen Pass.

Und allen gemeinsam fehlten ein Schuss Tempo, die nötige Präzision und auch das Risiko, um den Gegner häufiger in Verlegenheit zu bringen. "Es stand viel auf dem Spiel, aber wir haben den Gegner 90 Minuten dominiert", lobte Oral, und auch Vizekapitän Marcel Gaus, der mit seinen Kollegen aufopferungsvoll und konzentriert verteidigte, meinte: "Was unseren Auftritt, die Galligkeit, Aggressivität und das Gegenpressing anbelangt, kann man uns nichts vorwerfen. "

Letztlich verhinderte die zu geringe Torgefahr der FCI-Angreifer den so dringend notwendigen Sieg. Kapitän Stefan Kutschke verbuchte lediglich einen Distanzschuss, Torjäger Dennis Eckert-Ayensa agierte glücklos, und Maximilian Beister ließ bei seinem Comeback - wie bisher auch - zwar seine Klasse aufblitzen, jedoch nur in kurzen Momenten. Nach wie vor wirkt der 29-Jährige wie ein Fremdkörper im Team, sei es, dass er zu selten den Ball bekommt, selbst wenn er sich in guter Position anbietet, sei es, wenn er verbal von außen Kommandos erhält und anstelle eines im Fußball üblichen Spitznamens von Oral mit "Maxi Beister" gerufen wird. Orals Urteil über Beisters Leistung fiel dementsprechend betont neutral aus. "Er hat so agiert wie jeder einzelne auch und hat versucht, das Spiel zu ziehen. "

Apropos Oral: Der impulsive Trainer versuchte gerade in der ersten Halbzeit pausenlos mit aktivem Coaching, sein Team zu puschen. "Bleib draußen, mach das Feld breit", "Gausi sprechen", "Hallo Sandwich" oder "Come on Paulsen" lauteten einige seiner Kommandos. Außerdem lieferte er sich immer wieder verbale Scharmützel und "Trash Talk" mit seinem Eintracht-Kollegen Marco Antwerpen, weil ihn dessen Defensivtaktik nervte. Um so mehr genoss Antwerpen hinterher den Punkt. "Ich bin sehr zufrieden. Was wir holen wollten, haben wir geholt. Damit haben wir einen Konkurrenten auf Abstand gehalten. "

Oral hingegen muss nun hoffen, dass auch die Konkurrenz Federn lässt und sich sein Team in den fünf Tagen bis zum Spiel beim FSV Zwickau (Sonntag, 17 Uhr) erholt. Einen mentalen Knacks nach dem Kraftakt gegen Braunschweig und der bisher erfolglosen Aufholjagd auf die Spitzenplätze befürchtet er jedoch nicht. "Ich muss die Spieler nicht aufbauen und extra motivieren. Wir glauben weiter an unsere Chance", meinte Oral, der bei seinem dritten Engagement beim FCI am Wochenende 100 Tage im Amt sein wird.

DK

Gottfried Sterner