München
Bayern-Tristesse: Kein Double für Triplecoach

Trost auf dem Balkon

20.05.2018 | Stand 02.12.2020, 16:22 Uhr
20.05.2018, Bayern, München, Fußball. Die Mannschaft des FC Bayern München mit Torwart Manuel Neuer hält bei der Meisterfeier auf dem Rathausbalkon die Meisterschale in der Hand. Der FC Bayern München hat zum 28. Mal die Deutsche Meisterschaft der Fußball-Bundesliga gewonnen. −Foto: Angelika Warmuth (dpa)

Berlin/München (dpa) - Jupp Heynckes wurde auch ohne den großen Abschiedstriumph im DFB-Pokal lautstark mit „Jupp, Jupp, Jupp“-Rufen und einem weiten Fahnenmeer in Rot und Weiß gefeiert. Ein letztes Mal stand der 73-Jährige auf dem Münchner Rathausbalkon im Mittelpunkt. „Ein großes Dankeschön an Euch und an meine Mannschaft“, rief der scheidende Tripletrainer von 2013 den offiziell rund 15 000 Anhängern auf dem Marienplatz zu.

Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge pries am Sonntag die Verdienste von Heynckes. „Es ist wichtig, dass man diesen Mann ehrt“, sagte Rummenigge. Er blickte auch auf das 1:3 im Pokalendspiel gegen Eintracht Frankfurt zurück. „Ich glaube, es ist wichtig, dass man aus den Niederlagen immer die richtigen Lehren zieht“, betonte der Vorstandschef. Den Spielern, die alle in Tracht gekommen waren, war die Enttäuschung über die Pokalschmach immer noch deutlich anzusehen.

Auch die geplante Titelparty am Vorabend war nach der Pokalsensation im Berliner Olympiastadion nicht richtig in Schwung gekommen. Emotional war's trotzdem. Zu den Klängen von „Time To Say Goodbye“ hielten die Edelfans beim nächtlichen Bayern-Bankett Schals mit der Aufschrift „Jupp, Jupp, Jupp“ in die Höhe. Der 73-Jährige und seine mit betretenen Mienen auf der Bühne aufgereihten Stars steckten noch mitten in der Frustbewältigung der Final-Schmach. „Es gibt so Tage, die sind gebraucht“, haderte Heynckes nach dem letzten Spiel seiner herausragenden Karriere. „Mit 73 Jahren weiß man nicht, wie lange man noch zu leben hat. Ich möchte ab nächster Woche wieder mein Leben genießen.“

Sein geliebtes Ensemble um Kader-Rückkehrer Manuel Neuer wirkte nach der Pleite gegen den künftigen Bayern-Coach Niko Kovac schon etwas schuldbewusst, weil man dem scheidenden Tripletrainer von 2013 nicht das Double zum Laufbahnende geschenkt hatte. „Es fühlt sich an wie eine Riesenriesenniederlage und wie ein Riesenriesenmist“, sagte Kapitän Thomas Müller nach der vierten Bayern-Niederlage im 22. Pokalendspiel. „Man steht mit einem Meistertitel da, der emotional schon im Februar geholt wurde - und dementsprechend ist die Ernüchterung extrem.“ Nationalteamkollege Joshua Kimmich sprach trotz der Meisterschaft sogar von einer „brutal enttäuschenden Saison“.

Das Champions-League-Aus gegen Real Madrid wirkt immer noch nach, das 1:3 gegen Eintracht Frankfurt vergrößerte die Leiden. „Es gibt ja dieses schöne Sprichwort, das heißt, in guten wie in schlechten Zeiten. Heute hatten wir mal einen schlechten Tag“, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Dieser Tag sorgte dafür, dass der deutschen Branchenprimus nunmehr in drei der vergangenen vier Spielzeiten nur mit einer der drei großen Trophäen aus der Saison geht. Und nur ein Titel, das betonte Präsident Uli Hoeneß schon vor einem Jahr, sei auf Dauer zu wenig für seinen stolzen Club.

„Auf jeden Fall, vor allem mit den Möglichkeiten, die wir hatten“, stimmte Weltmeister Mats Hummels zu. „Wir waren nicht am Maximum. Es hat an vielen Ecken und Enden insgesamt gefehlt.“ Rummenigge machte beim Gegner bei dessen erstem Titelgewinn seit 30 Jahren „ein Stück mehr Leidenschaft, ein Stück mehr Wille“ aus. 

Ein Pokalsieger steht in der neuen Saison aber in den Münchner Reihen. Der künftige Coach Kovac dokumentierte bei seinem Frankfurter Abschied Titelqualitäten. Im Sommer nimmt der frühere Bayern-Profi seine Arbeit an der Säbener Straße auf. „Jeder Titel bringt Selbstbewusstsein. Wir haben ihn verpflichtet, weil er ein cleverer Trainer und Mann ist. Mit so einem Sieg wächst der Respekt, Glückwunsch an ihn“, sagte Bayern-Sportdirektor Hasan Salihamidzic.

Für das Standing von Kovac im neuen Club war der Frankfurter Pokaltriumph dank Doppeltorschütze Ante Rebic sicher hilfreich. Der 46-Jährige wird überlegen, ob personell noch etwas nachzubessern ist in seinem neuen Team. Bislang steht der Zugang von Leon Goretzka (FC Schalke 04) fest; dazu kommt der an Hoffenheim ausgeliehene Serge Gnabry zurück.

Große Transfers für diesen Sommer schloss Hoeneß aus. Dafür betonte der Präsident den Wert der Saison. „Wenn man so klar deutscher Meister wird, wenn man um ein paar Zentimeter im Champions-League-Finale ist und im DFB-Pokalfinale ist, dann lasse ich mir aus dieser überragenden Saison nichts Schlechtes machen“, sagte der 66-Jährige.

Für Ärger sorgte am Samstagabend Schiedsrichter Felix Zwayer an dessen Geburtstag. In der Nachspielzeit entschied sich der Referee nach dem Videostudium gegen einen Bayern-Strafstoß, obwohl Frankfurts Kevin-Prince Boateng den Münchner Javi Martínez im Strafraum gefoult hatte. „Den Videobeweis kann man noch deutlicher überdenken, als man es vielleicht eh schon tut“, monierte Hummels.