Ingolstadt
"Ich erfülle meinen Vertrag zu 100 Prozent"

ERC-Torwart Timo Pielmeier über Vereinstreue, seine Verletzung und die Rückkehr zum Wolfsburg-Spiel

09.01.2020 | Stand 02.12.2020, 12:14 Uhr
Er ist der letzte verbliebene Meisterpanther von 2014: Timo Pielmeier −Foto: Traub

Ingolstadt - Die Narbe über der rechten Augenbraue bleibt Timo Pielmeier als unerwünschtes Andenken an den 20. Dezember 2019: Im Heimspiel der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) gegen die Iserlohn Roosters durchschlägt ein Puck das Maskengitter des Torhüters vom ERC Ingolstadt und verursacht beim 30-Jährigen neben einer Platzwunde auch eine leichte Gehirnerschütterung.

Nach drei Wochen Verletzungspause kehrt "Pille" zum Auswärtsspiel bei den Grizzlys Wolfsburg (19.30 Uhr/Magenta Sport) in den Kader der Panther zurück.

Timo Pielmeier, wie sind Sie mit der Zwangspause umgegangen?

Timo Pielmeier: Das war die längste Verletzungspause meiner Karriere. Es war ungewöhnlich, ins Stadion zu kommen, aber nicht mit der Mannschaft trainieren zu können. Aber ich habe mich mit der Maritta (Fitnesstrainerin Becker, d. Red. ) und dem Flo (Physiotherapeut Scheuerer, d. Red. ) gut fitgehalten. Somit war der Einstieg ins Eistraining einfacher. Bis die Eisfitness wieder da ist, dauert es aber noch ein, zwei Wochen.

Wie haben Sie persönlich diesen kuriosen Kopftreffer erlebt?

Pielmeier: Wir waren in Unterzahl, dadurch war mein Puls sehr hoch. Ich habe mich quer zum Schuss gestellt, um eine gute Position zu haben. Auf einmal habe ich gemerkt, dass es ein Schuss an den Kopf ist. Und vielleicht ein bisschen mehr, weil es geknackst hat. Dann ist das Blut gleich rausgespritzt. Als ich da lag, dachte ich mir: Bis der Physio jetzt hier ist, laufe ich lieber selber raus. Dann bin ich sehr gut verarztet worden.

Die Wunde wurde mit vier Stichen genäht, Sie haben sofort Schmerzmittel bekommen.

Pielmeier: Viele haben mich ausgelacht, weil ich mir eine Spritze hab' geben lassen. Aber so ein harter Hund bin ich dann doch nicht (lacht).

Haben Sie Ihre Torwartmaske reparieren müssen?

Pielmeier: Das Gitter wurde ausgetauscht. Jeder Torhüter in der Liga spielt mit dem gleichen Gitter, das ist keine große Sache.

Haben Sie jetzt ein mulmiges Gefühl, wenn der nächste Schlagschuss auf Sie zufliegt?

Pielmeier: Nein, ich habe schon im Training wieder ein, zwei Schüsse auf den Kopf bekommen. Vor einigen Jahren ist so etwas Ähnliches mit Philipp Hähl im Training schon mal passiert. Mein Job ist es, die Scheibe zu halten. Ob mit dem Kopf oder mit der Fanghand, ist im Prinzip wurscht. Klar nervt es jetzt, weil ich im Spiel zuvor gegen Augsburg schon einen Kopftreffer kassiert habe und davor gegen Köln auch. Dieser Schuss von Jason Akeson in der Verlängerung war eine Granate, der war brutal. Da saß ich hinterher schon ein bisschen benebelt im Bus.

Die Kölner Zuschauer fanden es nicht so prickelnd, als Sie nach dem Schuss Ihre Maske runtergerissen haben.

Pielmeier: Vor allem die in Augsburg haben gepfiffen. In Köln bin ich ein kleines bisschen beliebter (lacht).

Besonders der Zeitpunkt der Verletzung war für Sie ärgerlich: Zuvor hatten Sie bei den angesprochenen Spielen in Köln (3:2 nach Penaltyschießen) und Augsburg (4:3 nach Verlängerung) ansteigende Form bewiesen.

Pielmeier: Ja, das war ärgerlich. Wir hatten inklusive des Iserlohn-Spiels zweieinhalb Partien gewonnen, als es passiert ist. Aber so ist das im Sport. Durch die beiden Siege kann ich mit Selbstbewusstsein wieder reinstarten. Als Zuschauer hat mir die Mannschaft sehr gut gefallen, wir spielen meiner Meinung nach zur Zeit sehr gutes Eishockey. Es war durchaus interessant, das alles mal von außen zu beobachten. Wenn wir so weitermachen, ist noch einiges möglich.

Die vergangene Saison war Ihre statistisch schwächste in der DEL und auch die mit den wenigsten Einsätzen (27 inklusive Play-offs). Vor dieser Spielzeit haben Sie angekündigt, in der Hauptrunde wieder "35 Spiele plus X" zu absolvieren. Dieses Ziel werden Sie verfehlen, aktuell stehen Sie - auch bedingt durch die Verletzung - bei nur 16 Einsätzen. Wie bewerten Sie Ihre Leistungen bis jetzt?

Pielmeier: Ich bin sehr fit in die Saison gestartet und fühle mich körperlich und mental besser als in den vergangenen Jahren. Viele Vereine machen es so wie wir, dass sie zwei starke Torhüter haben, die sich abwechseln. Jeder weiß, dass ich viel spielen will und dass das jedes Jahr mein Ziel ist. Sonst wäre ich nicht hier. Aber wenn es wie dieses oder letztes Jahr nicht so ist, habe ich gelernt, mit der Situation umzugehen. Persönlich war es schön, jedes Spiel zu machen, aber auf die Karriere gesehen rettet es vielleicht ein, zwei Jahre, wenn man nicht immer so belastet wird. Mit dem Jochen (Reimer, d. Red. ) habe ich auch einen angenehmen Partner, wir haben ein gutes Verhältnis. Da gibt's auch andere Typen, mit denen man nicht so gut auskommt.

Sie sind 2013 nach Ingolstadt gekommen, Ihr aktueller Vertrag beim ERC läuft noch bis 2022. Es ist kein Geheimnis, dass Sie in den vergangenen Jahren immer wieder Angebote aus der Liga hatten, und es gibt auch Stimmen, die Ihnen angesichts der schwächeren Vorsaison eine Luftveränderung empfehlen. Möchten Sie den Vertrag erfüllen oder wären Sie auch offen für einen Wechsel?

Pielmeier: Ich hatte vor der letzten und auch vor dieser Saison Anfragen, aber ich werde meinen Vertrag zu 100 Prozent erfüllen. Ich fühle mich hier wohl, Ingolstadt ist meine zweite Heimat, ich genieße die Nähe zu meiner ersten Heimat Deggendorf. Deswegen kann ich den Fans versprechen, dass ich meinen Vertrag hier erfülle.

In Ingolstadt sind Sie der dienstälteste Profi und der letzte verbliebene Meisterpanther von 2014.

Pielmeier: Als ich damals aus Amerika zurückkam, habe ich gesagt, dass ich nicht in der Liga rumstreunen will. Ich wollte einem Verein treu bleiben. Wenn mein Vertrag abläuft, bin ich fast zehn Jahre da. Es ist wie mit seiner Freundin oder in einer Ehe: Es scheint nicht nur die Sonne. Man geht auch mal durch holprige Zeiten. Aber ich glaube, dass man zum Schluss dastehen wird und sagen kann, dass es eine gute Zeit war.

Das Gespräch führteAlexander Petri.