Interview zur Saisoneröffnung
Neuzugang Casey Bailey vom ERC Ingolstadt: „Ich will um die Meisterschaft kämpfen“

13.08.2023 | Stand 12.09.2023, 23:35 Uhr

Ganz cool mit Sonnenbrille: Am Sonntag präsentierte sich Neuzugang Casey Bailey (rechts, neben Wojciech Stachowiak) bei der Saisoneröffnung erstmals den knapp 2000 Panther-Fans. Der 31-jährige US-Amerikaner, der einen Bachelor-Abschluss in Marketing besitzt und Golf sowie Angeln liebt, ist mit Frau Anna und den beiden gemeinsamen Töchtern nach Ingolstadt gekommen. Foto: Traub

Casey Bailey löste seinen Vertrag bei den Iserlohn Roosters auf, um in der kommenden Saison der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) für den ERC Ingolstadt zu stürmen.



Mit dem 31-Jährigen aus Alaska bekommen die Panther einen der erfolgreichsten Scorer der Liga: In 143 DEL-Partien traf Bailey 57-mal und sammelte 127 Punkte.

Herr Bailey, schon im vergangenen Jahr waren Sie bei der Saisoneröffnung der Panther zu Gast: Mit Iserlohn gewannen Sie ein Testspiel 6:4 in der Saturn-Arena. Wie erleben Sie diesen Tag nun als Ingolstädter?


Casey Bailey: (lacht) Diesmal gab’s ja kein Spiel. Aber auch das Showtraining vor den Fans hat Spaß gemacht. Es war schön, einen kleinen Vorgeschmack auf die Atmosphäre hier bekommen zu haben. Und so ein Tag ist eine gute Gelegenheit, sich den Anhängern vorzustellen.

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Der ERC war schon länger an Ihren Diensten interessiert. Warum hat es in diesem Sommer geklappt?

Bailey: Ich habe ein gutes Verhältnis zu Brad Tapper (Co-Trainer der Panther, d. Red.), der vor zwei Jahren mein Coach in Iserlohn war. Mit ihm habe ich viel gesprochen, er hat einen großen Einfluss darauf, dass ich mich für Ingolstadt entschieden habe. Natürlich hat mir auch imponiert, dass die Mannschaft in der vergangenen Saison das Finale erreicht hat. Ich will ebenfalls um die Meisterschaft kämpfen und dachte, dass ich hier gute Chancen habe.

Die Roosters hatten zuletzt zwei schwierige Jahre ohne Play-offs, zudem war dem Vernehmen nach das Klima zwischen Trainer Greg Poss und der Mannschaft vergiftet. Was ist – Ihren ersten Eindrücken zufolge – in Ingolstadt anders?

Bailey: Wir haben hier viele erfahrene Spieler, die seit mehreren Jahren gemeinsam das Gerüst dieses Teams bilden. Diese Führungsspieler sind eine starke Familie, die Kabine ist eng beisammen. Ich bin von dieser großartigen Gruppe toll empfangen worden.

Sie haben in Ihren drei DEL-Jahren zehn Spiele gegen den ERC bestritten und sechsmal getroffen. Warum waren die Panther einer Ihrer Lieblingsgegner?

Bailey: (lacht) Das kann ich nicht erklären. Vielleicht hat sie das auf mich aufmerksam gemacht. Ich hoffe, dass ich diese Quote nun für den ERC schaffe.

Ihr Schuss ist Ihre stärkste Waffe.

Bailey: Würde ich sagen, ja.

Sie haben meist auf dem Flügel gestürmt, können jedoch auch Center spielen. Was macht Ihr Spiel sonst noch aus?

Bailey: Ich fühle mich wohler auf dem Flügel, kann aber auch in der Mitte aushelfen, wenn die Mannschaft das braucht. Ich suche immer den Abschluss und bringe mich dafür in Position. Aber ich denke, dass ich auch als Vorlagengeber in Erscheinung treten kann. Außerdem bringe ich Energie aufs Eis, arbeite hart im Forecheck und jage den Puck. Natürlich mag ich es auch, im Powerplay zu spielen.

Und zur Not könnten Sie auch als Ersatztorhüter aushelfen.

Bailey: (lacht) Ja, das war lustig. In der KHL bei Slovan Bratislava musste ich mal als Ersatzgoalie auf die Bank, weil wir kaum noch Leute hatten. Insgesamt war dieses Jahr allerdings kein angenehmer erster Eindruck von Europa (Bratislava zog sich nach der Saison wegen finanzieller Probleme aus der Liga zurück, d. Red.).

Sie sind in Alaska aufgewachsen, Ihr Bruder spielte ebenfalls Eis- und Rollerhockey. Das heimische Garagentor soll ziemlich gelitten haben.

Bailey: (grinst) Stimmt. Mein Bruder und ich haben ziemlich viele Rollerhockey-Spiele in unserer Einfahrt ausgerichtet, und wenn mal keine Freunde da waren, haben wir beide uns halt die Pucks und Bälle um die Ohren geschossen. Wir haben auch Tennisbälle mit Schlägern gegen die Garage gedonnert. Irgendwann mussten meine Eltern wegen der ganzen Dellen das Garagentor wechseln.

Als Sie 2015 in der NHL debütierten, flog Ihr Vater, der ein Abschleppunternehmen in Anchorage betreibt, mit Ihrer Mutter aus Uganda ein. Wie kam das?

Bailey: Meine Eltern sind sehr religiös, sie waren auf einer Missionsreise für ihre Kirche, eine Charity-Geschichte, um in Afrika mit Kindern zu arbeiten. Mein Vertrag mit den Toronto Maple Leafs kam etwas überraschend zum Ende meiner College-Zeit, ich hatte die Chance, ein paar Spiele zu machen. Sie flogen direkt aus Uganda genau zu dem Spiel, in dem ich mein einziges NHL-Tor geschossen habe.

Sind Sie auch religiös?

Bailey: Ja, ich bin Christ und glaube an Gott. Meine Eltern haben da eine große Rolle gespielt.

Hilft Ihnen Ihr Glaube auch auf dem Eis?

Bailey: Auf jeden Fall. Wenn Gott das einzige Wesen ist, das du zu beeindrucken versuchst, hat Eishockey einen etwas geringeren Stellenwert. Klar will man sich gut vorbereiten und viel erreichen, aber mental ist der Glaube ein Rückzugsort, der einen am Boden hält.

DK



Das Gespräch führte

Alexander Petri.