Ingolstadt
Klappt's wieder?

2016 feierte Ex-FCI-Trainer Walpurgis in Darmstadt einen Top-Einstand - jetzt hofft Keller auf Wiederholung

07.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:20 Uhr
Torjubel anno 2016: "Bomber" Moritz Hartmann feierte seinen Treffer zum 1:0-Sieg in Darmstadt als werdender Vater. Florent Haderjonaj (links) und Pascal Groß (dahinter) jubeln mit. Hartmanns Treffer bescherte dem damaligen FCI-Trainer Maik Walpurgis einen perfekten Einstand. −Foto: Bösl

Ingolstadt (DK) Immer wieder Darmstadt 98. In der Vereinsgeschichte des FC Ingolstadt sind die Duelle mit den Hessen ein steter Begleiter und oft von wegweisender Bedeutung. Am Samstag um 13 Uhr ist es am Böllenfalltor erneut so weit: Der FCI hofft dabei zum Einstand von Trainer Jens Keller wieder einmal auf einen erfolgrreichen Neustart.

Ein Szenario wie vor zwei Jahren wäre den Ingolstädtern am liebsten. Damals, am 19. November 2016, feierte Maik Walpurgis als Nachfolger von Markus Kauczinski ein erfolgreiches Debüt auf der Schanzer Trainerbank. 1:0 gewann der FCI dank eines Treffers von "Bomber" Moritz Hartmann - und es keimte Hoffnung auf im Kampf um den Klassenerhalt.

Gleiches wünschen sich die Schanzer bei Kellers Premiere. Dieser wiederum appelliert wie seine Vorgänger Stefan Leitl und Alexander Nouri an die Einstellung der Profis. "Die Mannschaft befindet sich in einer gefährlichen Situation. Sie ist sich ihrer Stärke irgendwo bewusst. Trotzdem steht sie am Tabellenende. Wenn nicht jedem im Kopf klar ist, dass wir im Abstiegskampf sind, werden wir es nicht schaffen", sagt Keller und nimmt das Heimspiel gegen den Hamburger SV (1:2) als mahnendes Beispiel. "Ich kann nicht hören, dass das nicht so schlecht war. Am Anfang der Saison hat man sich gewünscht, dass das ein Spitzenspiel wird. Der HSV spielt nicht in einer anderen Liga, sondern in der gleichen wie wir. Und wenn ich verliere, habe ich keine Punkte. Da kann man nicht sagen: Die sind Erster und wir Letzter, da kann man mal verlieren. Nein, das ärgert mich ungemein. Ich hasse Niederlagen."

Vier Tage hatte Keller Zeit, sich einen Matchplan für die wegweisende Partie zurechtzulegen. Dabei gibt es nach der Personalrochade gegen den HSV Fragen über Fragen. Wer steht im Tor? Kehrt Kapitän Marvin Matip in die Abwehrkette zurück? Gibt es eine Doppelsechs, und wenn ja, eher eine defensive oder offensive Variante? Wer soll Darmstadts Flügelflitzer Marcel Heller stoppen? Und schließlich: Wer führt den Ingolstädter Angriff an? Stefan Kutschke oder Dario Lezcano, der auch beim einzigen Saisonsieg gegen Aue (3:2) traf? Oder soll der 19-jährige Jungprofi Fatih Kaya mit seiner positiven Energie seine Teamkollegen anstecken? Oder denkt sich Keller eine ganz andere Variante aus?

Fixpunkte im FCI-Team gibt es derzeit nämlich kaum. Aufgrund seiner Erfahrung im Abstiegskampf dürfte Philipp Heerwagen im Tor den Vorzug erhalten, zudem ist Almog Cohen im von Keller bevorzugten 4-2-3-1-System auf der Doppelsechs wohl gesetzt. Dann aber beginnen die Variations- und Umstellungsmöglichkeiten. Rückt der robuste Benedikt Gimber aus der Abwehr an die Seite von Cohen? Oder entscheidet sich Keller für eine offensivere Ausrichtung mit Konstantin Kerschbaumer? Welche Rolle spielt Sonny Kittel. Mit je zwei Toren und Vorlagen sind Kerschbaumer und Kittel die produktivsten Kräfte im FCI-Team. Andererseits können auch Osayamen Osawe mit seiner Wucht und Schnelligkeit oder Thorsten Röcher mit Tempo, Technik und Torriecher der Mannschaft Impulse geben.

Keller muss die richtige Mischung finden. "Ein großer Schwerpunkt war das Defensivverhalten, die Aggressivität, den letzten Schritt zum Mann zu machen und die Räume eng zu halten. Wir haben schon an einigen Stellschrauben gedreht und intensiv gearbeitet. Aber wir sollten auch eine Idee haben, ein Tor zu schießen", sagt der FCI-Coach.

