Ingolstadt
Wirtschaftsweise lehnt Kaufprämien für Autos ab

04.05.2020 | Stand 23.09.2023, 11:53 Uhr
Die Professorin für Volkswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität, Monika Schnitzer, in den Räumlichkeiten der Universität. −Foto: Jan A. Staiger

Ingolstadt - Monika Schnitzer ist Professorin für Komparative Wirtschaftsforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Seit April gehört die Wirtschaftswissenschaftlerin außerdem dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung an. Sie ist damit eine der „fünf Wirtschaftsweisen“, die für die Bundesregierung Gutachten zur wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland ausarbeiten. Wir fragten Monika Schnitzer nach ihrer Einschätzung der Situation der deutschen Autoindustrie.

Frau Schnitzer, die deutsche Autoindustrie mahnt vor dem Auto-Gipfel Kaufprämien aus Steuermitteln an. Wäre das eine sinnvolle Starthilfe nach dem Corona-Stillstand?

Monika Schnitzer: Aktuell kämpft die Branche damit, dass die Lieferketten gestört sind. Da helfen Kaufprämien nicht. Kaufprämien können auch nicht den Wegfall der Nachfrage in den Exportmärkten kompensieren.

 

Die Abwrackprämie im Gefolge der Finanzkrise 2009 ist kein taugliches Vorbild?

Schnitzer: Nein. Die Abwrackprämie war völlig ineffektiv – und damit sehr teuer. Denn die Prämien wurden auch genutzt, um ausländische Automobilmarken zu kaufen. Gleichzeitig wurden Käufe vorgezogen, die in den Folgejahren fehlten. Damit wäre heute wieder zu rechnen.

 

Braucht die Automobilbranche derzeit überhaupt Staatshilfe? Und wenn, wie müsste die aussehen? Schnitzer: Die Autoindustrie steht vor großen strukturellen Herausforderungen. Es geht darum, den Übergang von Verbrennungsmotoren zu E-Mobilität und Nutzung von Brennstoffzellen zu schaffen. Der Staat sollte, wenn überhaupt, die Branche bei der Transformation unterstützen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit in der Zukunft zu sichern.

 

Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation der Zulieferindustrie?

Schnitzer: Die Zulieferindustrie leidet notgedrungen mit. Für die Zukunft wird eine wichtige Frage sein, wie Hersteller ihre Lieferbeziehungen besser diversifizieren können und was das für die deutsche Zulieferindustrie bedeutet.

 

Welche Konsequenzen muss die Autoindustrie aus der Corona-Krise ziehen?

Schnitzer: Unternehmen sollten ihre Lieferketten einer Art Stresstext unterziehen, um sie gegen Schocks resistenter zu machen. Auch die Lagerhaltung muss auf den Prüfstand: Just-in-Time in der bisherigen Form gehört in manchen Bereichen vermutlich der Vergangenheit an. 

 

Die Fragen stellte Johannes Greiner.

Johannes Greiner