"Produktion ist das Spannendste überhaupt"

20.05.2008 | Stand 03.12.2020, 5:54 Uhr

 

Ingolstadt (DK) Audi hat weltweit über 50 000 Beschäftigte. Jeder trägt seinen Teil dazu bei, bis 2015 bester Premiumhersteller zu werden – ein Ziel, das der Vorstand ausgegeben hat. Doch wer sind die sieben Männer an der Spitze? Der DONAUKURIER stellt sie in einer Serie vor. Heute: Frank Dreves, Produktion.

Frank Dreves ist ein Mann der klaren Worte. Wenn er Kritik an seinen Leuten übt, dann gerne auch mal vor versammelter Mannschaft – in aller Deutlichkeit. Andererseits lässt er nichts auf seine Mannschaft kommen und stellt sich vor sie, wenn er meint, dass sie mit der Arbeit nicht mehr nachkommt. Das ist immer öfter nötig, denn der Druck wächst. Erst kürzlich hat Audi zwei neue TT-Modelle präsentiert, bis 2015 sollen 42 Modelle am Markt sein. Dreves, zuletzt Werkleiter in Ingolstadt, geht mit Begeisterung voran: "Produktion ist das Spannendste in der ganzen Automobilindustrie überhaupt", sagt er, "weil sie mit Menschen und mit Technik zu tun hat."

Kaum sitzt Frank Dreves mit DK-Chefredakteur Michael Schmatloch und Lokalchef Martin Schwarzott im Besprechungsraum, fängt er an zu erzählen. Ohne Punkt und Komma. Und sagt entschuldigend: "Ich bin Sohn eines Lehrers."

Frank Dreves: Bei mir steht der Mensch im Mittelpunkt. Das Audi-Produktionssystem als Basis eines wertschöpfungsorientierten, synchronen Unternehmens ist ein wesentlicher Baustein unserer Produktionsstrategie. Hier spielen auch Dinge wie die Ausbildung eines Menschen, Training und Weiterbildung eine wichtige Rolle – es geht darum, alle mitzunehmen.

Und zunehmend höhere Leistung zu bringen.

Dreves: Produktivität ist eine entscheidende Voraussetzung für sichere Arbeitsplätze. Meine Mannschaft wird gefordert, aber nicht überfordert. Das hohe Qualifikationsniveau in Deutschland hilft uns, die notwendigen Produktivitätsfortschritte zu erreichen. Das sehen Sie auch am Beispiel des Audi Q5, der ja bald in Ingolstadt gebaut wird: Es gibt kein deutlicheres Bekenntnis zu einem Standort. Aber dafür müssen wir jeden Tag etwas tun: Wir müssen immer besser werden, wir brauchen den kontinuierlichen Verbesserungsprozess, den KVP. Denn Stillstand bedeutet für mich Rückschritt.

Wie wirkt sich der Premi-umanspruch von Audi bei Ihnen aus

Dreves: Bei Sauberkeit und Ordnung fängt für mich Premium schon an. Wenn Sie in unser Werk kommen, müssen Sie sofort spüren, dass hier Premium gebaut wird. Ich gehe mit gutem Beispiel voran und erwarte das auch von allen anderen Managern. Auch ich hebe Gegenstände vom Boden auf, weil ich damit einen Denkanstoß geben will, nach dem Motto: Es ist unsere Fabrik und wir sind ein Team.

Wie bilden Sie dieses Team

Dreves: Ein Beispiel: Als ich noch Werkleiter war, habe ich den Besucherweg auf der Südstraße von unseren eigenen Leuten renovieren lassen. Es hätte vielleicht billigere Lösungen gegeben, aber mir war die Identifikation mit dem Besucherweg wichtiger. Damit ist es ihre Fabrik. Wie gesagt, der Mensch steht für mich stets im Mittelpunkt. Und was ich nicht selber gern tue, das mute ich auch meinen Mitarbeitern nicht zu.

Müssen Sie aber.

Dreves: Mir ist es absolut wichtig, in der Produktion körperliche Belastungen zu verringern – durch eine ergonomische Gestaltung der Arbeitsbedingungen. Ein Beispiel aus der Audi-A3-Fertigung: der ergonomische Montagesitz. Diesen dreh- und schwenkbaren Stuhl, mit dem man im Sitzen in den Fahrzeuginnenraum ein- und ausfahren kann, haben wir zur Montage der Kopfairbags eingeführt. Die Teile, die eingebaut werden, sind so in unmittelbarer Nähe des Mitarbeiters, so dass wiederholtes Bücken oder Knien entfällt. Außerdem wird dadurch auch die Effektivität und Schnelligkeit im Arbeitsprozess erhöht.

KVP steht auch in der Kritik: Aus der Belegschaft ist zu hören, sie habe ihren Beitrag geleistet, aber an den Prozessen müsse noch mehr gemacht werden.

Dreves: Wir haben hoch qualifizierte, hoch motivierte Mitarbeiter –  die sagen uns, wo Verbesserungen möglich sind. Unser Ideenmanagement ist nicht umsonst das erfolgreichste in der Automobilindustrie. Auch hier gilt wieder: Der Mensch und die Ergonomie stehen im Vordergrund. Durch den KVP konnten wir im letzten Jahr beispielsweise die Laufwege in der Audi A3- und A4-Montage um 67 000 Kilometer reduzieren.

Aber wie wollen Sie bis zum Jahr  2015 40 Modelle auf dem Markt haben

Dreves: Früher hatten wir ein Jahr Abstand, heute fahren wir mindestens alle sechs Monate ein Auto an, das merken Sie natürlich. Wir schaffen das, weil wir Modularisierung und Standardisierung weiter vorantreiben und weil die Produktion schon in der ganz frühen Phase des Produktentstehungsprozesses beteiligt ist: Wir sind  schon eingebunden, wenn die ersten Striche im Design gezogen werden und geben Hinweise zur Herstellbarkeit. Hier beginnt die erzielbare Produktivität und Qualität.

Ihnen macht die Arbeit auf jeden Fall richtig Spaß, das hört man.

Dreves: Ja, mir macht meine Arbeit Spaß, es macht mir Spaß, meine Mannschaft zu unterstützen und ihre Ideen aufzugreifen. Ich bin ein Teamplayer – Menschen motivieren, so dass sie mitziehen, das ist für mich entscheidend.

Wie oft kommen Sie noch ins Werk

Dreves: Ich versuche es in jeder freien Minute, auch am Samstag. Die Mannschaft erwartet, dass auch der Chef vor Ort ist.

Was haben Sie eigentlich aufgeben  müssen, als Sie vom Werkleiter zum Vorstand wurden

Dreves: Lassen Sie es mich so sagen: Als Produktionsvorstand habe ich heute die Möglichkeit, das, was ich als Werkleiter und davor als Planungsleiter gelernt habe, auf ganz Audi zu übertragen.