Profitabler Kampf um Mitarbeiter

21.09.2018 | Stand 02.12.2020, 15:37 Uhr
  −Foto: Janda, Stefan, Ingolstadt

Der Fachkräftemangel anderer Sparten nutzt der Facility-Management-Branche, sie leidet aber auch selbst darunter. Denn die Unternehmen übernehmen immer mehr und komplexere Aufgaben - auch in der Region.

Angefangen hat Tan Alcay Anfang der 2000er mit einer Sicherheitsfirma. Doch dabei ist es nicht lange geblieben. Hinzugekommen sind seitdem zahlreiche weitere Unternehmenszweige. Gartenpflege, Winterdienst, Straßenreinigung, Gebäudereinigung, Veranstaltungsaufbau, technische Instandhaltung und viele weitere Bereiche gehören heute zu seinem Portfolio. Sein Ingolstädter Unternehmen Secura ist in den vergangenen Jahren zu einem Komplettanbieter im Bereich Facility-Management geworden. "Wir hatten fast jedes Jahr ein zweistelliges Wachstum", sagt er. "Seit der Gründung ist es immer aufwärts gegangen. " Inzwischen beschäftigt Secura deutschlandweit rund 680 Mitarbeiter.

Damit stehen Alcay und sein Unternehmen sinnbildlich für die Facility-Management-Branche in Deutschland. Nach einer Untersuchung des Marktforschungsunternehmens Lünendonk boomte die Branche in den vergangenen Jahren wie kaum eine andere. Wachstumsraten weit über dem Wachstum der deutschen Gesamtwirtschaft von 2,2 Prozent im Jahr 2017 sind keine Seltenheit. Die nationalen Marktführer Spie (plus 7,1 Prozent) und Apleona (plus 3,1 Prozent) setzten 2017 alleine im Inland jeweils rund 1,5 Milliarden Euro um. Im Schnitt verzeichneten die 25 größten Dienstleister laut Lünendonk ein Plus von 4,4 Prozent. Der Gesamtmarkt hat demnach inzwischen ein Volumen von mehr als 53 Milliarden Euro. Aber es könnte noch deutlich mehr sein: "Der zunehmende Fachkräfte- und Personalmangel hemmt die Entwicklung", heißt es in der Studie. In vielen Ballungsräumen seien kaum noch Mitarbeiter zu finden.

Neue Kunden, neue Aufgaben

Und dabei geht es nicht etwa in erster Linie um Reinigungskräfte oder einfache Reparaturen, an die viele Menschen beim Thema Gebäudemanagement zuerst denken. Die Branche suche vor allem qualifizierte Fachkräfte wie Mechatroniker, sagt der Ehrenvorsitzende des Fachverbands Gefma, der Münchner Unternehmer Eberhard Sasse. Wer sich unter dem Begriff Facility-Management einen neuen, schönen Titel für den Hausmeister vorstelle, liege falsch. Es gehe um den Betrieb kompletter und technisch komplexer Gebäude bis hin zur kaufmännischen Verwaltung. "Der Hausmeister kann ein kleiner Teil davon sein", sagt Sasse.

Von einem Boom der Branche will er zwar nicht reden, er spricht lieber von einem "belastbaren Wachstum". Dass die Sparte sich über einen Auftragsmangel nicht beschweren kann, bestätigt aber auch er. Das liegt aus Sasses Sicht ausgerechnet am Fachkräftemangel in anderen Branchen: Um auf dem umkämpften Markt noch Personal zu bekommen, müssten die Firmen attraktive Arbeitsplätze und ein angenehmes Arbeitsumfeld bieten. "Und das schließt auch die Gebäude mit ein", sagt er. Daher werde die Gebäudepflege inzwischen immer öfter an externe Firmen vergeben, die sich ganz auf dieses Segment spezialisiert haben. Auch die Kosten- und Planungssicherheit sei ein Argument für das Outsourcing. Nach den Großfirmen öffne sich inzwischen auch der Mittelstand immer mehr, berichtet Sasse. Und die öffentliche Verwaltung, Schulen oder Universitäten gliederten ebenfalls zunehmend Leistungen aus. Dadurch ergibt sich auch eine immer größere Bandbreite für Facilitiy-Service-Unternehmen.

So übernehmen viele Firmen inzwischen unter anderem auch die Pflege großer Grünanlagen oder im Winter Streu- und Räumdienste für Kommunen. Er sei in diesem Bereich der größte Dienstleister der Stadt, berichtet der Ingolstädter Unternehmer Alcay. Und das Rad dreht sich weiter. Selbst Geschwindigkeitskontrollen würden mancherorts inzwischen ausgelagert, erklärt er.

Das Image des Facility-Managements in der Wirtschaft hat sich aus Sicht Alcays in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Durch immer mehr Regulierungen und Qualitätskontrollen sei eine Professionalisierung eingetreten. Dies werde auch von der Kundenseite vorangetrieben. Ausschreibungen würden inzwischen oft von spezialisierten Beraterfirmen erstellt. Viele Unternehmen sind inzwischen sogar in der komfortablen Lage, sich auf lukrative Ausschreibungen zu konzentrieren, wie es in der Lünendonk-Untersuchung heißt. Die Auftragsbücher sind voll.

Das gilt auch für kleinere Betriebe, wie die Pfaffenhofener Unternehmerin Jasmin Schreiner bestätigt. Sie hat sich mit ihrer 20 Mitarbeiter starken Firma Golden Fairy auf Gebäude-, Büro- und Hotelreinigung spezialisiert. An Aufträgen habe es seit dem Firmenstart Ende 2014 nie gemangelt, sagt sie und fügt hinzu: Arbeitskräfte zu bekommen, sei zwar nicht immer einfach, aber mit einer gewissen Offenheit, finde man doch jemanden.