Ingolstadt
Das Glück der Tüchtigen

FCI profitiert gegen Mannheim von Schiedsrichterentscheidungen - Waldhof-Trainer Trares wittert Verschwörung

25.06.2020 | Stand 23.09.2023, 12:33 Uhr
Der Schein trügt: Fatih Kaya jubelt nicht über einen Treffer, sondern ärgert sich über die vergebene Siegchance. −Foto: Bösl

Ingolstadt - Neun Gelbe Karten, ein Platzverweis, ein aberkanntes Tor, ein strittiger Strafstoß und eine abstruse Verschwörungstheorie: Das turbulente 2:0 (1:0) des FC Ingolstadt gegen Waldhof Mannheim bot reichlich Diskussionsstoff.

Während die Schanzer auf den Aufstiegsrelegationsplatz der 3. Liga sprangen, fühlten sich die Kurpfälzer von Schiedsrichter Robert Kempter betrogen. Am Donnerstagabend legte Waldhof sogar offiziell Beschwerde beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) gegen den Referee ein.

In Zeiten von Corona haben Verschwörungstheorien Hochkonjunktur. Auch Bernhard Trares fiel am Mittwochabend mit einer steilen These auf. "Ich weiß nicht, ob so etwas mit dem DFB zu tun hat, weil wir natürlich auch immer klagen und der Koch (DFB-Vizepräsident Rainer Koch, Anm. d. Red. ) aus Bayern ist. Vielleicht kommen da Sympathien auf", witterte der Mannheimer Trainer eine Verschwörung gegen die Waldhöfer, die in der Zwangspause ein vehementer Verfechter eines Saisonabbruchs waren und sich mit dem DFB angelegt hatten. "Wer das Spiel gesehen hat, weiß, wer es entschieden hat. Die Leistung von den Unparteiischen war parteiisch", erboste sich Trares.

Der Wutanfall des 54-Jährigen resultierte aus zwei spielentscheidenden Szenen, die beide zugunsten der Ingolstädter ausfielen. Zum einen nahm Kempter aus dem schwäbischen Stockach den vermeintlichen Führungstreffer von Kevin Koffi (26.) zurück, nachdem Linienrichter Marcel Schütz eine Abseitsstellung des Mannheimer Angreifers erkannt hatte. Zum anderen entschied der Unparteiische nach einem Zweikampf zwischen Fatih Kaya und Florian Flick auf Strafstoß für die Schanzer, den Kapitän Stefan Kutschke (41.) zum 1:0 nutzte.

Als Folge legten die Mannheimer am Donnerstagabend sogar Beschwerde beim DFB gegen Kempter ein und forderten, den Unparteiischen nicht mehr bei Waldhof-Spielen einzusetzen. "Nicht nur die klaren Fehlentscheidungen, sondern auch die Aussagen und das Auftreten des Schiedsrichters gegenüber unseren Spielern und Funktionären lassen den Schluss zu, dass es zwar ein guter Tag für Herrn Kempter, aber ein schlechter Tag für das viel zitierte Fairplay war", erklärte Geschäftsführer Markus Kompp bei Facebook.

"Da fehlen mir die Worte, das macht mich fassungslos. Für solche Vorwürfe gibt es in meinen Augen überhaupt keinen Anlass", reagierte Ingolstadts Sportchef Michael Henke am Donnerstag gegenüber unserer Zeitung auf Trares' Verschwörungstheorie. "Wir hatten sicherlich kein Pech. Aber wenn man unsere Spielanteile und Chancen sieht, dann war es ein hochverdienter Sieg", ergänzte der 63-Jährige und legte seine Sicht der Dinge dar.

"Es war eine Abseitsentscheidung. Man kann es in den TV-Bildern nicht genau sehen, aber der Linienrichter hat eben so entschieden. Das war meiner Meinung nach korrekt", meinte Henke über den aberkannten Treffer, nachdem zunächst auch ein Foulspiel von Koffi im Raum stand. Demnach soll der Mannheimer Angreifer in der Wahrnehmung von Linienrichter Schütz bei einem Freistoß von Arianit Ferati etwas zu früh gestartet sein.

Warum Kempter den Treffer erst nach einer gefühlten Ewigkeit aberkannte, soll an der Verletzung von Torhüter Fabijan Buntic gelegen haben (siehe Kasten). "Es ging erst mal um den Spieler. Das haben die Schiedsrichter scheinbar abgewartet", mutmaßte Henke.

"Aus der Perspektive, bitteschön, da kann man doch nicht sagen ob Abseits oder kein Abseits", kommentierte FCI-Trainer Tomas Oral die Szene, die von keiner Kameraeinstellung im Audi-Sportpark aufgelöst werden konnte. Wesentlich deutlicher war allerdings der zweite Aufreger. Verteidiger Flick ging im Strafraum zwar "mit gestrecktem Bein und auf Kopfhöhe", so Henke, in Richtung Kaya. Der Mannheimer berührte den Angreifer dabei jedoch nicht. Laut DFB-Regel 12 hätte Kempter deshalb eigentlich auf indirekten Freistoß entscheiden müssen.

Nicht so für Henke. "Für mich ein klarer Elfer", stellte der Sportchef fest und schob einen Erklärungsansatz nach: "Man kann das Regelwerk hin- und herdrehen: Für mich ist entscheidend, dass der Gegenspieler Fatih den Kopf rasiert, wenn er voll durchzieht. " Der Unparteiische habe die Szene genauso interpretiert, "und deshalb ist für mich die Entscheidung voll nachvollziehbar".

Weil Kutschke die Nerven behielt, ebnete der Kapitän dem FCI mit seinem sechsten verwandelten Elfmeter in dieser Saison den Weg zum Sieg, den Maximilian Thalhammer (70.) mit einem trockenen Flachschuss unter Dach und Fach brachte. "Es ist schon glücklich für uns gelaufen", gab Kutschke unmittelbar nach Abpfiff zu. Der 31-Jährige sprach von einer "wilden ersten Halbzeit mit heftigen Entscheidungen", die auch noch die Rote Karte gegen Trares (26.) wegen Ballwegschlagens parat hatte. "Das war blöd von mir", zeigte sich der Mannheimer Coach kleinlaut.

Während für die Waldhöfer "die Meisterschaft abgeschrieben" ist, so Trares, sind die Schanzer wieder mittendrin im Aufstiegsrennen. Erstmals seit Mitte Februar steht der FCI wieder unter den Top Drei - Spitzenreiter FC Bayern II ist nicht aufstiegsberechtigt - und mit dem Relegationsplatz geben sich die Ingolstädter längst nicht zufrieden. "Ich kann nur an alle appellieren, dass wir unsere Konzentration gleich wieder auf das nächste Spiel legen", forderte Henke vor dem Auswärtsspiel am kommenden Sonntag beim SV Meppen (13 Uhr/Magenta Sport) und ergänzte: "Wir sind nach wie vor der Jäger, denn wir wollen weiter nach oben. "

DK

 

Julian Schultz