Bundesliga-Serie: Union Berlin will eisern bleiben

08.09.2020 | Stand 23.09.2023, 13:59 Uhr
Marcus Ingvartsen von Union will mit seinem Team den Klassenerhalt erneut schaffen. −Foto: Matthias Koch (dpa)

Bundesliga-Serie, Teil 8: Union Berlin hat in seinem ersten Bundesliga-Jahr Morgenluft gewittert. Die Köpenicker wollen die großen Klubs weiterhin ärgern. Für das Ziel Klassenerhalt weichen sie sogar ein Vereins-Credo auf.

Union Berlin hat eine vollauf gelungene Premiere in der Fußball-Bundesliga hingelegt. Mit 41 Punkten sicherte sich  der Neuling in der Vorsaison souverän den Klassenerhalt und landete am Ende auf einem respektablen elften Platz. Nach der Corona-Pause wurde aber immer deutlicher, wie sehr Union von der Unterstützung seiner Fans abhängig ist. Mit deren Teil-Rückkehr und einem Umbruch im Kader kämpfen die Berliner nun für ihre dritte Saison in der Bundesliga. Im Fokus:  Stürmer Max Kruse, der nach einem Jahr Abstinenz zurück in Liga eins ist.

Wie läuft die Vorbereitung bei Union Berlin?

Die Stimmung ist positiv, die Ergebnisse durchwachsen. Einem Sieg gegen Drittligist Dynamo Dresden (2:0) folgten Niederlagen gegen den österreichischen Erstligisten WSG Swarovski Tirol (0:3) und Liga-Konkurrent 1. FC Köln (1:2). Das 2:2 gegen Ajax Amsterdam war hingegen ein Achtungserfolg. An diesem Samstag steigt das letzte Vorbereitungsspiel der Köpenicker, der Gegner 1. FC Nürnberg ist dabei ganz bewusst gewählt. Vor 100 Jahren eröffnete Union sein legendäres „Stadion an der Alten Försterei“ gegen die Franken. In einer Woche geht es im DFB-Pokal zum Karlsruher SC, am 19. September empfangen die Berliner Ex-Keeper Rafael Gikiewicz und dessen neuen Klub FC Augsburg zum Liga-Auftakt.

Wie sehr schmerzt der Abgang von Neven Subotic?

Mit 23 Einsätzen in der Vorsaison hat Neven Subotic gehörigen Anteil am Klassenerhalt der Berliner. In der Rückrunde verlor der 31-Jährige allerdings seinen Stammplatz. Daher hat er sich entschieden, „nach neuen Herausforderungen für die Zukunft“ zu suchen. Eine Einigung mit einem interessierten Klub, beispielsweise Denizlispor aus der türkischen Süper-Lig, dementierte Subotic-Berater Frieder Gamm bislang vehement: „Es gibt keine Einigung, es gibt keinen unterschriebenen Vertrag.“ Mit Subotic verliert der Berliner Ostverein eine erfahrene Spielerpersönlichkeit in der Innenverteidigung. Ob die Neuzugänge Robin Knoche (beim VfL Wolfsburg ausgemustert) oder Nico Schlotterbeck (19 Einsatzminuten für den SC Freiburg nach dem Liga-Neustart im Mai) den Serben ersetzen können, bleibt abzuwarten. 

Mit welchem Kader gehen die Berliner in die neue Saison? 

Im Vergleich zur Vorsaison gehören 17 Spieler nicht mehr zum bis dato völlig aufgeblähten Kader der Berliner. Der Abgang von Stürmer Sebastian Polter, der  von Trainer Urs Fischer wegen Undiszipliniertheiten ohnehin aussortiert worden  war, dürfte nicht so schwer wiegen wie der Abschied von Gikiewicz. Der Pole soll vom erfahrenen Andreas Luthe ersetzt werden, der vom FC Augsburg an die Wuhle wechselt. Luthe spielt dort künftig mit Marius Bülter zusammen, der nach einer starken Saison als Leihspieler (32 Einsätze, 7 Tore) für 1,5 Millionen  fest von Drittligist 1. FC Magdeburg verpflichtet wurde. Zudem kommt Außenverteidiger  Nico Gießelmann von Fortuna Düsseldorf. Für mehr Torgefahr sollen Cedric Teuchert (FC Schalke 04)  und der spektakulärste Transfer der Berliner, Max Kruse (zuvor offiziell vereinslos), sorgen. 

Max Kruse: Parade- oder Problemspieler?

Eigentlich ist bei Union Berlin seit jeher die Mannschaft der Star. Mit der Verpflichtung Kruses (74 Bundesliga-Tore, 68 Assists) haben sich die „Eisernen“ nun aber  einen exzentrischen Profi ins Team geholt, der die Mannschaft fußballerisch ohne Zweifel verstärkt. Doch Kruses Ruf außerhalb des Platzes eilt ihm voraus, worüber sich der 32-Jährige  im Klaren ist. Bei seiner Vorstellung beugte er seinen Kritikern auf ironische Art vor und meinte: „Ich bin nicht hier, um das Berliner Nachtleben zu erkunden.“ Seit vergangenem Dienstag  ist der Stürmer für Union spielberechtigt. Ob die Freude darüber lange währt?  Kruse hatte seinen Vertrag bei Fenerbahce Istanbul wegen ausstehender Gehaltszahlungen zuerst gekündigt und die Türken auf 7,5 Millionen Euro verklagt. Fenerbahce will sich das nicht gefallen lassen und fordert von Kruse  nun 18 Millionen Euro  Schadensersatz.

Wie will Union ohne seine Fans auskommen?

Das Verhältnis zwischen Union und seinen Fans ist einzigartig. In 140 000 freiwilligen Arbeitsstunden machten gut 2000 Anhänger „ihr“ Stadion vor gut zehn Jahren fit für den Profifußball. Die Berliner warben bereits im Juli offensiv dafür, ihre Spiele vor vollen Rängen austragen zu dürfen. „Menschen flehen uns jeden Tag an, dafür zu sorgen, dass sie zurückkommen können“, sagte Union-Sprecher Christian Arbeit. Seit 1. September sind in Berlin laut aktueller Infektionsschutzverordnung Freiluftveranstaltungen mit bis zu 5000 Personen wieder zugelassen. Das angesprochene Freundschaftsspiel gegen den Club an diesem Samstag wird für Union also nicht nur zum sportlichen Härtetest. Die Eintrittskarten werden ausschließlich unter Vereinsmitgliedern verlost. Weil selbstverständlich auch eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden muss, werden die ansonsten lautstarken Chöre an der Alten Försterei in den kommenden Monaten wahrscheinlich noch weitgehend verpuffen. Profis und Fans der Unioner werden in dieser Saison gleichermaßen einen langen Atem brauchen.

Florian Wittmann