Vielleicht so wie am 10. März Robert Leipertz, der beim 1:1 in Darmstadt wie aus dem Nichts die Schanzer Führung erzielte und danach mit weiteren vier Treffern zum Joker im Team wurde. Seither ist das Phantom völlig abgetaucht, doch kennt Keller den sensiblen Stürmer noch aus seiner Zeit bei Schalke. Haucht er ihm neue Lebensgeister ein?

Historisch gesehen stehen die Aussichten, dass die Schanzer bei den Lilien punkten, zumindest nicht schlecht. Von zehn Duellen mit den Hessen ging in der Vereinsgeschichte des FCI nur ein einziges verloren. Viermal siegten die Ingolstädter, fünfmal gab es ein Unentschieden, nie endete ein Spiel torlos.

Schon die beiden Regionalliga-Partien 2006/07 (jeweils 2:2) waren heiß umkämpft. Turbulent ging es auch 2014/15 zu, als beide im Gleichschritt in die Bundesliga aufstiegen. Beim 2:2 zum Saison-Heimauftakt erlitt 98-Kapitän Aytac Sulu bei einem Zusammenprall mit dem eigenen Keeper einen Jochbeinbruch - Karl-Heinz Lappe glückte der Ausgleich für den FCI erst in der Nachspielzeit.

Nur dass sich das Szenario der einzigen FCI-Niederlage (0:2) wiederholt, ist ausgeschlossen. Damals hatte Erfolgscoach Ralph Hasenhüttl seine Mannschaft vor dem Spiel mit der Offenbarung schockiert, dass er sie am Saisonende verlässt. Bei Keller kann das nicht passieren. Erstens läuft sein Vertrag ohnehin im Sommer aus, zweitens fängt er ja gerade erst beim FCI an und drittens denken wohl alle lieber an eine Wiederholung des Coups von 2016.
 

RUND UMS SPIEL

Aufstellungen: Beim FC Ingolstadt, dem Christian Träsch (Kreuzbandriss) und Thomas Pledl (Innenbandzerrung) fehlen, stehen noch Fragezeichen hinter Tobias Schröck, der noch mit den Nachwirkungen einer Oberschenkelverletzung kämpft, und Paulo Otávio, dem ein Magen-Darm-Infekt zu schaffen macht. Beim SV Darmstadt ersetzt Immanuel Höhn den gelbgesperrten Kapitän Aytac Sulu. Zudem sind Innenverteidiger Marcel Franke (Wade) und Mittelfeldspieler Slobodan Medojevic (Adduktoren) angeschlagen.

SV Darmstadt: Heuer Fernandes - Rieder, Höhn, Franke, Holland - Medojevic, Kempe - Heller, Mehlem, Jones - Dursun.
FC Ingolstadt: Heerwagen - Ananou, Kotzke, Matip, Gaus - Cohen, Gimber - Kittel, Kerschbaumer, Osawe - Lezcano (Kaya).

Negativserie: So lange wie die Schanzer wartet kein Klub der 1. und 2. Bundesliga auf einen Sieg. Vor 99 Tagen oder elf Spielen gelang den Ingolstädtern beim 3:2 gegen Erzgebirge Aue (31. August) der letzte Erfolg. Noch länger sieglos blieben die Schanzer nur in der Zweitliga-Saison 2008/09 (16 Spiele), die mit dem Abstieg endete.

Abwehrschwach: Der FCI kassierte mit 31 Gegentreffern die meisten der 2. Bundesliga. Nur einmal in den vergangenen 27 Liga-Spielen – beim 2:0-Sieg in Braunschweig – blieben die Schanzer ohne Gegentor. Aber auch die Lilien, unter Trainer Dirk Schuster bekannt abwehrstark, haben ihre Stabilität verloren. 24 Gegentore stehen bei ihnen zu Buche. In den letzten 15 Spielen der Vorsaison, als die Darmstädter mit einer Serie von elf Spielen ohne Niederlage gerade noch den Klassenerhalt schafften, waren es nur halb so viele.

Gelbgefahr: Beim FCI sind Benedikt Gimber und Robin Krauße (je vier gelbe Karten) von einer Sperre bedroht. Bei Darmstadt ist Linksverteidiger Fabian Holland gefährdet.

Begleitung: Rund 300 FCI-Fans fahren mit nach Darmstadt. Sie werden dieses Mal in einem Spezialblock untergebracht.

Gottfried Sterner