Ingolstadt
Kommentar: Geschmacklose Argumentation

Streit über Fortsetzung der 3. Fußball-Liga

28.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:48 Uhr

−Foto: Michael Deines/dpa

Ingolstadt - Der Streit über die Zukunft der 3. Fußball-Liga drohte endgültig zu eskalieren. Vor der erneuten Videokonferenz gestern Nachmittag war dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) die Debatte über die Saisonfortsetzung oder den sofortigen Abbruch längst aus dem Ruder gelaufen.

Trotz eines Maulkorbs durch den DFB sahen sich die verschiedenen Lager beinahe täglich dazu bemüßigt, in der verworrenen Diskussion ihren Standpunkt klar zu machen. Knapp zwei Monate seit Aussetzung des Spielbetriebs wurde eines immer deutlicher: Die Mehrheit der Profivereine verfolgt vor allem Eigeninteressen, bringt ihre gesellschaftliche Verantwortung nur als billigen Vorwand ins Spiel und hat an einer konstruktiven Problemlösung überhaupt kein Interesse. Für den geschmacklosen Höhepunkt in der bisherigen Diskussion sorgte dabei Waldhof Mannheim.

Der Aufsteiger warb mit einem Coronavirus-Todesfall im direkten Umfeld eines Spielers für den sofortigen Saisonabbruch. Diese Begründung von Waldhofs Geschäftsführer Markus Kompp ist an Pietätlosigkeit nicht zu überbieten. Zumal sich die Befürworter eines vorzeitigen Saisonendes - zu denen auch Mannheim zählt - in der Öffentlichkeit als Moralapostel hervorgetan haben. Der Einwand wirkte zu dem arg heuchlerisch. Waldhof, das am letzten Spieltag vor der Corona-Krise zum überhaupt ersten Mal in dieser Saison auf einen direkten Aufstiegsplatz geklettert war, wäre nämlich möglicherweise einer der großen Profiteure bei einem Abbruch.

Als Tabellenzweiter könnte der Klub auf einen Aufstieg in die 2. Bundesliga spekulieren und in der neuen Spielzeit – wann immer diese beginnt – in ganz andere finanzielle Dimensionen vorstoßen. Das Ergebnis der gestrigen Videokonferenz, wonach sich eine Mehrheit aller Drittligisten für eine Fortsetzung der Saison aussprach, ist vor diesem Hintergrund ein gutes Zeichen. Gleichzeitig ist jedoch zu befürchten, dass die unsachliche Diskussion munter fortgesetzt wird. Der DFB sollte diesem grotesken Gebaren einiger Vereine aber endlich einen Riegel vorschieben und sich nicht von den sogenannten Traditionsklubs leiten lassen. Andernfalls hat die 3.Liga sicher keine Zukunft mehr.

Julian Schultz