Die "Holzwürmer" aus Pöttmes

Die Loquais bauen seit Jahrzehnten Holzspielzeug und sind Gründungsmitglied der Nürnberger Spielwarenmesse

30.01.2020 | Stand 23.09.2023, 10:16 Uhr
Die dritte Generation: Horst und Arwed Loquai (von links) leiten die Firma Loquai Holzkunst in Pöttmes. −Foto: Tamm

Pöttmes - Holz.

Es ist einer der ältesten Werkstoffe überhaupt. Solange Menschen handwerklich oder künstlerisch tätig waren, spielte Holz eine Hauptrolle. Das hat sich bis heute nicht wesentlich verändert - ganz besonders nicht für die Familie Loquai aus Pöttmes im nördlichen Landkreis Aichach-Friedberg. In dritter Generation fertigt ihr Betrieb aus unterschiedlichen Hölzern Spielzeug und allerlei Buntes. Ein alteingesessener Betrieb. Doch für Traditionalisten wie Loquai werden die Zeiten schwieriger.

"Holz hat Wärme", sagt Horst Loquai, der gemeinsam mit seinem Bruder Arwed die Geschicke der Firma leitet. "Wenn Sie es anfassen; es fühlt sich einfach vollkommen anders an, als ein Spielzeug aus Plastik. " Holz bestimmt seit vielen Jahrzehnten das Leben der Loquais, das merkt jeder, der in den großzügigen Innenhof der Firma mitten in der Gemeinde kommt. Die dunkel lasierten Träger des Balkons sind über und über mit kunstvollen Schnitzereien verziert, die Motive verschiedener Zünfte zeigen. Und innen setzt sich diese Liebe zum Detail fort. Die Flure sind mit hölzernen Darstellungen aus der Marktgemeinde geschmückt. "Die hat mein Vater alle selbst gemacht", sagt Horst Loquai, auf die farbenfrohen Bilder deutend.

Der Vater, das ist Andreas Loquai - augenzwinkernd auch als "alter Holzwurm" tituliert. Er ist Jahrgang 1935 und noch immer im Betrieb aktiv. Er hat alle Höhen und auch die immer härter werdenden Jahre erlebt: "Der Marktanteil für Holzspielzeug ist in den letzten 40 Jahren auf deutlich unter vier Prozent gesunken", sagt er analytisch und ohne erkennbaren Groll. Sohn Horst pflichtet bei und erzählt aus dem Alltag: "Die Menschen meinen immer, wir wären zu beneiden. Denn Dinge aus Holz kämen ja wieder in Mode. " Tatsächlich sei das aber eher ein Gefühl, ein Trugschluss. Denn was gesagt und letztlich gekauft werde, seien dann doch völlig unterschiedliche Dinge.

Doch beschweren kommt für die Loquais nicht in Frage, wie Horst Loquai bei einem Rundgang durch die Firma sagt. Der Weg führt vorbei an mehreren Vitrinen, in denen Produkte aus knapp neun Jahrzehnten aufgebaut sind. Eisenbahnen in allen nur denkbaren Größen, Farben und Formen. Bunte Fahrzeuge reihen sich aneinander und dazu passend kleine Straßenschilder. Hinzu kommen Holzklassiker wie Mikadospiele, Bauklötze und Blütenpressen.

Der neue Renner sind Mini-Paletten. Unternehmen ordern sie mit passenden Bildern und Schriftzügen verziert als pfiffige Werbegeschenke. In der Werkstatt und den Produktionshallen stehen gleich mehrere realgroße Paletten, auf denen sich die kleinen Nachbildungen türmen. Die Loquais sind zudem für ihre Bausätze in der Streichholzschachtel bekannt. Seniorchef Andreas Loquai zeigt stolz die Krämerbrücke in Erfurt. "33 Teile in einer kleinen Streichholzschachtel", sagt er. Und Sohn Horst berichtet, dass sogar "Astro-Alex" - also der bekannte deutsche Astronaut Alexander Gerst - eine der Nachbildungen sein Eigen nennt.

Das Wahrzeichen der Hauptstadt Thüringens ist aber bei Weitem nicht das einzige Monument, das die Loquais in eine kleine Schachtel gepackt haben. Das Schloss in Neuburg an der Donau hat auch eine Kopie im Miniatur-Format erhalten.

Ein ganz besonderer Termin für die Loquais ist alljährlich die Spielwarenmesse in Nürnberg. Sie findet heuer bereits in der 71. Auflage statt - und zum 71. Mal ist auch die Firma Loquai vertreten. "Da trifft man alle. Und alle, die wir sehen, kennen wir teils seit vielen Generationen", sagt Horst Loquai. Neukunden sind natürlich wie bei allen anderen Messeteilnehmern auch das große Ziel. Doch für kleinere Firmen ist das Geschäft zuletzt noch schwieriger geworden. Dabei fallen die Pöttmeser inmitten des Trubels der Messehallen durchaus auf. Farbenfroh und betont gemütlich steht ihr Stand da. "Wenn Sie sich an anderen Stände umschauen, da ist oft vieles einfach weiß - als käme man in einen OP", findet Horst Loquai. Zudem hat die Firma einen kleinen Vorteil. Sie ist nicht nur Gründungsmitglied der Messe, sondern auch in der Genossenschaft. "Und so können wir uns quasi den Platz raussuchen. "

Ein wichtiges Thema der aktuellen Spielwarenmesse ist die Nachhaltigkeit. Hierauf legt der Familienbetrieb schon seit Langem Wert. "Unser Holz kommt überwiegend aus der Region - die Anfahrtswege sind also selten länger als etwa hundert Kilometer", sagt Horst Loquai. In ihrer Werkstatt verarbeiten die Loquais rund 20 Hölzer - darunter Buche, Eiche, Ahorn und verschiedene Obstgehölze. Hin und wieder sind auf Kundenwunsch auch afrikanische Hölzer dabei. Andreas Loquai erklärt zudem, dass Spanholz öfter aus Russland bezogen wird. Nur Nadelhölzer finden fast gar keine Verwendung.

Wer seit so vielen Jahrzehnten einen Stand auf der weltgrößten Branchenmesse innehat, kann die Veränderungen im Spielzeugmarkt gut beobachten. Andreas Loquai ist seit Jahrzehnten mit dabei. Er erklärt, dass die Zahl der deutschen Aussteller zuletzt von gut 1000 auf unter 700 geschrumpft sei. "Das kann man jedes Jahr beobachten. Viele kleinere Hersteller sparen sich inzwischen die Kosten für den Messeauftritt", sagt der Seniorchef. Auf die Frage, ob eine bunte Produktvielfalt und Handarbeit die Menschen an den Messestand ziehen, sagt er nur: "Handarbeit interessiert in dieser Branche kaum noch jemanden. "

Tatsächlich mussten die Loquais reagieren. Denn das Geschäft mit den Holzspielsachen reicht für kleine Hersteller wie die Pöttmeser alleine kaum mehr aus. Der Betrieb baut daher auch edle Kisten für den Lebensmittelbereich - beispielsweise für Confiserien oder Marzipanhersteller überall im Bundesgebiet.

DK

Christian Tamm