„Wichtig ist, dass viel Schweiß fließt“
FCI-Trainer Köllner urteilt schonungslos über seinen Kader: Das will er verbessern

06.06.2023 | Stand 15.09.2023, 0:24 Uhr

FCI-Trainer Michael Köllner war von der Leistung seines Teams beim Toto-Pokalfinale in Illertissen gar nicht angetan. Foto: Bösl

Hinter dem FC Ingolstadt liegt eine enttäuschende Saison. Anstatt im Rennen um den Zweitliga-Aufstieg ein gewichtiges Wort mitzureden, wie es das erklärte Ziel der Schanzer war, mussten sie sich mit Platz elf begnügen. Das sagt Trainer Michael Köllner dazu.



Mehr Nachrichten rund um den FCI lesen Sie auf unserer Sonderseite

Michael Köllner (zuvor beim TSV 1860 München), der als dritter Cheftrainer Anfang April die Zügel in die Hand nahm und den Verein zumindest vor dem Absturz in die Regionalliga bewahrte, zieht Bilanz und blickt auf die neue Saison.

Herr Köllner, am Sonntag haben Sie noch abschließende Gespräche mit allen Spielern geführt. Wie sind diese verlaufen?
Michael Köllner: Die Gespräche waren zum Teil sehr emotional. Den Spielern ist die Saison schon nahe gegangen. Es ist nicht so, dass da eine Söldnermentalität herrscht, wie man von außen gerne mal vermutet. Mir war sehr wichtig, jedem eine Einschätzung der vergangenen acht Wochen zu geben und auch einen Ausblick auf deren Perspektive beim FCI, auch den Spielern, die noch einen laufenden Vertrag haben.

Es wurden alle Spieler mit auslaufendem Vertrag verabschiedet. Tim Civeja war vom FC Augsburg ausgeliehen. Versuchen Sie, ihn wiederzubekommen?
Köllner: Grundsätzlich haben wir bei ihm das Heft des Handelns nicht in der Hand. Tim geht jetzt erst einmal zur albanischen Nationalmannschaft und bestreitet dort seine ersten Länderspiele. Er hat, seitdem ich da bin, gute Leistungen gezeigt, nachdem er vorher keine Rolle gespielt hat. In seinem Fall ist die Entscheidung aber auf mehreren Ebenen zu bewerten. Wir werden sehen, wie unsere Kaderplanung voranschreitet. Dann müssen wir uns fragen, ob wir noch einen Platz für einen Spieler mit seinem Profil haben, und dann muss es auch wirtschaftlich passen. Deshalb wird das noch ein paar Tage brauchen.

Kann es sein, dass weitere Spieler den Verein verlassen?
Köllner: Das kann man grundsätzlich nicht ausschließen. Wichtig ist, dass jeder Spieler weiß, woran er ist und wir ehrlich und transparent miteinander umgehen. Wir haben auch von den Spielern eine Einschätzung eingeholt, warum das Jahr aus ihrer Sicht so gelaufen ist. Wir müssen jetzt Entscheidungen treffen, die zum Besten für den FC Ingolstadt sind, um eine erfolgreiche Saison 2023/24 zu bestreiten, und auf der anderen Seite berücksichtigen, was im wirtschaftlich gesehenen Kontext sinnvoll ist.

Sie haben bei Ihrem Amtsantritt gesagt, dass Sie auch Vorfreude auf die nächste Saison wecken wollen. Glauben Sie, dass das verlorene Toto-Pokalfinale gegen den FV Illertissen und die damit verpasste Qualifikation für den DFB-Pokal die Vorfreude trübt?
Köllner: Dieses Spiel liegt mir schon noch gewaltig im Magen. Das gibt aber auch wieder, was ich mit der Mannschaft in den vergangenen Wochen erlebt habe. Am Schluss waren wir aufgrund der vielen Verletzten mit einer kleinen Gruppe unterwegs. Wir waren erfolgreich, weil wir es geschafft haben, sehr kompakt aufzutreten. In den Spielen, die wie gewonnen haben, haben wir einen reaktiven Fußball gezeigt, das kann diese Mannschaft. Und das fällt ihr leichter, als aktiven Fußball zu spielen, wie es im Pokalfinale gefordert war. Wenn der Gegner tief steht und über Umschaltmomente kommt, haben wir nicht das Selbstverständnis, Mannschaften so zu bespielen, dass am Ende ein sicherer Sieg herauskommt.

Die Mannschaft hätte gegen Illertissen ja etwas gewinnen können. Sehen Sie neben den fußballspezifischen Defiziten auch ein Mentalitätsproblem?
Köllner: Das glaube ich nicht, auch wenn diese Vermutung naheliegt. Aber die Mannschaft ist nicht am Druck gescheitert, sondern daran, dass wir uns bei eigenem Ballbesitz unheimlich schwertun. Wir haben es gegen Illertissen in den 90 Minuten nicht geschafft, mehrere hochkarätige Chancen herauszuspielen. In solchen Spielen merkt man dann besonders, wenn Spieler wie Pascal Testroet oder Maximilian Dittgen fehlen, die mit ihrer individuellen Qualität mal den Unterschied ausmachen können. Aber noch einmal: Für mich ging es in erster Linie darum, das Minimalziel Klassenerhalt zu schaffen. Dafür hat die Mannschaft unheimlich viele Körner gelassen. Jetzt wollen wir Stabilität und Kontinuität reinbringen und die richtigen Entscheidungen treffen.

Haben Sie sich die Aufgabe so schwierig vorgestellt, als Sie hier angetreten sind?
Köllner: Ja, die Aufgabe hat sich schwerer dargestellt, als ich das ursprünglich vermutet hatte. Die ersten Trainingseindrücke waren brutal. Die ganze Negativserie hat die Spieler voll erwischt. Wichtig war, schnell eine relativ gute Struktur reinzubekommen und den Spielern Sicherheit zu geben. Wir haben als Gruppe den Klassenerhalt geschafft und gesehen, wer dem Druck standhält, wer sich weiterentwickelt hat und dem Verein helfen kann.

Können Sie schon sagen, auf welche Spieler Sie in der neuen Saison bauen werden?
Köllner: Die Spieler wissen Bescheid, aber wir wollen das nicht in die Öffentlichkeit tragen. Es soll ja ein bisschen spannend bleiben in der fußballfreien Zeit. Fakt ist, dass die acht Wochen sehr wichtig für unsere Analyse waren. Wir wollen die Lösungen für die Zukunft so hinbekommen, wie wir uns das vorstellen.

Sie haben bei Ihrer Vorstellung einen optimistischen Ausblick gegeben. Können Sie zum jetzigen Zeitpunkt schon sagen, wie Ihr Ziel aussieht?
Köllner: Nein. Wir können nur eines sagen: Wir wollen keine Saison wie die vergangene mehr erleben. Punkt. Ob es dann eine gute wird, will ich offenlassen. Aufgrund der beiden letzten Jahre sollten wir die Fakten erkennen und nicht von irgendwelchen großen Dingen träumen, kaum dass die Saison vorbei ist. Wichtig ist, dass wir uns richtig aufstellen, dass wir arbeiten und viel Schweiß am Audi-Sportpark fließt. Der Verein wird nächstes Jahr 20 Jahre alt. Da ist es ein großes Ziel, fußballerisch, ergebnistechnisch und am Ende auch tabellarisch besser zu werden.

DK



Das Interview führte

Gottfried Sterner.