Berlin
"Verheerendes Signal"

Diesel-Fahrverbot auf Autobahn stößt auf Kritik - ebenso die Platzierung vieler Messstationen

18.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:13 Uhr

Berlin (DK/dpa) Fahrverbote für alte Diesel in deutschen Städten häufen sich. Wie sie technisch überprüft werden sollen, bleibt weiter unklar. Die Opposition fürchtet mehr staatliche Überwachung. Zudem gibt es neue Kritik an der Position vieler Messstationen.

Die gerichtlich angeordneten Dieselfahrverbote geraten zunehmend in die Kritik. Einschränkungen für wichtige Teile der Autobahn 40 im Ruhrgebiet seien ein "verheerendes Signal", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg gegenüber unserer Zeitung. "Das ist bisher weltweit ohne Beispiel." Gleichzeitig bleibt unklar, wie die Fahrverbote kontrolliert werden sollen. Neue Kritik gibt es an der Platzierung von Luftmessstationen in deutschen Städten.

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte vergangene Woche unter anderem eine Fahrverbotszone für Essen angeordnet, zu der auch die stark befahrene Autobahn 40 gehört. Für die Anwohner bedeute das Urteil "eine Verschlimmbesserung", sagte Landsberg. Durch den Umgehungsverkehr gebe es endlose Staus, die zu noch größeren Umweltbelastungen führten. Das Land Nordrhein-Westfalen will Berufung gegen das Urteil einlegen. In der kommenden Woche will das Verwaltungsgericht Darmstadt über ein mögliches Diesel-Fahrverbot in der hessischen Großstadt verhandeln.

In vielen Städten werde der Mindestabstand von 25 Metern von Luftmessstationen zur nächsten verkehrsreichen Kreuzung, den die EU in der Regel verlangt, nicht eingehalten, berichtete die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". Die Werte einiger falsch stehender Messstellen würden aber teils in den Gerichtsprozessen um Fahrverbote herangezogen. "Einige ältere Messstationen können von den Kriterien abweichen", teilte das Umweltbundesamt dem Blatt mit, "da diese bereits lange vor der jetzigen Rechtsprechung aufgestellt wurden". Auch Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte die Platzierung der Stationen in der Vergangenheit bereits kritisiert, das SPD-geführte Umweltministerium dies aber zurückgewiesen.

Fahrverbotszonen seien nur schwer zu kontrollieren, hatten Polizeigewerkschaften nach dem Gelsenkirchener Urteil betont. Oppositionspolitiker warnten den Bund nun davor, das Verbot mithilfe einer ständigen Videoüberwachung des Verkehrs durchzusetzen. "Anstatt die Konzernbosse zur Verantwortung zu ziehen und eine Politik für das Allgemeinwohl zu machen, wird Symbolpolitik betrieben und nebenbei der Überwachungsstaat ausgebaut", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken-Bundestagsfraktion, Jan Korte, der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag). FDP-Chef Christian Lindner warnte vor einer "Totalüberwachung" von Autofahrern.

Im Konzept zur Diesel-Einigung der großen Koalition vom Oktober hatte das Bundesverkehrsministerium betont: "Für den Fall, dass Länder oder Kommunen Fahrverbote anordnen sollten, wird der Bund sicherstellen, dass die Verkehrsüberwachungsbehörden auf die Daten des zentralen Fahrzeugregisters zugreifen können." Anhand des Kennzeichens könne die Polizei "stichprobenartig" überprüfen, ob der Wagen fahren dürfe.

Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich zuversichtlich, dass es gelingen könne, Fahrverbote in den meisten Fällen zu verhindern. Luftreinhaltepläne müssten Chefsache in den Rathäusern werden, sagte die CDU-Politikerin in Koblenz.