Hallenfußball in der Krise
Die Bude verliert ihren Zauber

Noch nie haben so wenig Fußball-Klubs für die Hallen-Kreismeisterschaft gemeldet – Wir fragen nach den Gründen

08.12.2022 | Stand 17.09.2023, 21:15 Uhr

Zweikämpfe auf engstem Raum: Das macht – wie hier bei den Spielern der MBB SG Manching und des SV Zuchering – in der Regel den Hallenfußball aus. In der Region melden jedoch immer weniger Klubs für den Wettbewerb. Foto: Stolle

Ingolstadt – Der Fußball muss um seine Teilnehmer kämpfen – zumindest in der Halle. Die anstehende Meisterschaft im Kreis Donau/Isar, früher gerne als „Budenzauber“ beworben, hat in diesem Jahr nur 20 Vereine gelockt – so wenig wie noch nie. Kreisspielleiter Ludwig Schmidt berichtet von drei Argumenten, die er im Austausch mit den Vereinen immer wieder hört. Dazu gehört, dass die Futsal-Variante bei den Vereinen keinen richtigen Anklang findet, einige Klubs das Verletzungsrisikos scheuen und wieder andere sich einfach über eine Spielpause freuen. Wir haben uns bei einigen Klubs umgehört, weshalb das Interesse am Hallenfußball immer geringer wird.

Michael Dittenhauser (Trainer DJK Ingolstadt, Kreisliga 1): „Zum einen hatten wir vor der Winterpause viele Verletzte, weshalb wir gesagt haben, es bringt nichts, da mitzuspielen. Zum anderen ist die Lust der Spieler auf so ein Turnier mäßig. Früher durfte der Torwart mitspielen, da durfte er auch mal über die Mittellinie gehen und aufs Tor schießen, dazu wurde mit Rundumbande gespielt. Das war ein Riesenspektakel und hat den Jungs Spaß gemacht. Auf die Art und Weise, wie jetzt in der Halle gespielt wird, haben die meisten einfach keine Lust. Ich glaube, auch als Zuschauer ist es anstrengend zu sehen, wie der Ball ständig gestoppt und von außen wieder eingespielt wird. Insgesamt finde ich es bedenklich, dass man ständig irgendwelche Regeländerungen in den Fußball bringt. Natürlich, Sicherheit geht vor, aber vor 40 Jahren haben unsere Eltern auch Fußball gespielt und es überlebt. Und jetzt muss man alles ändern? Ich bin kein Freund von vielen Veränderungen. Man sollte den Fußball einfach so lassen, wie er ist.“

Florian Kunz (Trainer SV Hundszell, Kreisliga 1): „Da die Teilnahme freiwillig ist, haben wir in der Mannschaft abgewogen. Letztendlich haben die Argumente, die dagegensprechen, überwogen. Bei den einen Spielern war es die Verletzungsgefahr, bei den anderen das Futsal-Format, das nicht ganz so attraktiv ist wie der ursprüngliche Hallenfußball. Die anderen haben gesagt, sie hätten einfach gerne mal Pause. Darum haben wir uns entschieden, bei dieser Hallen-Kreismeisterschaft nicht zu spielen. Letztendlich fangen wir das auf, indem wir selbst einmal in der Woche in der Halle kicken. Das Ganze ist freiwillig und dementsprechend sind die Jungs da ungebunden.“

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Denis Dinulovic (Trainer SV Denkendorf, Kreisklasse 1): „Für mich ist das gesunkene Interesse an den Hallenmeisterschaften mit einem generellen Wandel in der Gesellschaft und dem sinkenden Stellenwert des Fußballs verbunden. In meiner Jugend war man froh, wenn man in der Halle kicken konnte, und Kreismeisterschaften waren ein echter Höhepunkt. Jetzt kann sich der Hallenfußball aber kaum mehr durchsetzen. Das liegt zum einen an vielen digitalen Ablenkungen und zum Teil vielleicht auch daran, dass sich einige Aktive mit dem Futsal-Konzept schwer tun. Früher war der Ball durch die Bande immer im Spiel, da war immer Action. Jetzt ist Hallenfußball für viele eher eine Art Belustigung. Deswegen sind auch die Anfragen deutlich geringer.“

„Wenn man zurückblickt, waren die Hallenmeisterschaften früher einfach ein Highlight. Allerdings fiel damals schon auf, dass die Emotionen schnell überkochten und es dann zu hart herging. Egal ob durch eine Grätsche oder einen Schubser gegen die Bande. Durch die Umstellung auf Futsal ist dann aber auch der Glanz des Hallenfußballs verschwunden. Futsal kann man nicht mit dem normalen Hallenfußball vergleichen. Stattdessen hätte man eher einige strengere Regeln aus dem Futsal adaptieren sollen. Dadurch wäre der Hallenfußball länger attraktiv geblieben. Das Verletzungsrisiko ist für mich kein Faktor, denn das war schon früher gegeben und hat sich durch den Futsal eher verringert. Wer bei uns Knie-, Hüft- oder Sprunggelenkprobleme hat, darf aber trotzdem nicht in der Halle spielen. Mich persönlich interessieren die Meisterschaften nicht. Da stehen eher die Handball-EM oder WM im Mittelpunkt.“

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HallenfuSSball vs. Futsal – Die wichtigsten Unterschiede

Futsal ist die Hallenfußballvariante des Weltfußballverbandes Fifa und wurde 2015 auch in Deutschland für die offiziellen Wettbewerbe eingeführt. Während die Befürworter das geringere Verletzungsrisiko und die höheren technischen Anforderungen als Vorteil anführen, monieren die Kritiker unter anderem die häufigen Spielunterbrechungen sowie das eingeschränktere Torwartspiel. Sie vermissen den zuvor üblichen klassischen Hallenfußball mit Seitenbande. Die folgende Auflistung zeigt die wichtigsten Unterschiede der beiden Varianten:

Der Ball: Beim Futsal wird ein etwas kleinerer Ball (Größe 4) verwendet, der zudem durch den geringen Luftdruck auch weniger springt. Beim Hallenfußball bleibt die Größe (5) im Vergleich zur Freiluft-Saison gleich, außerdem springt der härtere Ball deutlich stärker.

Bande: Beim Futsal fehlt jede Banden-Begrenzung. Rollt der Ball über die Seitenlinie, wird er eingekickt statt eingerollt. Hallenfußball wird in der Regel zumindest mit einer Seitenbande, mitunter auch mit einer Rundumbande gespielt.

Tore: Beim Futsal entsprechend sie den Handballtoren (3x2m), beim Hallenfußball kommen alternativ auch größer Tore (5x2m) zum Einsatz.

Strafstoß: Beim Hallenfußball wird aufgrund des härteren Balles und der größeren Tore aus sieben oder neun Metern Entfernung geschossen, beim Futsal aus sechs. Außerdem gibt es hier nach dem fünften Mannschaftsfoul (mitunter auch nach dem sechsten) einen Strafstoß aus zehn Metern Torentfernung.

Rolle des Torwarts: Beim Hallenfußball kann der eigene Torwart jederzeit mit einbezogen werden, er darf den Ball dann aber nicht mit der Hand spielen. Beim Futsal muss der Ball erst die Mittellinie überquert haben oder von einem Gegenspieler berührt worden sein, bevor ein Rückpass erlaubt ist.

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