München
Keine Tore, aber trotzdem weiter

FC Bayern erreicht mit 0:0 gegen FC Sevilla das Halbfinale in der Champions League

11.04.2018 | Stand 23.09.2023, 2:53 Uhr

München (DK) Der FC Bayern hat seine Hausaufgaben erledigt und ist ins Champions-League-Halbfinale eingezogen. Ein 0:0-Unentschiden reichte den Münchnern gestern Abend bereits zum Weiterkommen gegen den FC Sevilla, der es den Hausherren aber nicht leicht machte.

Zugegeben, Vincenzo Montella ist Italiener. Und zehn Jahre lang hatte er einst sogar das Trikot der AS Rom getragen. Aber deswegen jetzt, als Chefcoach der Sevillistas, der Wegbereiter einer ähnlichen Sensation, wie sie seinem Ex-Klub 24 Stunden zuvor gegen den FC Barcelona gelungen war? Nichts da, weil die Münchner die Aufgabe von Beginn an mit dem nötigen Ernst annahmen - sich keineswegs auf dem schmalen Polster eins 2:1-Hinspielsiegs ausruhend. Das klare Ziel der Münchner: Ein schnelles Tor sollte her, um auch allerletzte Zweifel an einen Platz in der Vorschlussrunde zu zerstören. Und damit eben auch bald einen entspannten Abend zu haben.

Zunächst allerdings war er unangenehm, ja sogar richtiggehend schmerzhaft. Vor allem für Robert Lewandowski, weil die Gäste aus Andalusien gleich mal so richtig hinlangten. Jeweils Gelb für Gabriel Mercado (2.) und Steven N'Zonzi (10.) war die Folge hiervon - stets nach rustikalen, fast schon brutalen Aktionen gegen den Polen. Nur gut für den FCB, dass sein Ausnahmestürmer hinterher immer wieder aufstehen konnte.

Die beinharte Zweikampführung der Spanier - vielleicht auch ein Grund, weshalb es der FCB auf einmal gemächlicher angehen ließ? Nachdem James Rodriguez (3.), Robben (6.) und Lewandowski (7.) in der Anfangsphase noch Topchancen besessen (sowie vergeben) hatten, ging in Sachen Offensivpower plötzlich nichts mehr Brauchbares zusammen. Der FC Sevilla wurde derweilen stärker, gestartete die Partie ausgeglichen - zwar ohne die Münchner Abwehr dadurch ernsthaft in Bedrängnis zu bringen, aber immerhin.

Es musste also wieder mehr kommen von den Bayern. Und es kam mehr. Ein toller Distanzschuss von Mats Hummels etwa strich nur knapp am Winkel vorbei (34.), gegen einen Franck-Ribéry-Knaller wusste Keeper David Soria noch eine sensationelle Antwort (34.) - und nach einer scharfen Heeingabe von Thomas Müller rettete Jesus Navas erst im allerletzte Moment (41.). Kurzum: Eine Halbzeitführung des FCB wäre absolut in Ordnung gegangen. Andererseits: Nicht auszudenken aus Münchner Sicht, hätte Rafinha nicht ohne Rücksicht auf Verluste noch einen Patzer von Javi Martinez ausgemerzt und gegen den frei durchgebrochenen Franco Vazquez geklärt (45.). Diese Szene zeigte nur zu gut: Die Andalusier auf die leichte Schulter zu nehmen, könnte ein Riesenfehler sein.

Zurück zu Rafinha. Das Lob seines Chefs Jupp Heynckes ("Er hat das zuletzt, rechts oder links, grundgut erfüllt- ist sehr agil, sehr professionell, eine Bereicherung für die Mannschaft") schien dem Brasilianer gestern regelrecht Flügel verliehen zu haben. Als Ersatz von David Alaba lieferte er in der Defensive eine durch und durch solide Partie ab - um dann immer wieder auch die Muse zu haben, sich ins Angriffsspiel mit einzuschalten. So wäre seine zentimetergenaue Flanke in der 49. Minute definitiv einen Treffer wert gewesen - aber Lewandowski köpfte in der Mitte aus kürzester Distanz am Kasten vorbei.

Heynckes verfolgte es äußerlich gelassen, ruhig an der Seitenlinie stehend, mit beiden Händen tief in den Hosentaschen. Seine intensive Gesichtsfärbung jedoch verriet: Der 72-Jährige traute der Sache noch nicht so recht - zumal die Sevillistas immer mehr den Vorwärtsgang einlegten und sogar Pech mit einem Aluminiumklatscher von Joaquin Correa hatten (59.).

Bloß all seine Ängste erwiesen sich als unbegründet - denn trotz immer wieder leichter Wackler in der FCB-Abwehr gelang es den Gästen nicht mehr, die von ihnen benötigte zwei Treffer zu erzielen. Nicht mal zu einem reichte es - und trotzdem waren die Münchner doch weit davon entfernt, locker in die Runde der besten Vier einzuziehen. Es tat mächtig weh - bei zum Teil richtig fiesen Tritten, die sie von den Sevillistas in unschöner Regelmäßigkeit erhielten. Das Ganze gipfelte in einer Roten Karte für Correa in der Nachspielzeit. Aber es hätten eigentlich auch noch einige andere seiner Teamkollegen vorzeitig vom Platz gehört.

FC Bayern: Ulreich - Kimmich, Boateng, Hummels, Rafinha (87. Süle) - Martínez - Robben, Müller, James, Ribéry (70. Thiago) - Lewandowski (77. Wagner).
FC Sevilla: Soria - Jesus Navas, Mercado, Lenglet, Escudero - Banega, N'Zonzi - Correa, Vazquez (81. Nolito), Sarabia (70. Ramirez) - Ben Yedder (65. Muriel).
Tore: Fehlanzeige. - Schiedsrichter: Collum (Schottland). - Zuschauer: 70000 (ausverkauft). - Rote Karte: Correa (90. +2).

Roland Kaufmann